DGB-Vorsitzender attackiert Lokführerstreik

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Reiner Hoffmann hat einmal mehr klar gemacht, wie er die Rolle des DGB und seiner Einzelgewerkschaften sieht: Als verlängerter Arm der Bundesregierung und der Konzerne im Kampf gegen die Beschäftigten.

In einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel greift Hoffmann den Streik der Lokführer scharf an und positioniert sich unmissverständlich auf Seiten der Bahn und der Bundesregierung gegen die berechtigten Forderungen des Zugpersonals.

Nachdem die bundeseigene Bahn seit fast einem Jahr der Lokführergewerkschaft GDL das Recht verweigert, für alle ihre Mitglieder einen Tarifvertrag abzuschließen und den Streikenden die geballte Hetze von Konzernen, Politik und Medien entgegenschlägt, reiht sich Hoffmann in diese Antistreikfront ein.

Er hatte sich schon im letzten Jahr an den Gewerkschafts-Dachverband der GDL gewandt, den DBB Beamtenbund und Tarifunion, und gefordert, dieser solle die GDL „an die Leine nehmen“.

Da dies offenbar nicht gelang, legt er gestern in dem Interview nach. Er verdreht bewusst die Fakten, um in der Bevölkerung Stimmungen gegen das Zugpersonal der GDL zu schüren.

Hoffmann prügelt auf den GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky ein, doch er meint die Streikenden. Im Gleichklang mit den Arbeitgeberverbänden wirft er Weselsky vor, er führe „eine Auseinandersetzung auf dem Rücken der Beschäftigten“. Er warte auf das Gesetz zur Tarifeinheit, „um dann im Zusammenhang mit dem schwelenden Konflikt gegen das Gesetz klagen zu können“. So instrumentalisiere er die Beschäftigten der Bahn und die Kunden der Bahn gegen das Gesetz über die „Klarstellung der Tarifeinheit“. „Das geht zu weit, um es vorsichtig zu sagen“, droht Hoffmann.

Das Gegenteil ist der Fall. Die Bahn hält die GDL hin und wartet auf das Tarifeinheitsgesetz, das den GDL-Streiks faktisch verbieten würde.

Auf den Hinweis der Zeitung, der GDL-Vorsitzende wolle wie auch drei der acht DGB-Gewerkschaften die Tarifpluralität gegen die Tarifeinheit verteidigen, antwortet Hoffmann: „Diese haben die Befürchtung, dass das Streikrecht eingeschränkt werde könnte. Die Sorge ist legitim.“ Im Fall der Tarifkollision, wenn zwei Gewerkschaften sich in einem Konflikt über Tarifverträge für dieselbe Beschäftigtengruppe in einem Betrieb befinden, könne das Gesetz dazu führen, „dass ein Arbeitskampf der Minderheitsgewerkschaft von einem Arbeitsgericht für unverhältnismäßig erklärt werden kann“, also verboten wird.

Genau das ist Sinn und Zweck des Gesetzes, das Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) schon am Freitag vom Bundestag beschließen lassen will. Der DGB hatte schon vor Jahren gemeinsam mit den Arbeitgeberverbänden dieses Gesetz gefordert. Das Tarifeinheitsgesetz soll dazu dienen, alle Arbeitskämpfe außerhalb der Kontrolle der DGB-Gewerkschaften für illegal zu erklären. Es soll de facto eine Diktatur der DGB-Gewerkschaften in den Betrieben gesetzlich verankern.

Die DGB-Betriebsräte bezeichnen sich als Co-Manager und fungieren als Betriebspolizei der Konzerne, die jegliche Opposition und Proteste der Belegschaften unterdrücken und die Angriffe der Unternehmen durchsetzen.

Die EVG (die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) hat in den letzten Jahrzehnten deutlich gemacht, was das bedeutet. Die Hausgewerkschaft der Bahn hat dem Abbau von 190.000 Arbeitsplätzen zugestimmt, dadurch die Arbeitsbedingungen für die verbleibenden Beschäftigten fast unerträglich gemacht und zudem auch noch durch zahlreiche Vereinbarungen die Löhne für einen nicht geringen Teil des Zugpersonals gesenkt, allen voran für die Lokrangierführer.

Die enge Verbindung und Partnerschaft von EVG und DB-Konzern hat überhaupt erst dazu geführt, dass Tausende von Mitgliedern der EVG, bzw. der Vorläufer-Organisation Transnet zur GDL wechselten.

Personifiziert hat die enge Zusammenarbeit von Gewerkschaft und Bahn Norbert Hansen. Der Transnet-Vorsitzende wechselte im Mai 2008 in den DB-Vorstand und steigerte sein Gehalt von 8000 Euro im Monat um das Zehnfache. Nur ein Jahr später löste der jetzige Personalvorstand Ulrich Weber Hansen ab. Inklusive Millionen-Abfindung erhielt Hansen rund 3,3 Millionen Euro für seine zwölfmonatige Amtszeit bei der DB.

Auch hier versucht Hoffmann, die Tatsachen zu verschleiern. Er behauptet, es habe „über die Jahre ein Kooperationsabkommen bei der Bahn (gegeben), das ein kooperatives Miteinander der beiden Gewerkschaften sicherstellte“. Dieses Abkommen sei von Weselsky gekündigt worden.

Falsch: Im Jahr 2008 hatte die damalige Transnet, jetzt Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, gemeinsam mit dem Bahnvorstand alles daran gesetzt, dass der GDL-Tarifvertrag nur für die Lokomotivführer galt. Dazu wurde ein spezieller „Grundlagentarifvertrag“ erstellt, der jedoch zum 30. Juni 2014 ausgelaufen ist.

Die Vehemenz, mit der DGB-Chef Hoffmann erneut gegen die Streikenden vorgeht, steht in direktem Zusammenhang zur aktuellen wirtschaftlichen und politischen Krise. Anfang 2014 hatten Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck verkündet, die militärische Zurückhaltung Deutschlands sei vorüber. Seitdem verfolgt die Bundesregierung eine aggressive militärische Außenpolitik. Sie hat angekündigt, dafür Milliarden von Euro in die Aufrüstung der Bundeswehr zu stecken, damit diese wieder weltweit intervenieren kann.

Die dafür nötigen Gelder will sie aus der arbeitenden Bevölkerung herauspressen. Die katastrophale Zerstörung des Lebensstandards in Griechenland, die den Stempel der Bundesregierung trägt, ist ein Vorgeschmack auf das, was sie in anderen Ländern Europas und auch in Deutschland plant.

Proteste – sowohl gegen die sozialen Angriffe als auch gegen die in der Bevölkerung verabscheute Kriegspolitik – sollen schon im Keim erstickt werden. Dazu dient das Tarifeinheitsgesetz, dass jegliche Opposition in den Betrieben verbieten soll. Gleichzeitig werden die Universitäten gleichgeschaltet und Kritik an der Kriegspropaganda der Professoren kriminalisiert. Jeder, der es wagt, sich gegen Krieg, Armut und Ausbeutung zu stellen, soll mundtot gemacht werden und den langen Arm des Gesetzes zu spüren bekommen.

Der DGB steht dabei uneingeschränkt auf Seiten der Herrschenden. Hoffmann selbst schrieb für die Website des Außenministeriums Review 2014 – Außenpolitik Weiter Denken, auf der für eine neue deutsche Großmachtpolitik und weltweite Bundeswehreinsätze geworben wird, einen Beitrag, in dem er sich klar auf die Seite der Bundeswehr und des Außenministeriums stellte. Schon Hoffmanns Vorgänger Michael Sommer pflegte enge Kontakte zur Bundeswehr.

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