Perspektive

Washingtons Kriegsverbrechen in Afghanistan

Am Samstag führte das US-Militär in Afghanistan einen Luftschlag gegen das medizinische Zentrum der Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Kundus durch, bei dem 22 Menschen starben – zwölf Ärzte und Pfleger sowie zehn Patienten, darunter drei Kinder. Dieses Massaker ist ein widerwärtiges Kriegsverbrechen, für das die Obama-Regierung die Verantwortung trägt.

Am Montag gab der US-Oberkommandierende in Afghanistan zu, dass ein amerikanisches Kampfflugzeug den tödlichen Angriff geflogen hat. Er versuchte allerdings, die Verantwortung dafür auf die afghanische Marionettenregierung zu schieben, weil diese den Einsatz angefordert habe.

„Dann wurde ein Luftschlag angefordert, um die Taliban zu eliminieren, dabei wurden auch versehentlich mehrere Zivilisten getroffen“, erklärte General John Campbell in einer Pressekonferenz des Pentagon. Diese Version widerspricht der ersten Darstellung, dass US-Special Forces unter Feuer geraten seien und den Luftschlag angefordert hätten.

Die Angriffe wurden mit dem Flugzeugtyp AC-130 ausgeführt, das auch als „Todesengel“ bezeichnet wird. Es ist ein riesiges, langsam fliegendes und mit zahlreichen Kanonen, Raketen und Bomben bestücktes Flugzeug, das eine schreckliche Feuerkraft besitzt. Diese fliegende Festung kann ihr Ziel über einen längeren Zeitraum umkreisen und besitzt die Fähigkeit, mit größter Genauigkeit zu treffen, in diesem Fall ein großes, gut gekennzeichnetes Krankenhaus.

Überlebende des Angriffs schilderten entsetzliche Szenen: Patienten brannten in ihren Betten, Ärzte und Pflegekräfte lagen schwer verwundet am Boden.

Afghanische Vertreter verteidigten den Angriff auf das Krankenhaus schamlos. „Wenn Aufständische versuchen, Zivilisten und öffentliche Orte nutzen, um sich zu verstecken, dann ist das sehr, sehr schwierig“, sagte Fawzia Koofi, ein afghanischer Abgeordneter aus der nördlichen Provinz Badachshan gegenüber der Washington Post. „Man hat zwei Möglichkeiten: Entweder man setzt die Operation fort, und das kann bedeuten, dass man öffentliche Orte angreift, oder man lässt die Taliban gewähren. In diesem Fall hat die Öffentlichkeit gesehen, dass wir zusammen mit unseren internationalen Verbündeten die erste Möglichkeit gewählt haben.“

Der amtierende Gouverneur von Kundus, Hamdullah Danishi, sagte der Post: „Das Krankenhausgelände wurde zu 100 Prozent von den Taliban genutzt. Das Krankenhaus hat einen riesigen Garten und dort saßen die Taliban. Wir haben ihre Angriffe eine Zeitlang hingenommen.“ Dann habe man schließlich reagiert.

Diese Erklärungen sind ein „Eingeständnis eines Kriegsverbrechens“, sagte der Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen, Christopher Stokes, am Sonntag. „Das bedeutet, dass afghanische und US-amerikanische Kräfte gemeinsam entschieden haben, ein voll funktionierendes Krankenhaus mit 180 Menschen – Ärzten, Pflegepersonal und Patienten – dem Erdboden gleichzumachen, weil sich angeblich auch Taliban dort befanden“, sagte er.

Die Ärzte ohne Grenzen bestreiten kategorisch, dass sich im Krankenhaus bewaffnete Taliban befunden hätten. Die Organisation berichtet, dass sie die amerikanische Armee immer wieder über die genaue Position des Krankenhauses informiert hätten, das es schon seit Jahren in Kundus gibt.

Die plausibelste Erklärung ist, dass die US-Armee und ihre afghanischen Verbündeten einen bewussten Entschluss fassten, das Krankenhaus anzugreifen. Die Ärzte ohne Grenzen haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass es immer jedem offen stand, auch verwundeten Taliban-Kämpfern. Die Gräueltat soll die Botschaft vermitteln, dass jeder stirbt, der einem Feind der USA hilft.

Der Angriff ist ein weiterer Fall, der in einem künftigen Kriegsverbrecherprozess verhandelt werden muss. In den fast sieben Jahren seit Obamas Amtsantritt hat seine Regierung beinahe doppelt so viele Gräueltaten begangen wie die seines Vorgängers Bush.

Am Mittwoch jährt sich zum 14. Mal die Invasion Afghanistans, die am 21. Oktober 2001 begann. Das Pentagon nannte die Eroberung des verarmten Landes, das die strategischen Regionen Zentral- und Südasiens verbindet, „Operation Enduring Freedom“ (Operation andauernde Freiheit). Es wäre korrekter gewesen, sie „Operation andauerndes Abschlachten“ zu nennen. Einer äußerst konservativen Schätzung der Vereinten Nationen zufolge sind allein seit 2009 mehr als 19.000 Zivilisten in Afghanistan getötet worden.

Die Lage hat sich zuletzt eher noch verschlimmert. Nie zuvor war die Zahl der zivilen Opfer so hoch wie heute. Um ganze 60 Prozent ist sie in der ersten Hälfte dieses Jahres gestiegen, verglichen mit der gleichen Periode im Jahr 2014. Die UN erklärten, der Anstieg gehe vor allem auf zivile Opfer bei Einsätzen von afghanischen Regierungstruppen zurück. Diese Einsätze finden allerdings mit US-Unterstützung statt.

Die Arbeitslosigkeit in Afghanistan ist inzwischen auf vierzig Prozent gestiegen und auch die Armutsrate liegt etwa in dieser Höhe. Die soziale Ungleichheit hat enorm zugenommen, weil die von den USA unterstützte afghanische Kleptokratie den Löwenanteil der Auslandshilfe einsackt. Die zunehmend unerträglichen Bedingungen haben viele Menschen gezwungen, ihr Heil in der Flucht zu suchen. Afghanen machen einen Anteil von dreizehn Prozent der Flüchtlinge nach Europa aus. Mehr Flüchtlinge kommen nur aus Syrien.

Der Krieg wurde der amerikanischen Bevölkerung als Rache für den Terroranschlag vom 11. September verkauft. Inzwischen schleppt er sich in das fünfzehnte Jahr und das amerikanische Militär schlachtet weiterhin unschuldige Afghanen ab, um ein korruptes Marionettenregime an der Macht zu halten.

Schon zwei Tage nach Beginn des Kriegs durch Washington wies die World Socialist Web Site den offiziellen Vorwand für den Krieg zurück und erklärte: „Der Überfall auf Afghanistan wurde zwar durch die Ereignisse des 11. September ausgelöst, hat jedoch weitaus tiefere Ursachen.“

Die WSWS schrieb: „Die US-Regierung verfolgt mit diesem Krieg weit gefasste weltpolitische Interessen der amerikanischen herrschenden Klasse. Sein Hauptzweck ergibt sich aus folgenden Zusammenhängen. Der Zusammenbruch der Sowjetunion vor zehn Jahren hat in Zentralasien ein Vakuum hinterlassen. Dieses Gebiet beherbergt die zweitgrößten nachgewiesenen Vorkommen an Erdöl und Erdgas weltweit.”

Und weiter: „Diese außerordentlich bedeutsamen natürlichen Ressourcen befinden sich in der instabilsten Region der Welt. Indem die USA Afghanistan angreifen, dort ein Marionettenregime installieren und umfangreiche Truppen in die Region verlegen, wollen sie neue politische Verhältnisse schaffen, in deren Rahmen sie ihre Hegemonie ausüben können.“

Diese Einschätzung hat sich als völlig korrekt erwiesen. Vierzehn Jahre nach Beginn des Kriegs in Afghanistan steht Washington in Syrien praktisch im Bündnis mit al-Qaida und verschärft systematisch die Spannungen mit Russland und China.

Der Krieg in Afghanistan hat sich für den US-Imperialismus zu einem selbstverschuldeten Debakel entwickelt. Bereits früher hatte Washington in Afghanistan interveniert, um die von der Sowjetunion unterstützte Regierung in Kabul zu stürzen. Ab 1979 wurden Waffen und Hilfen in Milliardenhöhe an islamistische Kampfverbände geliefert, zu denen sowohl al-Qaida wie auch die Taliban gehörten. Diese Kampagne verwüstete Afghanistan, kostete mehr als eine Million Menschen das Leben und machte fünf Millionen Menschen zu Flüchtlingen.

Die Antwort des US-Imperialismus auf den Fall von Kundus wird eine weitere Verschärfung der militärischen Intervention sein. Unweigerlich wird es zu weiteren Kriegsverbrechen kommen, wie im Fall des MSF-Krankenhauses.

Natürlich müssen die unmittelbar Verantwortlichen für die Ermordung des medizinischen Personals und der Patienten zur Rechenschaft gezogen werden. Die weit größeren Kriminellen saßen und sitzen jedoch in den Regierungen von Bush und Obama, die diesen räuberischen Krieg auf der Grundlage von Lügen begannen und fortsetzten.

Die Arbeiterklasse muss gegen imperialistischen Krieg und das kapitalistische System mobilisiert werden, um diese politischen Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen.

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