Großes Interesse für Griechenland-Veranstaltung der PSG

Zum Thema „Solidarität mit den griechischen Arbeitern! Kämpft gegen das Diktat von Schäuble und Merkel!“ führt die Partei für Soziale Gleichheit (PSG) am morgigen Sonntag eine Veranstaltung in Leipzig und am 10. und 13. September Veranstaltungen in Bochum und Frankfurt durch. Ort und Zeit finden sich hier.

Lebhafte Diskussionen im Stadtviertel

Wolfgang Schäubles rücksichtsloses Spardiktat und die Plünderung griechischen Staatseigentums durch deutsche Konzerne wie Fraport beschäftigen Arbeiter und Jugendliche auch in Deutschland. In den Diskussionen, die zurzeit vor Betrieben, vor Jobcenters, an Universitäten und in Wohnvierteln geführt werden, um die Veranstaltungsreihe bekannt zu machen, fällt auf, wie groß die Anteilnahme und Solidarität unter einfachen Arbeitern ist, obwohl sämtliche Medien gegen „die Griechen“ hetzen.

Zu intensiven Diskussionen führt vor allem die Bilanz der Syriza-Regierung, die erst Hoffnungen erweckt hatte und jetzt das Spardiktat selbst durchsetzt. Eine „Riesenenttäuschung“ sei Tsipras für sie, sagte eine Altenpflegerin am Frankfurter Arbeitsamt. „Tsipras und seine Syriza, die gehören doch auch nur zu den Reichen und betrügen die Leute!“

Saadet (rechts)

Auch Saadet, eine Sozialarbeiterin in Frankfurt, ist von der Erfahrung mit Syriza enttäuscht. „Tsipras hat sich erpressen lassen, dabei war er vorher ein Hoffnungsträger, nicht nur für Griechenland sondern für ganz Europa“, sagt Saadet. Sie gibt zu: „In gewisser Weise hat er seine Arbeiterklasse schon verraten, das finde ich sehr schade. Man hat eine Gelegenheit verpasst.“

Alexis Tsipras hatte vor der Wahl im Januar die Illusion verbreitet, man könne Zugeständnisse von der EU erreichen, während er gleichzeitig den internationalen Gläubigern versprochen hatte, sämtliche Kreditschulden mit Zinsen zurückzuzahlen. Auch Saadet hatte anfangs die Hoffnung gehegt, dass Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis versuchten, die Interessen der Arbeiter zu vertreten: „Diesen Anschein haben sie zum mindesten erweckt, am Anfang, als die griechische Bevölkerung Syriza gewählt hat. Vielleicht bin ich zu blauäugig“, setzt sie hinzu.

Hinter den Kulissen sei wohl massiver Druck ausgeübt worden. Es sei schrecklich, was für Maßnahmen Deutschland und Frankreich – vor allem Wolfgang Schäuble – jetzt in Griechenland durchsetzen. „Jetzt wird alles rigoros privatisiert.“

Daniel

Daniel studiert Humangeographie. Er spricht uns am Infotisch vor der Goethe-Uni Frankfurt an, nachdem zwei Kommilitonen, arrogant die Nase über die Kampagne rümpfend, vorbeigehen. „Sie teilen die Leute in Klassen ein“, sagt Daniel. „Man sollte doch meinen, dass das Mittelalter vorbei sei. Aber natürlich leben wir immer noch in einer Klassengesellschaft, weil das Kapital eine so große Rolle spielt.“

Er hat das Referendum vom 5. Juli, bei dem sich fast 62 Prozent der griechischen Bevölkerung gegen das EU-Spardiktat ausgesprochen hatten, genau beobachtet und bezeichnet dies als klassisches Beispiel dafür, dass „Demokratie, also die Herrschaft des Volkes, nur in der Theorie existiert: Die griechische Bevölkerung hat ganz klar ‚Nein‘ gesagt, aber genau das Gegenteil wird gemacht.“

Leider gebe es an der Uni – besonders bei den Wirtschaftswissenschaften – so gut wie keine kritische Reflektion. „Was Griechenland angeht: Wir retten ja gar nicht Griechenland, wir retten unsere Banken, das muss man klar sehen“, fährt Daniel fort. Er bezieht sich auf die „Hilfsgelder“, die im Wesentlichen der Rückzahlung der Kredite an die Banken dienen und Griechenlands Schuldenquote immer weiter nach oben treiben. „Diese Wirtschaftswissenschaftler verstehen dies sehr wohl, aber einige befürworten es sogar“, sagt Daniel. „Wenn man das alles aber weiß, wie ist es dann möglich, dass man es nicht verurteilt? Das ist doch krass!“

Zum Programm der Vierten Internationale und der Literatur auf dem Infotisch sagt Daniel: „Ich finde es richtig, von Anfang an international zu arbeiten, und der Name Trotzki sagt mir was.“ Stalin sei „das Paradebeispiel dafür, wie man Sozialismus nicht aufbauen kann. Das hat in der Geschichte viele Opfer gekostet.“

Auch in den Arbeiterwohnvierteln sind die Perspektiven der Vierten Internationale Thema vieler Diskussionen. Eine etwa vierzigjährige Putzfrau ist von dem Vorschlag, dass die Arbeiter aller Länder sich gemeinsam gegen das Finanzkapital wehren müssen, sehr angetan. Sie berichtet uns, dass sie bis zu sechzehn Stunden täglich arbeitet, um über die Runden zu kommen und ihre Eltern in Polen über Wasser zu halten. Sie habe davon gehört, dass heute in Griechenland mehr als ein Drittel der Bevölkerung keine Versicherung mehr habe. „Das ist hier nicht viel anders“, sagt sie. „Ich habe zum Beispiel gar nicht das Geld dafür, meine Krankenkasse zu bezahlen. Ich hoffe nur, dass mir nichts passiert.“

Anne

In Bockenheim treffen wir Anne, die sich schon an mehreren Demonstration für die griechische Bevölkerung und gegen die Politik der Banken beteiligt hat. Sie sagt, sie habe ein Interview mit Varoufakis gelesen. „Darin kam zum Ausdruck, dass Schäuble die griechische Regierung rücksichtslos unter Druck gesetzt hatte.“

Über das Referendum vom 5. Juli sagt sie: „Ich war richtig begeistert von der ‚OXI‘-Entscheidung der griechischen Bevölkerung, die fand ich richtig Klasse, und ich hoffe einfach, dass sich die griechische Bevölkerung auch jetzt nicht unterkriegen lässt.“ Auf den Einwand, dass Syriza diese Entscheidung schon am nächsten Tag verraten habe, antwortet Anne: „Ja, das stimmt leider, das kam mir gleich total komisch vor. Weiß der Himmel, was da im Hintergrund abgelaufen ist. Jedenfalls hat die EU starken Druck ausgeübt.“

Die griechische Regierung habe wohl bei der EU „keine Chance gehabt“. „Jetzt übernehmen große Konzerne wie Fraport die Flughäfen“, fuhr Anne fort. „Da wird doch klar, warum der Schäuble so handelt. Es geht um den Ausverkauf Griechenlands. Jetzt können sich die Mächtigen bedienen und sich alles holen, was sie wollen.“

Anne stimmt zu, dass Griechenland ein Testfeld für Angriffe der Herrschenden auch in andern Ländern sei. „Ja, selbstverständlich. Erst haben sie die Portugiesen kleingekriegt, dann die Spanier, jetzt beißen sich die Griechen die Zähne aus, und wir können die Nächsten sein. Wir sitzen alle im gleichen Boot, das geht uns genauso an.“ Dann erwähnt sie die Aufrüstung, die zurzeit Milliarden verschlingt: „Im Moment sehe ich vor allem die Kriegsvorbereitungen als größte Gefahr.“

Auf den Vorschlag, dass sich Arbeiter international zusammenschließen sollen, um sich gegen das Finanzkapital zu verteidigen, sagt Anne: „Ja, wir brauchen eine Alternative. Der Grundgedanke, der passt, den würde ich so auch unterstützen.“

Hannelore

Hannelore hört sich die Diskussionen am Infostand über die sozialen Angriffe auf die griechischen Arbeiter eine Weile an. Während die aktuellen Kriegsvorbereitungen der deutschen Regierung zur Sprache kommen, meldet sie sich zu Wort und sagt, für sie sei das Allerwichtigste, „dass es keinen Krieg mehr gibt!“ Dann erzählt sie, sie könne sich noch an den Zweiten Weltkrieg erinnern, bei dem sie als kleines Kind die schlimmen Luftangriffe miterlebt hatte.

Beim Kriegsende war sie sechs Jahre alt. „Wir wohnten damals in der Stadt an der Bergerstraße, und bei den Bombenangriffen mussten wir immer in den Bunker am Merianplatz. Ich war ja ein kleines Mädchen, und einmal habe ich meine Puppe nicht mitgenommen, aber nachher war die Puppe weg. Das ist, woran ich mich heute noch erinnere. Ich weiß, dass es eigentlich unsinnig ist, denn ich hatte ja Glück, dass ich es überhaupt überlebt habe. So viele andere sind gestorben, auch Kinder in meinem Alter.“

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