Obama schickt Spezialeinheiten nach Syrien

Die Ankündigung der Obama-Regierung, bis zu 50 Soldaten der amerikanischen Spezialeinheiten nach Syrien zu schicken, stellt eine qualitative Eskalation der illegalen Intervention Washingtons in dem kriegsgebeutelten Land dar.

Der Pressesprecher des Weißen Hauses Josh Earnest bestätigte am Freitag auf einer Pressekonferenz die Entsendung der „Spezialeinsatzkräfte“, wie er es formulierte. Ansonsten verbrachte er einen Großteil der Konferenz damit, das Offensichtliche zu leugnen: nämlich dass diese jüngste militärische Eskalation im direkten Widerspruch zu dem Versprechen steht, das Obama 2013 abgegeben hatte. Damals hatte er in einer Rede erklärt, er werde keine amerikanischen Bodentruppen nach Syrien schicken.

Earnest erklärte, die früheren Aussagen hätten sich auf den Kampf gegen das Assad Regime bezogen. Die jüngste Eskalation richte sich jedoch gegen den Islamischen Staat (IS).

Das ist alles Unsinn und Täuschung. Washington mischt sich seit mehr als vier Jahren in Syrien ein, und sein oberstes Ziel ist es die ganze Zeit über, die Regierung von Präsident Baschar al-Assad zu stürzen und stattdessen ein amerikanisches Marionettenregime einzusetzen.

Ursprünglich wurde dieser Feldzug für einen Regimewechsel unter dem Banner der „Menschenrechte“ geführt. Die CIA koordinierte derweil mit der Türkei, Saudi-Arabien und Katar die Lieferung von Waffen und Geld in Milliardenhöhe an al Qaida nahe islamistische Milizen wie den IS und die al Nusra-Front für einen blutigen religiösen Bürgerkrieg gegen die Regierung in Damaskus.

Als der IS von Syrien aus nach Osten vorrückte und fast ein Drittel des Irak eroberte, darunter Mossul, die zweitgrößte Stadt des Landes, begann die Obama-Regierung eine direkte Intervention in beiden Ländern. Sie flog Luftangriffe und verlegte etwa 3.500 Soldaten in den Irak zurück. Jetzt hat sich die Intervention in einen Krieg gegen den IS mit dem Titel „Operation Inherent Resolve“ verwandelt.

Mehr als ein Jahr nach Beginn dieses „Krieges“ ist die Kontrolle des IS über große Teile des Irak und Syriens noch immer fast unverändert. Die Halbherzigkeit des Vorgehens der USA lässt sich nur damit erklären, dass Washington kein Interesse daran hat, die islamistische Miliz zu zerstören. Zudem betrachten die USA den IS weiterhin als einen der wichtigsten Kampfverbände im Krieg für einen Regimewechsel in Syrien, der weiterhin ihr vorrangiges Ziel ist.

Der Anlass für die Entsendung von Kampftruppen nach Syrien und für die aktuelle geschäftige diplomatische Aktivität in Wien ist Russlands Militärintervention zur Unterstützung der Assad-Regierung. Das russische Militär hat dem IS und den anderen islamistischen Milizen mit seinen Luftangriffen in nur einem Monat mehr Schaden zugefügt als die USA und ihre sogenannte Koalition in einem ganzen Jahr.

Durch das Vorgehen Russlands beginnt sich das Blatt zum Nachteil der Al Qaida-nahen und von Washington und seinen regionalen Verbündeten unterstützten Milizen zu wenden. Deshalb schicken die USA Spezialkräfte nach Syrien.

Gleichzeitig versuchen die USA in Wien durch Verhandlungen mit Assads wichtigsten Verbündeten, Moskau und Teheran, das zu erreichen, was sie und ihre Alliierten durch ein lange andauerndes Blutbad in Syrien nicht erreichen konnten.

Abgesehen von einer Verstärkung des militärischen Engagements der USA in Syrien lässt sich hinter der Entsendung von 50 Spezialkräften nach Syrien keine zusammenhängende Strategie erkennen. Wie berichtet wird, werden sie in den Nordosten des Landes geschickt, um die syrische Kurdenmiliz YPG (Volksverteidigungseinheiten) und eine deutlich kleinere verbündete Gruppe von arabischen Stammeskämpfern auszubilden, zu beraten und zu koordinieren.

Die YPG sind in dem Gebiet mit stillschweigender Erlaubnis der Assad-Regierung aktiv. Ihr Hauptziel ist es, das von ihnen kontrollierte Gebiet im Nordosten nahe der türkischen Grenze mit der Grenzstadt Kobane im Westen zu verbinden, um eine autonome kurdische Enklave zu schaffen.

Washingtons Nato-Verbündeter, die Türkei, hat diese Woche zugegeben, dass ihre Streitkräfte zweimal Angriffe auf die YPG durchgeführt haben. Sie hat außerdem deutlich gemacht, dass sie zu einer Militärintervention bereit ist, um die kurdische Miliz am Erreichen ihrer Ziele zu hindern.

Die amerikanischen Spezialkräfte könnten also nicht nur in einen bewaffneten Konflikt mit dem IS, syrischen Regierungstruppen und ihren russischen Verbündeten geraten, sondern auch mit der Türkei, einem Verbündeten Washingtons.

Der Versuch, die YPG als Stellvertretertruppen zur Rückeroberung von Gebieten des IS zu benutzen, wird zusätzlich durch die Tatsache erschwert, dass Amnesty International der kurdischen Miliz Anfang des Monats „Kriegsverbrechen“ gegen Araber und Turkmenen in von ihr kontrollierten Gebieten vorgeworfen hat. In einigen Fällen hat sie ganze Dörfer zerstört und die Einwohner mit der Drohung vertrieben, sie würde amerikanische Luftangriffe gegen sie anfordern.

Unter diesen Bedingungen ist schwer vorstellbar, dass eine Berater- und Ausbildungsmission mit den YPG mehr zur Beilegung des Konfliktes in Syrien beitragen könnte als der berüchtigte Versuch des Pentagon, „überprüfte Rebellen“ auszubilden, der in einem Fiasko endete.

Sie soll vor allem gegen Russland als Demonstration der Stärke dienen. Damit kann sie nur der Vorläufer zu einer umfangreicheren und gefährlicheren Eskalation der amerikanischen Intervention sein, die sich zu einer militärischen Konfrontation zwischen den beiden größten Atommächten der Welt entwickeln könnte.

Der US-Imperialismus ist verantwortlich für die Zerstörung Syriens, für eine viertel Million Todesopfer und die Vertreibung der Hälfte der Bevölkerung. Er versuchte, durch die Unterstützung und Bewaffnung von islamistischen Milizen den „Erfolg“ seines Regimewechsels in Libyen zu wiederholen. Dieser „Erfolg“ endete im Sturz der Regierung, die Ermordung von Muammar Gaddafi und dem Ausbruch von Chaos und Bürgerkrieg, die vier Jahre später noch immer toben.

Die Eskalation der US-Intervention ist völkerrechtlich gesehen ein Verbrechen. Sie wurde weder von den Vereinten Nationen noch von der syrischen Regierung genehmigt und stellt eine Fortführung des Angriffskrieges dar, den die Bush-Regierung mit ihrem Einmarsch im Irak 2003 begonnen hatte.

Der amerikanische Kongress hat weder über die Entsendung von amerikanischen Bodentruppen nach Syrien, noch die Luftangriffe debattiert oder abgestimmt, und alles deutet darauf hin, dass der Beginn eines neuen Bodenkrieges im Nahen Osten von der großen Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung entschieden abgelehnt wird.

Die amerikanische Intervention richtet sich nicht gegen den IS und auch nicht nur gegen die syrische Regierung. Der Regimewechsel in Damaskus ist für die USA Teil einer größeren Strategie, mit der sie die Hegemonie über den Nahen Osten erlangen wollen, um sich auf noch blutigere militärische Konflikte mit Syriens wichtigsten Verbündeten vorzubereiten, dem Iran und Russland.

In der gleichen Woche, in der die USA die Entsendung von Bodentruppen nach Syrien bekannt gegeben haben, erfuhr die Öffentlichkeit außerdem von Plänen zur Stationierung von 4.000 Nato-Soldaten an der russischen Grenze. Im Südchinesischen Meer verschärfen die USA derweil mit provokanten Marineoperationen die Gefahr einer militärischen Konfrontation mit China.

Barack Obama wurde aufgrund seiner Versprechen gewählt, die Kriege der USA im Nahen Osten zu beenden. Jetzt ist er verantwortlich für einen beispiellosen Ausbruch des US-Militarismus, der die ganze Region und möglicherweise die ganze Welt in den Krieg treiben könnte.

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