John Bolton fordert Krieg gegen Iran

Letzten Donnerstag erschien in der New York Times ein bemerkenswerter Gastkommentar mit dem Titel: "Bombardiert den Iran, um zu verhindern, dass er die Bombe entwickelt."

Er wurde von John R. Bolton verfasst, einem ehemaligen Beamten des Außenministeriums, der unter George W. Bush kurzzeitig amerikanischer Botschafter bei den Vereinten Nationen war. Während Bushs Wahlkampf im Jahr 2000 war er als Anwalt mit für die Wahlmanipulationen verantwortlich, die Bush den Wahlsieg sicherten. Danach wurde er zu einer einflussreichen Figur in dessen Regierung.

Hierzu muss gesagt werden, dass Bolton seit mindestens sieben Jahren immer wieder einen sofortigen Angriff auf die iranischen Atomanlagen fordert - entweder durch Israel, durch die USA oder durch beide. Jedes Mal sprach er die dramatische Warnung aus, der Welt drohe ein iranischer Atomangriff, wenn seine Forderung nach massiven Luftangriffen, gefolgt von einem "Regimewechsel" nicht sofort umgesetzt würde.

Die Kolumne vom Donnerstag bildete da keine Ausnahme. Bolton schreibt: "Präsident Obamas Annäherung an den Iran hat die Welt an den Rand einer Katastrophe gebracht." Damit meint er den Versuch Washingtons und der anderen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sowie Deutschlands, mit dem Iran über Einschränkungen an seinem Atomprogramm zu verhandeln - obwohl Teheran darauf beharrt, dass es ausschließlich zivilen Zwecken dient. Als Gegenleistung wird dem Iran eine Lockerung der verheerenden Wirtschaftssanktionen in Aussicht gestellt.

Bolton schreibt weiter: "Auch wenn keine eindeutigen Beweise vorliegen, wie etwa ein Kernwaffentest, ist schon lange ersichtlich, dass der Iran seinem Ziel, Atomwaffen zu besitzen, immer näher kommt." Obwohl es keine "eindeutigen Beweise" gibt, behauptet Bolton, dass die mangelnde Bereitschaft des Iran, über die Einstellung seines Atomprogramms zu verhandeln, und die Tatsache, dass die Sanktionen ihn nicht daran hindern konnten, "eine umfassende Infrastruktur für Atomwaffen aufzubauen“, "nur einen Schluss zulässt."

Weiter heißt es: "Die unbequeme Wahrheit ist, dass eine Militäraktion wie Israels Angriff auf Saddam Husseins Osirak-Reaktor im Irak 1981 oder die Zerstörung eines syrischen, von Nordkorea geplanten und gebauten, Reaktors im Jahr 2007 erforderlich ist. Die Zeit ist sehr knapp, aber ein Angriff kann noch immer erfolgreich sein."

Bolton, dessen ganze Karriere auf der Unterdrückung von "unangenehmen Wahrheiten" basiert, lässt durchblicken, dass ihm ein offener Luftkrieg der USA zwar lieber wäre, dass er jedoch auch einen Angriff Israels mit Unterstützung der USA akzeptieren würde.

Er schreibt: "Die Vereinigten Staaten könnten gründliche Arbeit bei der Zerstörung leisten, aber nur Israel kann tun, was getan werden muss." Er fügt hinzu, dieses militärische Vorgehen müsse mit Bestrebungen einhergehen, in Teheran einen "Regimewechsel herbeizuführen."

Bolton fordert offen einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg und ruft zum Massenmord auf. Der hemmungslose Militarismus, den er in seiner Kolumne ausdrückt, würde sich nahtlos in die Schriften von Hitlers Außenminister Joachim von Ribbentrop einfügen, der in den Nürnberger Prozessen für seine Rolle bei der Organisation der Angriffskriege des Naziregimes wegen Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen und als erster der Angeklagten gehängt wurde.

Man muss sich fragen, warum ihm die New York Times, das angebliche Leitmedium und einstmalige Sprachrohr des amerikanischen Liberalismus, in ihrem Leitartikelbereich ein Podium gibt.

Die offensichtliche Antwort lautet, dass alle Meinungsverschiedenheiten, die die Times-Redaktion oder auch die Obama-Regierung mit Bolton über den Iran haben mögen, rein taktischer Natur sind. Sie alle vertreten den Standpunkt, dass der US-Imperialismus das alleinige Recht hat, überall auf der Welt unprovozierte "Präventivkriege" gegen alles und jeden zu führen, das oder den er als mögliche Bedrohung seiner Interessen ansieht.

Vor nicht allzu langer Zeit standen Bolton, der diese arrogante und kriminelle Politik verkörpert, und die Times politisch auf der gleichen Seite und im Wesentlichen auf der gleichen Linie, die er in seiner aktuellen Kolumne über den Iran vertritt.

Im Jahr 2002 war Bolton Staatssekretär für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheit im Außenministerium und eine treibende Kraft in der Kampagne, mit der die Bush-Regierung einen Angriffskrieg gegen den Irak vorbereitete. Die Grundlage dieser Kampagne war die Lüge, Saddam Hussein entwickle "Massenvernichtungswaffen" und bereite sich darauf vor, sie an Al Qaida weiterzugeben.

Bolton, der von einem seiner ehemaligen Kollegen im Außenministerium als typischer Menschen beschrieben wird, der "nach oben buckelt und nach unten tritt“, sprach sich mindestens seit 1998 für einen Angriff auf den Irak aus. Damals unterzeichnete er zusammen mit anderen rechten Persönlichkeiten einen "offenen Brief an den Präsidenten“, in dem ein solcher Krieg gefordert wurde.

Während der Vorbereitung des Krieges spielte er eine wichtige Rolle beim Fabrizieren falscher Beweise für die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen. Unter anderem verbreitete er primitive gefälschte Hinweise auf Versuche des Irak, aus dem Niger konzentriertes Uran, sog. "Yellowcake" zu beziehen.

Damals leistete die Times in dieser Propagandakampagne unverzichtbare Unterstützung. Ihre wichtigste Korrespondentin, Judith Miller, arbeitete mit Vertretern der Regierung und rechten Denkfabriken zusammen, um die Lügen über Massenvernichtungswaffen zu untermauern und auszuschmücken. Thomas Friedman, der Chefkolumnist der Zeitung für Außenpolitik, veröffentlichte eine Kolumne nach der anderen, in denen er den "gewollten Krieg“, wie er ihn ganz offen nannte, im Namen von Demokratie, Menschenrechten und Öl rechtfertigte.

Als maßgebliches "Leitmedium" gab die Times dem Rest der Mainstreammedien den Ton vor, um gemeinsam den Widerstand der Bevölkerung gegen einen Krieg im Nahen Osten zu brechen.

Das Ergebnis ist allgemein bekannt. Der Krieg hat über eine Million Iraker das Leben gekostet, eine ganze Gesellschaft zerstört und die ganze Region ins Chaos gestürzt. Dabei wurden etwa 4.500 US-Soldaten getötet, zehntausende verstümmelt und verwundet und mehr als zwei Billionen Dollar verschwendet. Zwölf Jahre später hat die Obama-Regierung einen neuen Krieg in Syrien und dem Irak begonnen, angeblich um den Vormarsch des Islamischen Staates aufzuhalten - einer Organisation, die sie in dem Krieg zum Regimewechsel in Syrien faktisch unterstützt hatte.

Bisher wurde niemand für diese Kriegsverbrechen zur Verantwortung gezogen; weder Bush, Cheney, Rumsfeld, Bolton und alle anderen, die die amerikanische Bevölkerung in einen Angriffskrieg verwickelt haben, der auf Lügen beruhte; noch die Redakteure der Times, die die Propaganda fabrizierten, um die Kriegsverschwörung zu unterstützen.

Andererseits werden diejenigen, die Widerstand gegen den Krieg leisten – wie die ehemalige US-Soldatin Chelsea Manning, die Kriegsverbrechen im Irak enthüllt hat, bis hin zu Sergeant Bowe Bergdahl, der von den Verbrechen gegen die Bevölkerung Afghanistans angewidert war - Opfer von Hetzkampagnen der Medien und bekommen die volle Härte der Militärjustiz zu spüren.

Mit der Veröffentlichung von Boltons Kolumne macht die Times deutlich, dass sie es sich nicht mit den rechtesten und extrem unsozialen (soziopathischen) Schichten des amerikanischen Establishments verscherzen will. Auch wenn sie sich deren Forderung nach sofortigen Luftangriffen auf den Iran nicht anschließt, wird sie in künftigen Kriegen der USA - unter anderem gegen Russland und China, für die die Times bereits Propaganda betreibt - zweifellos wieder auf einer Wellenlänge mit ihnen liegen.

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