Am Montag begann die Standing Nato Maritime Group 2 (SNMG 2), der ständige maritime Einsatzverband der Nato im Mittelmeer, ein Manöver im Schwarzen Meer. Es findet unter der Führung des Lenkwaffenkreuzers „USS Vicksburg“ der United States Navy statt.
Als weitere Schiffe nehmen laut offiziellen Angaben der Nato kanadische, türkische und rumänische Fregatten und der deutsche Marinetanker „Spessart“ an der Übung teil.
Geübt würden klassische Marineeinsätze wie die Abwehr von U-Boot- und Luftangriffen. Auf der Website der Nato heißt es über die SNMG 2: „Diese wirkmächtige maritime Streitkraft der Nato verfügt über erhebliche Fähigkeiten der Seeaufklärung und der Kriegsführung gegen U-Boote und Luftangriffe.“
Der Kommandeur des Verbands, der US-Konteradmiral Brad Williamson, erklärte vor Beginn des Manövers: „Das Training und die Übungen, die wir zusammen mit unseren Verbündeten im Schwarzen Meer durchführen, bereiten uns auf jede mögliche Aufgabe vor, die bei der Ausrufung des Bündnisfalls anstehen könnte.“
Das Manöver ist eine weitere Provokation gegen Moskau und erhöht die Kriegsgefahr zwischen den Westmächten und Russland. Die Übung ist direkter Bestandteil der systematischen militärischen Aufrüstung der Nato in Osteuropa nach dem pro-westlichen Putsch in Kiew und der darauf folgenden Eingliederung der Krim in die Russische Föderation vor einem Jahr.
Die SNGM 2 ist Teil der Nato Response Force (NRF), der sogenannten schnellen Eingreiftruppe der Nato, deren Verdopplung auf 30.000 Soldaten die Nato-Verteidigungsminister Anfang Februar beschlossen hatten. Eine 5000 Mann starke sogenannte „Speerspitze“ der NRF soll im Ernstfall binnen 48 Stunden gegen Russland einsatzbereit sein.
Bereits vor Beginn des Manövers wurden in der Nähe der Nato-Streitkräfte russische Schiffe und Flugzeuge gesichtet. Laut Williamson haben diese jedoch „alle internationalen Regeln” eingehalten. „Sie (die Russen) befolgen ihre Pläne, wir unsere”, erklärte der Konteradmiral bei einer Pressekonferenz an Bord der „Vicksburg” im bulgarischen Schwarzmeer-Hafen Warna.
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums sind bis zum 10. April rund 2000 russische Soldaten an Flugabwehrübungen beteiligt. Die russischen Übungen sollen dabei vor allem im Süden Russlands sowie in der Region des Nordkaukasus stattfinden. Zusätzlich würden aber auch die Krim sowie Militärstützpunkte in Armenien und Georgien einbezogen.
Die Militärmanöver finden vor dem Hintergrund des brüchigen Waffenstillstands in der Ost-Ukraine und andauernder Provokationen des pro-westlichen Marionettenregimes in Kiew und seiner Unterstützer in Washington und Brüssel statt.
Am vergangenen Donnerstag verabschiedete das ukrainische Parlament einen Antrag des Präsidenten Petro Poroschenko, die gegen die abtrünnige Bevölkerung in der Ostukraine eingesetzte Armee um mehr als ein Drittel auf 250.000 Soldaten zu vergrößern.
Moskau kritisierte das westliche Vorgehen scharf. Hinsichtlich der anhaltenden Forderungen aus den USA, tödliche Waffen an die ukrainische Armee zu liefern, warnte ein Sprecher des russischen Außenministeriums: „Die russisch-amerikanischen Beziehungen werden einen kolossalen Schaden erleiden, wenn die Menschen im Donbass mit amerikanischen Waffen getötet werden.“ Der stellvertretende russische Verteidigungsminister Anatoli Antonow warf den Nato-Staaten vor, die Ukraine-Krise als Vorwand zu nutzen, um sich näher an Russlands Grenzen heranzubewegen.
Am Wochenende forderte der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einem Interview mit der Welt am Sonntag die Gründung einer gemeinsamen europäischen Armee, die in der Lage sei Russland notfalls auch militärisch entgegen zu treten. Europa könnte damit glaubwürdig auf eine Bedrohung des Friedens in einem Mitglieds- oder einem Nachbarland der Europäischen Union (EU) reagieren. „Eine europäische Armee hat man nicht, um sie sofort einzusetzen”, sagte Juncker. Aber sie „würde Russland den klaren Eindruck vermitteln, dass wir es ernst meinen mit der Verteidigung der Werte der Europäischen Union”.
Junckers Forderung geht auf ein Strategiepapier zurück, das jüngst vom Thinktank Centre for European Policy Studies in Kooperation mit der Friedrich Ebert Stiftung herausgegeben wurde. Die Hauptautoren des Papiers sind die ehemaligen Nato-Generalsekretäre Javier Solana und Jaap de Hoop Schefer. Als Vorwand für eine gemeinsame und autonome europäische Verteidigungspolitik im Bündnis mit der Nato wiederholen die Autoren die Lüge von einer russischen Aggression gegen die Ukraine und einer angeblichen Bedrohung ganz Europas durch Moskau.
Im Papier heißt es: „Das russische Vordringen in die Ukraine und Provokationen gegen das Territorium, den Luftraum und die Hoheitsgewässer von Mitgliedsstaaten [der EU] waren ein Schlag gegen die nach dem Kalten Krieg errichtete europäische Sicherheitsstruktur. Sie haben in der EU das Bewusstsein über die Möglichkeit eines militärischen Angriffs und einer Besetzung Europas wiederbelebt.“
Die Errichtung einer gemeinsamen europäischen Verteidigung und Aufrüstung sei dabei „eine finanzielle, technologische und industrielle Herausforderung“. Alle im Papier vorgeschlagenen Maßnahmen, darunter die Aufstellung besonderer und dauerhafter schneller Eingreiftruppen und Interventionsstreitkräfte, machten „für die meisten Mitgliedsstaaten einen scharfen Anstieg ihrer Militärausgaben notwendig, der über die 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hinausgeht, auf das sich die Nato-Staaten auf dem Gipfel in Wales verpflichtet hatten“. Schon allein deshalb sei es angebracht, die nationalen Fähigkeiten der Armeen der einzelnen Mitgliedsstaaten zu bündeln, heißt es in dem Papier.
Vor allem die deutsche Bundesregierung hat Junckers Vorschlag begrüßt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ über die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz verlauten, dass es eine „vertiefte militärische Zusammenarbeit in Europa“ geben solle.
Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sprachen sich für eine europäische Streitmacht aus. „Für die SPD ist das langfristige Ziel einer europäischen Armee ein wichtiges politisches Anliegen und seit vielen Jahren Teil des Parteiprogramms“, erklärte Steinmeier dem Berliner Tagesspiegel.
„Angesichts der neuen Gefahren und Bedrohungen unserer europäischen Friedensordnung“ brauche man „jetzt als ersten Schritt eine zügige Anpassung und Aktualisierung der gemeinsamen europäischen Sicherheitsstrategie“, erklärte der Sozialdemokrat. „Dafür werbe ich, dazu haben wir unsere Vorstellungen in Brüssel eingebracht.“
Auch wenn es die Bundesregierung nicht offen ausspricht, Berlin sieht in Junckers Vorschlag eine Möglichkeit, nach der wirtschaftlichen Dominanz auch die militärische Dominanz in Europa zu erreichen und die Bundeswehr unter dem Deckmantel einer gemeinsamen europäischen Verteidigung massiv aufzurüsten.
Von der Leyen erklärte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk: „Dieses Verflechten von Armeen mit dem Blick, eines Tages eben eine europäische Armee auch zu haben, ist meines Erachtens die Zukunft.“
Dabei sei es „wichtig, dass wir eine Bundeswehr im Bündnis haben, die tatsächlich die Aufgaben, die sie leisten muss, auch leisten kann. Das heißt, nicht nur auf dem Papier gut ist, sondern auch im Grundbetrieb tatsächlich das erfüllt. Und deshalb, wenn man Sicherheit ernsthaft auch haben will, muss man darin investieren. Und deshalb sind diese Diskussionen über den Haushalt/Verteidigungshaushalt tatsächlich Diskussionen darüber, dass das, was wir haben wollen, auch mit Substanz unterlegt sein muss.“