Österreichische Regierung verschärft Vorgehen gegen Flüchtlinge

Die große Koalition in Österreich geht auf allen Ebenen massiv gegen Flüchtlinge vor. Sozialdemokraten und Konservative haben die fremdenfeindliche Politik der rechtsradikalen Freiheitlichen übernommen. Damit setzt Österreich die von der EU beschlossene Verschärfung der Flüchtlingspolitik um, die darauf abzielt, Abschiebungen effektiver durchzusetzen.

Seit Monaten hetzt die Regierung gegen die Familien, die verzweifelt auf der Flucht sind. Angeführt wird die rechte Kampagne von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner von der Volkspartei (ÖVP). Sie erklärte, Österreich werde ab sofort keine neuen Asylanträge mehr bearbeiten, sondern sich auf Rückführungen und Abschiebungen konzentrieren. Insbesondere werden Flüchtlinge nach dem Dublin-Prinzip in die Länder zurückgeschickt, in denen sie das erste Mal EU-Boden betreten haben. „Wenn man einen Schwerpunkt auf Dublin-Fälle setzt, dann führt das automatisch dazu, dass Neuanträge und der Familiennachzug gestoppt werden“, erklärte sie der Presse zynisch.

Der Ministerpräsident der Steiermark Hermann Schützenhöfer (ÖVP), der gemeinsam mit der SPÖ das Bundesland regiert, forderte die Sozialdemokraten zu einem härteren Durchgreifen gegen Flüchtlinge auf. Er bezog sich auf die steigenden Flüchtlingszahlen und erklärte, die Lage sei „hochexplosiv“ und: „Wir leiden alle darunter.“ Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sei bisher eine Einzelkämpferin gewesen, aber sie verdiene die volle Unterstützung aller Parteien.

ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz nutzt die Diskussion, um noch einen Schritt weiter zu gehen. Er will die Sozialleistungen für Zuwanderer aus EU-Ländern wie Rumänien und Bulgarien begrenzen.

Auch die SPÖ nimmt an der ausländerfeindlichen Kampagne teil. Sie fordert nicht nur schnellere Abschiebungen, sondern will auch einen Präzedenzfall für den Einsatz des Militärs im Inneren schaffen. Der SPÖ-Ministerpräsident des Burgenlandes, Hans Niessl, drängt auf einen „Assistenzeinsatz“ des Bundesheeres, um „Polizei und Rotes Kreuz zu entlasten“. Er verlangte, man müsse noch klarer zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen unterscheiden, und verlangte die Einführung von „Asyl auf Zeit“ und von „mehr Rückführungen von jenen, die keinen Asylstatus bekommen“.

Der Feldzug vieler Landespolitiker gegen Flüchtlinge und Asylbewerber führt zu Spannungen mit der Bundesregierung in Wien. Der sozialdemokratische Bundeskanzler Werner Faymann kündigte ein Verfassungsgesetz an, das die Aufnahme von Flüchtlingen regeln soll. Seine offizielle Begründung, dieses Gesetz werde die Situation von Flüchtlingen verbessern, ist schlicht erlogen.

Wie die Regierung mit Flüchtlingen im Land umgeht, zeigen die katastrophalen Verhältnisse im Aufnahmelager Traiskirchen. Zwanzig Kilometer südlich von Wien befindet sich das größte Aufnahmelager in Österreich. Offiziell können hier 1800 Menschen untergebracht werden.

Mehr als 4500 Flüchtlinge sind derzeit dort untergebracht. Seit einiger Zeit hat man etwa 500 Schlafplätze in Zelten aufgestellt. Mehr als zweitausend Flüchtlinge haben aber kein Bett, sie übernachten im Freien oder auf Gängen. Bilder, die aus dem Lager an die Öffentlichkeit gedrungen sind, zeigen, wie sie auf dünnen Isomatten und in Decken gewickelt, unter Bäumen oder vor Hauswänden liegen. Nicht nur Erwachsene, auch Kinder und Babys sind betroffen. Allein zweitausend unbegleitete Minderjährige leben derzeit in dem Lager.

Es sind nicht genügend Duschen vorhanden, und es gibt zu wenig Toilettenpapier. Die medizinische Versorgung ist nicht gesichert. Menschen liegen stundenlang auf Gängen, Babys liegen auf Decken im Freien. Die sanitären Anlagen sind verdreckt, der Müll wird offenbar nicht entsorgt und türmt sich.

Helfer der Caritas schildern auf Facebook ihre Erlebnisse in dem Lager: „Eine ältere Dame bricht vor uns zusammen, weil sie es in dieser Hitze auf der Wiese nicht länger aushält.“ Sie berichten von Jugendlichen, die sagen, dass sie sich umbringen wollen, weil sie die Zustände im völlig überfüllten Lager nicht mehr aushalten. Es kommt zu Gewaltübergriffen, und niemand interessiert sich dafür. Viele klagen über Magenprobleme und Durchfall. „Wir sehen Kinder, erschöpft und müde von der Obdachlosigkeit“, so die Caritas-Mitarbeiter.

Vor diesem Hintergrund sind die Forderungen der Innenministerin bemerkenswert. Mikl-Leitner tritt dafür ein, die Standards in den Lagern noch weiter abzusenken. Demnach sollen sich künftig offiziell zwanzig Flüchtlinge eine Toilette und eine Dusche teilen, statt wie bislang zehn.

Wie in anderen Unterkünften in Österreich, kam es auch im Aufnahmelager Traiskirchen zu einer Massenschlägerei mit dreihundert Teilnehmern, bei der eine Somalierin und eine Polizistin verletzt wurden. Diese Konflikte, die den unmenschlichen Verhältnissen geschuldet sind, werden von den rechten Organisationen ausgebeutet, um noch stärker gegen Flüchtlinge zu hetzen. Vor allem in kleinen Dörfern und Gemeinden versuchen rechte, meist FPÖ-nahe Kreise, eine Pogromstimmung gegen Ausländer und Asylbewerber zu entfachen.

Das neue Gesetz hetzt die Auseinandersetzung an und dient dazu die restriktive Asylpolitik im ganzen Land durchsetzen. Bisher hatten sich Bundesregierung und Gemeinden in Asylfragen gegenseitig die Schuld zugeschoben. Tatsache ist, dass sich Volkspartei und Sozialdemokraten die rechtsextremen Standpunkte der FPÖ zu Eigen machen. Außenminister Kurz bestätigte dies explizit, als er erklärte, da er Minister für Integration sei, sei es normal, dass seine Initiativen auch bei der FPÖ gut ankommen.

Nach der Landtagswahl Ende Mai im Burgenland schlossen die Sozialdemokraten ein Regierungsbündnis mit den rechtsextremen Freiheitlichen. Die Koalitionsverhandlungen dauerten nur 48 Stunden und leiteten einen erneuten scharfen Rechtsruck der Sozialdemokraten ein.

Die andauernde fremdenfeindliche Kampagne hat den rechten Pöbel bereits angestachelt. In Wiener Neustadt wurden Flüchtlinge aus dem Nahen Osten aus sogenannten Softgunwaffen mit Plastikprojektilen beschossen. Sieben Personen wurden getroffen und verletzt, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete. Die Reaktion von Mikl-Leitner auf den Angriff bestand darin, vor der Gewalt von „linken Aktivisten“ zu warnen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, da sie damit angeblich die Bevölkerung provozierten.

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