Labour und Konservative im Wettstreit um das wirtschaftsfreundlichste Wahlprogramm

Das Wahlprogramm der Labour Party für die britische Parlamentswahl macht deutlich, dass zwischen ihr und der anderen großen Partei der herrschenden Elite, den Konservativen, kein nennenswerter Unterschied besteht.

Während das Cover des Labour-Wahlprogramms von 2010 in bunten, optimistischen Farben eine Familie zeigte, die in Richtung eines strahlenden Sonnenaufgangs blickt, beginnt das aktuelle Wahlprogramm mit dem Versprechen, eine Schuldenbremse ("Budget Responsibility Lock") einzuführen.

Labour hat bereits erklärt, Kürzungen in Höhe von Anfangs 30 Milliarden Pfund vornehmen zu wollen. Im Januar arbeitete sie mit der amtierenden konservativ/liberaldemokratischen Regierungskoalition zusammen, um ein Gesetz durchzusetzen, das alle künftigen Regierungen zu dauerhafter Austerität verpflichtet. Nur eine handvoll Labour-Abgeordnete stimmte dagegen.

Labour kündigt an: "Unser Wahlprogramm beginnt mit der Schuldenbremse," die "die Grundlage aller unserer Pläne in diesem Programm ist" und "unsere nationalen Finanzen" sichern soll.

"Die Schuldenbremse garantiert, dass alle politischen Vorhaben in diesem Wahlprogramm bezahlt werden können. Keine einzige Verpflichtung erfordert die Aufnahme zusätzlicher Kredite“, heißt es stolz in dem Programm. "Wir sind die erste Partei, die das verspricht, und mit diesem Wahlprogramm halten wir unser Versprechen. Wir werden alle großen Parteien per Gesetz verpflichten, ihre Wahlversprechen vom Amt für Haushaltsdisziplin [OBR] unabhängig prüfen zu lassen."

Weiter heißt es: "Die erste Zeile von Labours Haushaltsplan wird sein: 'Dieser Haushaltsplan wird dass Defizit jedes Jahr senken.'" Labour wird "dem Unterhaus nur einen Haushaltsplan vorlegen, der das Defizit jedes Jahr reduziert, und den das OBR unabhängig abgesegnet hat. Die Staatsschulden werden sinken und dem nächsten Unterhaus wird so schnell wie möglich ein Haushaltsüberschuss vorliegen."

Damit verspricht Labour die Sparprogramme zu Lasten der Bevölkerung fortzusetzen, die sie nach dem Zusammenbruch der britischen Banken während der Finanzkrise 2008 eingeführt hatte. Die brutalen Sparprogramme der konservativ/liberaldemokratischen Regierung ab 2010 setzten die Kürzungen fort, die Labour eingeführt hatte, um ein Rettungspaket von einer Billion Pfund für die Banken finanzieren zu können.

Labour-Parteichef Ed Miliband erklärte bei der Vorstellung des Wahlprogramms, die Konservativen seien "eine Partei der Summen, die nicht zusammenpassen, und der Verpflichtungen, die sie nicht einhalten."

Labours Wahlprogramm ist so weit rechts, dass der Economist darüber schrieb, der Labour-Führer klänge wie ein fiskalisch Ultrakonservativer.

Wie es mittlerweile üblich ist, soll Labours Plan "die Bücher in Ordnung zu bringen" "harte, aber faire Entscheidungen" nach sich ziehen.

Nichts daran ist auch nur im entferntesten "fair". Im Wahlprogramm heißt es: "Wir werden im Rahmen unserer Verhältnisse leben. Wir haben keine Vorschläge für neue Ausgaben, die mit zusätzlichen Krediten finanziert werden sollen."

Unter Labour werden die reichsten Schichten der Gesellschaft nur geringfügig mehr Einkommenssteuer zahlen müssen, damit sie "etwas mehr zur Senkung des Defizits beitragen."

Gleichzeitig werden Unternehmen weiterhin die "wettbewerbsfähigste Körperschaftssteuer aller G7-Staaten" haben.

Labour kündigt in seinem Wahlprogramm an, die Rettung der Banker zu beenden: "Alle Erlöse aus dem Verkauf unserer Anteile an Lloyds und der RBS [die nach ihrem Zusammenbruch während der Finanzkrise teilverstaatlicht wurden], wird benutzt, um die Staatsschulden zu verringern."

Allen anderen drohen brutale Angriffe. Die massiven Kürzungen der Sozialhilfe werden weitergehen - Labour kündigte an, "strukturelle Sozialausgaben bei jeder Ausgabenprüfung zu senken, damit sie unter Kontrolle bleiben."

Zu den angekündigten Kürzungen gehört eine zweijährige Nullrunde bei der Kindergelderhöhung.

Das Wahlprogramm erklärt, eine Labour-Regierung werde die Drohkampagne der USA und der Nato gegen Russland unterstützen, die zu einem bewaffneten Konflikt zwischen Atommächten führen könnte. Labour wird "weiterhin unsere wichtigsten Bündnisse pflegen“, zu denen auch das Bündnis mit den USA gehört. "Die Krise in der Ukraine im letzten Jahr hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass sich die Nato und die EU gegen externe Bedrohungen am Ost- und Südrand Europas verteidigen können."

Labour betont nachdrücklich, Großbritannien müsse weiterhin "die besten Streitkräfte der Welt" haben, die "in der Lage sind, auf wechselnde Bedrohungen in einer unberechenbaren Sicherheitslandschaft zu reagieren."

In dem Wahlprogramm heißt es: "Der Aufstieg des Islamischen Staates, die aggressiven Drohungen Russlands gegen seine Nachbarn in Osteuropa und die andauernde wirtschaftliche Unsicherheit in der Eurozone sind eine Herausforderung für unsere nationale Sicherheit."

Der konservative Parteichef David Cameron versicherte der Kapitalistenklasse bei der Vorstellung des Wahlprogramms seiner Partei ebenfalls, die Austerität werde weitergehen und seine Partei werde "die Sache zu Ende führen."

Großbritanniens politische Elite ist so eng mit dem Großkapital verzahnt, dass das Wahlprogramm der Tories von Jo Johnson verfasst wurde, einem konservativen Minister und ehemaligen Journalisten der Financial Times - der Zeitung, die das politische Sprachrohr des Finanzkapitals ist. Das Wahlprogramm fordert für Großbritannien "die wettbewerbsfähigsten Steuern aller großen Wirtschaftsmächte" und "Bürokratieabbau" in Höhe von zehn Milliarden Pfund in der nächsten Legislaturperiode.

Die Tories planen weitere Sozialkürzungen in Höhe von zwölf Milliarden Pfund und eine Nullrunde für Leistungen für Empfänger im arbeitsfähigen Alter ab April 2016. Außerdem erwähnt das Dokument eine Senkung der Leistungsobergrenze von 26.000 Pfund auf 23.000 Pfund.

Die Beihilfe für Arbeitssuchende zwischen achtzehn und einundzwanzig Jahren soll durch eine auf sechs Monate begrenzte Beihilfe für Jugendliche ersetzt werden. Jugendliche werden danach in sklavenartige Ausbildungsverhältnisse gezwängt, in denen die Stundenlöhne bei unter drei Pfund liegen, und in Praktika oder zu gemeinnütziger Arbeit gezwungen. Andernfalls erhalten sie keine Leistungen.

Als weiteren Angriff auf Arbeitnehmerrechte schlägt das Wahlprogramm ein Gesetz vor, dass ein Arbeitskampf erst beginnen darf, wenn 40 Prozent aller Streikberechtigten zuvor dafür stimmen.

Labour hat alles getan, um das Großkapital davon zu überzeugen, dass die Partei die Umverteilung des Reichtums von den Ärmsten hin zu den Reichsten zuverlässig fortsetzen kann. Bei der Vorstellung des Wahlprogramms kritisierte Miliband eine Ankündigung der Tories, dem National Health Service weitere acht Milliarden Pfund zuzuschießen, als verzweifelten Versuch, in letzter Minute vom Rückhalt der Bevölkerung für das öffentliche Gesundheitssystem zu profitieren. Er nannte es ein „Panikversprechen“. Er erklärte: "Man kann den NHS nicht mit einem Schuldschein finanzieren. Alle Versprechen, die wir gemacht haben, sind bezahlbar, das ist der Unterschied zwischen den Konservativen und der Labour Party."

Seither ist Labour mit der wirtschaftsfreundlichen Agenda, die im Wahlprogramm beschrieben ist, kontinuierlich weiter nach rechts gerückt.

Am Samstag erklärte Miliband außerdem, alle Immigranten, die nach Großbritannien kommen, sollten die englische Sprache beherrschen - diese Aussage wurde als Versuch angesehen, bei den rechten Schichten aus dem Umfeld der Tories und der United Kingdom Independence Party auf Stimmenfang zu gehen. Er erklärte dem Guardian: "Ich will auf die Tory-Wähler zugehen, auf die Wähler der Liberaldemokraten, auf die UKIP-Wähler und auf die Nichtwähler."

Schatten-Wirtschaftsminister Chuka Umunna sagte über Labours Vorschlag, die Steuern um fünf Pence und bis zu 50 Pence für die Reichsten zu erhöhen: "Ich würde das nicht für dauerhaft machen... Mir wäre es lieber, die Steuerlast wäre so niedrig wie möglich. Ich glaube nicht an Steuern um der Besteuerung willen: man besteuert, um öffentliche Dienstleistungen zu finanzieren, das Defizit und die Schulden zu senken." Er fuhr fort: "[Schatten-Finanzminister] Ed Balls und ich sagen das immer vor Publikum aus der Wirtschaft, weil wir daran glauben."

Das Großkapital äußerte sich überwiegend zufrieden über die politischen Vorschläge der beiden Parteien und warnte, ein Abrücken vom Sparkurs sei keine Option. Simon Walker, Generaldirektor des Institute of Directors, erklärte, Labour verdiene Lob für die Erkenntnis, dass eine Senkung des Defizits ein Anliegen der politischen Mitte ist, und von größter Bedeutung für unsere wirtschaftliche Sicherheit."

Der Geschäftsführer der britischen Handelskammer, Adam Marshall, erklärte: "Es ist immer gut zu sehen, wenn eine Partei über Haushaltsdisziplin redet, weil das von großer Bedeutung für die Wirtschaft ist."

Er warnte: "Der Lackmustest wird sein, ob die nächste Regierung dieses Versprechen, verantwortlich zu handeln, tatsächlich hält, und ich denke, man kann durchaus sagen, dass alle Parteien das noch beweisen können."

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