US- Senator droht mit Militäreinsatz, um Kürzungen im Verteidigungshaushalt zu verhindern

Dem Republikanischen Senator von South Carolina und potenziellen Präsidentschaftskandidaten Lindsey Graham entschlüpfte bei einer Rede auf einer Veranstaltung der Republikaner in New Hampshire eine Bemerkung, die viel über die tatsächlichen Verhältnisse im amerikanischen Staatsapparat aussagt.

Auf die Frage nach möglichen flächendeckenden Kürzungen der Militärausgaben antwortete Graham, bei dem Gedanken an mögliche Kürzungen würde ihm „richtig schlecht“.

Er erklärte weiter: „Wenn ich Präsident der Vereinigten Staaten wäre, würde ich dafür sorgen, dass der Kongress nicht eher nach Hause kommt, bis das geregelt ist. Ich würde buchstäblich das Militär einsetzen, um sie dazu zu zwingen. Wir gehen nicht heim, bis die Kürzungen im Verteidigungshaushalt zurückgenommen sind. Wir gehen nicht heim, bis die Kürzungen bei den Geheimdiensten zurückgenommen sind.“

Graham schlug mit dieser Äußerung praktisch in aller Bescheidenheit einen Militärputsch vor. Die Forderung, das Kapitol von bewaffneten Soldaten umstellen zu lassen, bis der Kongress den Verteidigungshaushalt verabschiedet hat, den das Pentagon fordert, wurde später als „Witz“ abgetan. Auf einer Tonaufzeichnung der Veranstaltung ist jedoch an diesem Punkt wenig Gelächter zu hören.

Ein Berater des Republikanischen Senators erklärte in einem Interview mit Bloomberg News, Graham habe die Forderung, das Militär solle den Kongress belagern, nicht „wörtlich“ gemeint, obwohl Graham zu Beginn seiner Erläuterung der außergewöhnlichen Maßnahmen, die er als Präsident umsetzen würde, ausdrücklich gesagt hatte, er meine es genau so.

Die Vorstellung, dass Soldaten in voller Ausrüstung widerspenstige Kongressabgeordnete mit vorgehaltenen Waffen dazu zwingen, einen Militärhaushalt zu genehmigen, hört sich weit hergeholt an. Sie klingt eher nach etwas, was zu den unterdrückten Ländern in Lateinamerika, Afrika oder dem Nahen Osten passen würde, in denen die CIA und das Pentagon genau solche bewaffnete Machtübernahmen und die gewaltsame Unterdrückung der Arbeiterklasse organisiert haben.

Aber wer glaubt, das könnte in Amerika nicht passieren, sollte Grahams unvorsichtige Äußerung als ein weiteres Anzeichen dafür werten, dass der Einsatz des Militärs im amerikanischen Inland für die politischen Vertreter der herrschenden Klasse kein völlig abwegiger Gedanke ist. Die Äußerung fiel vor dem Hintergrund erbitterter Konflikte innerhalb der herrschenden Klasse und wachsenden sozialen Spannungen im Land.

Der unmittelbare Kontext von Grahams Äußerung war die Debatte über Kürzungen des riesigen amerikanischen Militärhaushalts durch sogenannten „Sequestrierung“ (Zwangskürzung). Der Streit darüber nimmt in wachsendem Maße hysterische Formen an. Die zivile und militärische Führung des Pentagons warnt vor katastrophalen Folgen.

Ein typisches Beispiel dafür ist die Aussage von Marine Corps General John Kelly. Er warnte: „Das wäre eine Katastrophe. Das würde meine Position unhaltbar machen. Möglicherweise reden wir nicht über höhere Risiken, oder große Risiken, sondern über eine Niederlage.“ Kelly, der Befehlshaber des SOUTHCOM, das für die amerikanischen Militäroperationen in Lateinamerika verantwortlich ist, sagte nicht, welches Land den USA eine solche Niederlage zufügen könnte. Vermutlich Venezuela.

Senator John McCain und der Kongressabgeordnete Mack Thornberry, die republikanischen Vorsitzenden der Streitkräfteausschüsse des Senats, bzw. des Repräsentantenhauses, warnten letzte Woche in einer Kolumne im Wall Street Journal vor einem „Versagen im Bereich der nationalen Sicherheit“, das eine unweigerliche Folge der Kürzungen wäre. Sie wiesen auf mögliche amerikanische Militäraktionen gegen Russland, China und den Iran sowie den andauernden Krieg im Irak und in Syrien hin und schlugen vor, den Haushalt des Pentagons auf 577 Milliarden Dollar zu erhöhen. Sie forderten die Einsparungen nicht an der amerikanischen Kriegsmaschinerie, sondern an Sozialleistungen (Social Security, Medicare und Medicaid) vorzunehmen.

Der Militärhaushalt, an dem minimale Kürzungen vorgesehen sind, hat sich in Wirklichkeit seit 2001 fast verdoppelt. Bei all diesem Gerede über militärisches Versagen und Niederlagen wird verschwiegen, dass Washington viermal soviel Geld für seine Streitkräfte ausgibt wie China, das Land mit dem zweitgrößten Militärhaushalt der Welt, und mehr als die vierzehn nächst großen Militärmächte der Welt zusammen.

Der Grund für den hysterischen Widerstand gegen jeden Versuch, den riesigen amerikanischen Militärhaushalt zu kürzen, ist die Doktrin des totalen Krieges durch amerikanische Militärinterventionen auf der ganzen Welt, die letzten Endes in einem Dritten Weltkrieg enden wird. Diese Militärdoktrin wird noch weiter gestärkt durch die immensen Profitinteressen von Rüstungsfirmen wie Lockheed Martin, Boeing, Northrop Grumman und General Dynamics.

Präsident Dwight Eisenhower warnte die amerikanische Bevölkerung 1961 in seiner Rücktrittsrede vor den bedenklichen Auswirkungen des „militärisch-industriellen Komplexes“ auf die Demokratie. Er kritisierte, die unkontrollierte Entstehung von immer engeren Beziehungen zwischen dem US-Militär und einer finanzkräftigen Rüstungsindustrie führe „potentiell zu einem katastrophalen Anstieg von Machtzentren am falschen Ort“.

Die Bedrohung, auf die Eisenhower vor über einem halben Jahrhundert hingewiesen hat, hat sich in einer Art und Weise entwickelt, wie es sich der ehemalige Oberbefehlshaber im Zweiten Weltkrieg nie hätte vorstellen können. Ungeachtet seiner kriminellen Machenschaften hat der Militär- und Geheimdienstapparat enorme Macht angehäuft. Führende Politiker wie Graham, McCain und andere treten öffentlich dafür ein, dass Entscheidungen über Krieg und Frieden - ganz abgesehen von der Verteilung des Haushalts - den Generälen überlassen werden sollten.

Gleichzeitig hat das Militär seine Aufmerksamkeit immer direkter auf Aktivitäten im amerikanischen Inland, dem „Homeland“, gerichtet.

In ihrem jüngsten Dokument zur weltweiten Strategie, das im Oktober veröffentlicht wurde, spricht die US Army von der Notwendigkeit, auf „Krisen im Inland zu reagieren und sie einzudämmen“ und sich darauf vorzubereiten, „zivile Behörden mit militärischen Mitteln zu unterstützen“.

Das unaufhaltsame Anwachsen des amerikanischen Militarismus und der unablässige Anstieg sozialer Ungleichheit sind völlig unvereinbar mit verfassungsmäßigen Herrschaftsformen und demokratischen Grundrechten.

Die amerikanischen Arbeiter sollten Grahams Äußerung als todernste Warnung auffassen, egal ob er selbst es im Moment für opportun hält, dass sie wörtlich genommen wird oder nicht.

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