Eine parteiübergreifende Verschwörung

Australischer Imperialismus und der Krieg im Nahen Osten

Die Socialist Equality Party verurteilt unmissverständlich den unbegrenzten Einsatz australischer Kampfflugzeuge und Spezialkräfte in dem Krieg im Irak und in Syrien unter Führung der USA. Dieser Militäreinsatz wurde in einer überparteilichen Verschwörung gegen den deutlichen Widerstand der Arbeiterklasse beschlossen, um den US-Imperialismus dabei zu unterstützen, seine Herrschaft über den ölreichen Nahen Osten zu festigen.

Die liberal-nationale Koalitionsregierung von Premierminister Tony Abbott und die oppositionelle Labor Party unter Bill Shorten rechtfertigen diesen Krieg mit der Notwendigkeit, die irakische Bevölkerung vor dem Islamischen Staat im Irak und Syrien (Isis) zu schützen. Das ist eine genau so große Lüge wie die Behauptung von 2003, bei dem US-Einmarsch im Irak sei es um "Massenvernichtungswaffen" gegangen.

Isis ist ein reaktionäres Nebenprodukt der Massenmorde und ethnisch-sektiererischen Spaltungen, die die amerikanische Besetzung in dem Land verursacht hat. Ehe Isis als Vorwand für einen neuen illegalen Krieg herhalten musste, wurde sie stillschweigend von Washington unterstützt. Wie US-Vizepräsident Joe Biden zugegeben hat, haben Isis-Kämpfer lange Zeit Geld und Waffen erhalten. Dies geschah im Rahmen von Operationen unter Leitung der CIA, um die sogenannten "Rebellen" in Syrien auszurüsten, die im Bürgerkrieg gegen die syrische Regierung von Präsident Baschar al-Assad, einem Verbündeten von Russland und dem Iran, kämpfen sollten.

Die Obama-Regierung nutze die Isis-Anschläge im Irak als Vorwand, um in Syrien zu intervenieren. Ihr wirkliches Ziel besteht darin, in Damaskus ein proamerikanisches Marionettenregime einzusetzen. Obama erklärte am 28. September offen: "Wir werden Syrien nicht unter der Herrschaft von Assad stabilisieren." Die USA waren letztes Jahr mit Unterstützung Australiens schon kurz davor, in Syrien einen Krieg vom Zaun zu brechen, verschoben dies jedoch, weil die Bevölkerung in den USA und Großbritannien Widerstand leistete und das Putin-Regime protestierte. Heute ist Russland durch den von imperialistischen Mächten unterstützten Putsch in der Ukraine geschwächt, und die Washingtoner Regierung ist der Meinung, jetzt könne sie ungefährdet angreifen.

Als nächstes Ziel nach Syrien wird sich Washington den Iran vornehmen, und danach werden verschärfte Provokationen gegen Russland und China folgen. Millionen Menschenleben sind bedroht.

Der rücksichtslose amerikanische Kriegskurs wird von der unlösbaren Wirtschaftskrise des Weltkapitalismus angetrieben. Sechs Jahre nach dem Zusammenbruch von 2008 stehen die Finanzmärkte am Rande noch verheerenderer Erschütterungen. Wie in den Jahren vor dem ersten und zweiten Weltkrieg rüsten alle imperialistischen Mächte, inklusive Deutschland und Japan, wieder auf, um mit Militärgewalt Kontrolle über Märkte und Profitquellen zu erlangen. Während Spannungen und Konflikte zunehmen, droht der Menschheit aufgrund der unlösbaren Widersprüche des kapitalistischen Systems die Katastrophe eines dritten Weltkrieges.

Eigentliche Ursache für die Unterstützung des australischen Imperialismus für den US-Militarismus ist seine schwache und isolierte Position in diesem weltweiten Chaos. Als mittelgroße Macht ohne eigenständige Mittel, seine Interessen gegen größere Mächte durchzusetzen, ist der australische Imperialismus völlig von seinem Bündnis mit den USA abhängig, wie er vor dem Zweiten Weltkrieg von Großbritannien abhängig war.

Wirtschaftlich ist Australien dabei, in Rezession zu versinken. Der Investitions- und Exportboom im Bergbau, der nach 2008 für Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen gesorgt hatte, geht mittlerweile stark zurück. Die Bergbauindustrie ist von Überkapazitäten, sinkenden Preisen, harter Konkurrenz und dem Abbau von Arbeitsplätzen betroffen.

Die Klassengegensätze nehmen rapide zu. Nach Jahrzehnten zunehmender sozialer Ungleichheit droht die globale Krise, Millionen Arbeiter ins Elend zu stürzen. Die reale Arbeitslosenquote liegt bereits bei zehn Prozent. Laut der aktuellsten Studie des Australian Council for Social Service leben mittlerweile 13 Prozent aller Australiern und ein Sechstel aller Kinder in Armut. Zwar wurden hundert Milliarden Dollar für den Kauf von neuen Kampfflugzeugen, Kriegsschiffen und anderem Kriegsgerät bereitgestellt, aber die Regierung streicht auf jeder Ebene die Ausgaben für wichtige Sozialleistungen zusammen.

Ganzen Industriebranchen droht der Zusammenbruch, und Australiens herrschende Elite gerät immer stärker in die Abhängigkeit von amerikanischen Banken, Investmentfonds und Finanzkonzernen, wie auch von parasitären Aktien-, Devisen und Immobilienspekulanten. Die Gesamthöhe der amerikanischen Investitionen in Australien liegt bei über 570 Milliarden Dollar; im Vergleich dazu belaufen sich die Investitionen aus China nur auf einundzwanzig Milliarden Dollar. Die Gesamthöhe der australischen Investitionen in den USA liegt bei über 430 Milliarden Dollar, jene in China beträgt achtzehn Milliarden Dollar. Die fortgesetzte Vorherrschaft der Wall Street über das Weltfinanzsystem durch endlose Kriege ist für Australiens Superreiche genauso wichtig wie für ihresgleichen in der obszön reichen amerikanischen Oberschicht.

Die Interessen, die hinter dem australischen Imperialismus stehen, zeigen sich daran, dass dieser auf der Weltbühne die Vereinigten Staaten überall unterstützt. Dies reicht von der Konfrontation mit Russland wegen der Ukraine, über die provokante amerikanische "Konzentration auf Asien" (Pivot to Asia) gegen China, bis hin zur jüngsten Militärintervention im Nahen Osten. Canberra macht sich zum diplomatischen Kriegs-Sprachrohr Washingtons, es beherbergt mehrere bedeutenden US-Kommunikations- und Spionageeinrichtungen, stellt ein wichtiges Aufmarschgebiet dar und ist Partner amerikanischer Truppen im Indopazifik.

Australiens neue Rolle auf Weltebene unterstreicht die Bedeutung des politischen Putsches vom 24. Juni 2010, durch den Kevin Rudd als Premierminister gestürzt wurde. Eine Verschwörergruppe innerhalb der Labor Party, die mit der Obama-Regierung im Bunde war, organisierte Rudds Absetzung hinter dem Rücken des Parlaments und der Bevölkerung. Rudds Vorschläge an die USA, sich mit China (Australiens größtem Handelspartner) zu einigen, hatten deren Pläne bezüglich des politischen, wirtschaftlichen und medialen australischen Establishments durchkreuzt. Der Putsch machte es möglich, dass Obama seine "Konzentration auf Asien" im November 2011 im australischen Parlament verkünden konnte.

Seit dem Putsch von 2010 wurde im Parlament kein Widerstand mehr gegen Canberras bedingungslose Gefolgschaft gegenüber dem US-Imperialismus toleriert. Unabhängig davon, ob die liberal-nationale Koalition oder die Labor Party an der Macht ist, herrscht seither faktisch eine Allparteienregierung, die die Wirtschaft und Gesellschaft militarisieren und der Arbeiterklasse Sparmaßnahmen aufzwingen soll.

Zwischen der Koalitionsregierung und der oppositionellen Labor Party besteht nicht der geringste Unterschied, was die Frage der australischen Truppenentsendung in den Nahen Osten oder der Umsetzung neuer drakonischer Antiterrorgesetze im Inland betrifft. Labor-Parteichef Shorten erklärte, die Sicherheitsfragen stünden "über der Politik", und er brachte die kleinsten Anzeichen von Widerstand in der Partei zum Schweigen. Abbott seinerseits wies seinen Finanzminister Joe Hockey wegen Äußerungen zurecht, in denen dieser Shortens Einsatz für parteiübergreifende Einheit während des Krieges in Frage stellte. Abbott erklärte, auch wenn es Differenzen in anderen Fragen gebe, sei es gut, "dass wir [bei der nationalen Sicherheit] Seite an Seite stehen".

Diese absolute Einheit ist kein Zeichen für parlamentarische Stärke, sondern für die Schwäche des ganzen offiziellen Establishments, das große Angst vor dem Ausbruch von Massenprotesten und dem Kampf gegen den Krieg hat. Die andauernden Lügen und Verfälschungen, das Schüren einer Terrorpanik nach der anderen und (in Zusammenarbeit mit den Mainstreammedien) von antimuslimischer Fremdenfeindlichkeit soll Verwirrung und Spaltung säen und verhindern, dass unter breiten Schichten von Arbeitern und Jugendlichen eine Antikriegsbewegung entsteht. Gleichzeitig wurde mit den Antiterrorgesetzen das Gerüst für einen Polizeistaat geschaffen, der gegen Kriegsgegner eingesetzt werden könnte. Schon heute fallen unschuldige Menschen Razzien und Hausdurchsuchungen zum Opfer oder werden wegen unbegründeter Vorwürfe, sie planten Terroranschläge, zum Verhör geschleppt.

Genau diese Furcht steckt hinter den beispiellosen "Feiern" zum hundertsten Jahrestag des Ersten Weltkrieges. Die 500 Millionen Dollar teure Verherrlichung der vergangenen Kriege und die Propagierung von Patriotismus ist ein reaktionärer Versuch, eine soziale Basis für Militarismus und diktatorische Herrschaftsformen zu schaffen. Die Bereitschaft, wieder "Opfer für die Nation" zu bringen, soll gefördert werden. Dies zielt vor allem auf die Jugend ab, die indoktriniert und dazu verleitet werden soll, als Kanonenfutter in die aktuellen Militärinterventionen und noch katastrophalere kommende Kriege zu ziehen.

Die Grünen erfüllen im politischen Establishment eine besondere Funktion. Sie positionieren sich als politischer Blitzableiter, um sicherzustellen, dass Widerstand und Unzufriedenheit auf sichere, offizielle parlamentarische Kanäle beschränkt bleibt. Ihre zur Schau gestellte Antikriegshaltung ist Betrug. Sie lehnen die Beteiligung Australiens am Krieg aus taktischen Gründen ab, nicht aber den US-Krieg selbst. Sie unterstützen den Regimewechsel in Syrien, schüren die Kriegspropaganda, der zufolge Isis eine unmittelbare Bedrohung für die ganze Welt sei – auch für Australien – und beteiligen sich an der nationalistischen Orgie rund um das Gedenken an den Ersten Weltkrieg.

Die Arbeiterklasse braucht eine neue Perspektive und Führung, um aus der Zwangsjacke auszubrechen, die ihnen die bestehende politische Ordnung anlegt. Nur so kann sie einen unabhängigen Kampf zur Verteidigung ihrer eigenen Klasseninteressen führen.

Die Socialist Equality Party (SEP) und ihre Schwesterparteien im Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) kämpfen für die Einheit der internationalen Arbeiterklasse in einer politischen Bewegung gegen Krieg und Militarismus und für die Verteidigung demokratischer und sozialer Rechte. Krieg und soziale Konterrevolution können nur auf der Grundlage eines sozialistischen Programms verhindert werden, dessen Ziel darin besteht, das kapitalistische System, das Krieg hervorbringt, abzuschaffen und eine Arbeiterregierung zu errichten. Um dies zu erreichen, muss die Arbeiterklasse die politische Macht in die eigenen Hände nehmen, die Banken und Großkonzerne enteignen und die Gesellschaft von oben bis unten auf der Grundlage umgestalten, dass die sozialen Bedürfnisse der Mehrheit wichtiger sind als die Profite einer parasitären, reichen Minderheit.

Im Rahmen des Kampfs für den Sozialismus fordert die SEP den sofortigen Rückzug der australischen Streitkräfte aus den Kriegen im Nahen Osten und Afghanistan unter Führung der USA, die Schließung aller Militärbasen in Australien, darunter Pine Gap, und die Annullierung des Militärbündnisses ANZUS mit den USA. Die zahlreichen undemokratischen Gesetze müssen abgeschafft und Muslime, Immigranten und Flüchtlinge gegen Verfolgung durch Polizei und rassistische Angriffe verteidigt werden.

Wir rufen alle Arbeiter und Jugendlichen, die mit dieser Perspektive übereinstimmen, dazu auf, die Resolution des IKVI "Sozialismus und der Kampf gegen imperialistischen Krieg" zu studieren, die am 9. Juni 2014 (auf Deutsch: 5. Juli 2014) veröffentlicht wurde, sowie die Parteitags-Resolutionen der Sektionen der Vierten Internationale zu lesen und sich um die Aufnahme in die Vierte Internationale und ihre Sektionen zu bewerben.

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