Perspektive

Der Pentagon-Etat:

Ein Plan für den Dritten Weltkrieg

Die Rede von US-Verteidigungsminister Ashton Carter am Dienstag zum Entwurf des Pentagon-Etats für 2017 verdeutlichte, wie weit Washingtons Vorbereitungen auf eine militärische Konfrontation mit Russland und China, der zweit- bzw. drittgrößten Atommacht der Welt, bereits entwickelt sind.

Carter hielt seine Rede vor einem sympathisierenden Publikum im Economic Club in Washington DC, zu dessen Geldgebern die großen Rüstungskonzerne Boeing und Northrop Grumman sowie Finanzgiganten wie die Bank of America und Goldman Sachs gehören. Der Verteidigungsminister gab darin unverfroren Washingtons Absicht bekannt, seine Hegemonie über die Märkte und Rohstoffe der Welt mit allen nötigen Mitteln geltend zu machen – notfalls sogar durch einen nuklearen Holocaust.

Die Präsentation dieses langjährigen Technokraten des militärisch-industriellen Komplexes bestätigt auf eindingliche Weise die Warnungen des Internationalen Komitee der Vierten Internationale und der World Socialist Web Site, dass die Krise des amerikanischen und des Weltkapitalismus die reale und wachsende Gefahr eines dritten Weltkriegs in sich birgt.

Die größte Erhöhung, die im Etatentwurf vorgeschlagen wird, ist die Vervierfachung der Mittel für die militärische Aufrüstung gegen Russland in Europa von 800 Millionen Dollar auf 3,4 Milliarden Dollar. Zusätzlich zu den 65.000 Soldaten, die Washington bereits auf dem europäischen Kontinent stationiert hat, wird aus der Erhöhung der Mittel die ununterbrochene Rotation ganzer Panzerbrigaden in den ehemaligen baltischen Sowjetrepubliken und anderen osteuropäischen Staaten direkt an der russischen Grenze finanziert werden.

Diese Absicht ist ein offener und provokanter Verstoß gegen Abkommen mit Moskau, die nach der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie geschlossen wurden. Die Nato hatte damals erklärt, keine nennenswerten Truppen an der russischen Grenze zu stationieren.

Zudem sollen große Mengen von Kriegsgerät, u.a. Panzer, Artillerie, Schützenpanzer und andere Waffen in Reichweite zu Russland stationiert werden, damit zusätzliche US-Brigaden aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Bulgarien und Rumänien schnellstmöglich intervenieren können.

Präsident Barack Obama erklärte am Dienstag, die 400-prozentige Erhöhung der Mittel zur Einkesselung Russlands „wird es den Vereinigten Staaten ermöglichen, unsere robuste militärische Position in Europa zu stärken und unsere Fähigkeit verbessern, unsere Verpflichtungen gegenüber Nato-Mitgliedern gemäß Artikel 5 wahrzunehmen.“ Artikel 5 des Nordatlantikvertrages sieht vor, dass alle Nato-Mitgliedsstaaten im Falle eines Angriffs auf einen Mitgliedsstaat diesen mit militärischen Mitteln verteidigen. Obama bekräftigte mit seiner Bezugnahme auf Artikel 5 sein Versprechen aus dem Jahr 2014, die baltischen Republiken auch mit Bodentruppen zu verteidigen. Die rechten und extrem antirussischen Regimes dieser Staaten könnten damit einen Krieg mit unabschätzbaren Folgen auslösen.

Das zweite Kernthema von Carters Rede und des Etatentwurfs selbst ist der Aufbau des militärischen Drucks der USA gegen China im Rahmen des „Pivot to Asia“. Einen besonders hohen Stellenwert hat dabei die Modernisierung der amerikanischen Kriegsflotte für Konfrontationen im Südchinesischen Meer.

Carter nahm kein Blatt vor den Mund, was Washingtons tatsächliche Ziele betrifft. Die Hegemonie der USA in Asien soll durch militärische Gewalt gesichert und jede Bedrohung ihrer Vormachtstellung durch die aufstrebende Wirtschaftsmacht China im Keim erstickt werden. China soll den wirtschaftlichen und strategischen Interessen der USA untergeordnet und in eine Halbkolonie für den US-Imperialismus verwandelt werden.

Der Verteidigungsminister erklärte, die USA werden handeln, um „die Stabilität in der Region zu wahren, die wir seit 70 Jahren gewährleisten“. Er ermahnte China: „Es ist eine schlechte Idee, das Sicherheitsumfeld einer Region zu beschädigen, in der die Hälfte der Menschheit lebt und die Hälfte der wirtschaftlichen Aktivitäten der Welt stattfinden.“

Er fuhr fort, Washington betreibe seine militärische Aufrüstung, um in der Lage zu sein, „einem hochentwickelten Aggressor so inakzeptable Verluste zuzufügen, dass er entweder von provokantem Verhalten abgeschreckt oder es zutiefst bereuen wird.“

In der Sprache des Kalten Krieges fügte Carter hinzu: „In diesem Kontext sind Russland und China unsere stärksten Konkurrenten.“

Alle diese Pläne, militärische Konfrontationen zu verschärfen, die zu einer globalen Katastrophe führen, werden ohne auch nur den Anschein einer öffentlichen Debatte in Gang gesetzt. Es wird nicht einmal versucht, um den Rückhalt der amerikanischen Bevölkerung zu werben, die immer wieder ihre Ablehnung gegenüber Militarismus und Krieg demonstriert hat. Der Kurs auf einen dritten Weltkrieg wird größtenteils hinter dem Rücken der Öffentlichkeit geplant. Und weder die Mainstreammedien noch die beiden großen Parteien zeigen das geringste Interesse daran, die Bevölkerung über die beängstigenden Implikationen der Pläne des Pentagon zu informieren.

Carter wies in seiner Rede am Dienstag auch kurz auf die Rolle des Friedensnobelpreisträgers Obama hin, der alle Forderungen des amerikanischen Militär- und Geheimdienstapparats absegnet. Er bejahte die Frage nach einer Erhöhung der Zahl der US-Truppen im Irak und Syrien – wo die Finanzierung für Militäroperationen ebenfalls um 50 Prozent auf 7,5 Milliarden erhöht werden soll – und erklärte: „Der Präsident hat jedesmal 'Ja' gesagt, wenn der Vorsitzende [des Generalstabs] und ich ihn um mehr Mittel für diese Aufgabe gebeten haben. U nd ich rechne damit, dass das so bleiben wird.“

Die massiven Ausgaben für die Kriegsvorbereitungen sollen durch noch drakonischere Angriffe auf den Lebensstandard, die Arbeitsplätze und die sozialen Bedingungen der großen Masse der arbeitenden Bevölkerung finanziert werden. Beispielhaft für das Ausmaß, in dem soziale Mittel für den Militarismus aufgewendet werden sollen, ist der Vorschlag des Pentagon, die Ausgaben für die Erforschung und Entwicklung neuer und noch tödlicherer Waffen auf fast 72 Milliarden Dollar zu erhöhen. Allein diese Summe ist bereits größer als der gesamte Bundeshaushalt für Bildung im Jahr 2015, ganz zu schweigen von den Billionen Dollar, die in den nächsten Jahren für neue Generationen von Atom-U-Booten, Bombern und Interkontinentalraketen ausgegeben werden sollen.

Im Juli 2014 veröffentlichte das Internationale Komitee der Vierten Internationale eine Erklärung mit dem Titel „Sozialismus und der Kampf gegen imperialistischen Krieg“. Darin erklärt es die grundlegende Dynamik der Entwicklung hin zum Weltkrieg, die sich in Carters Rede und dem Etatentwurf des Pentagon ausdrückt:

„Die Gefahr eines neuen Weltkriegs ergibt sich aus dem grundlegenden Widerspruch des kapitalistischen Systems, dem Widerspruch zwischen der Globalisierung der Wirtschaft und ihrer Aufspaltung in antagonistische Nationalstaaten, die die Grundlage für das Privateigentum an den Produktionsmitteln bilden. Besonders deutlich zeigt sich dies im Bestreben des US-Imperialismus, die eurasische Landmasse zu beherrschen, insbesondere jene Gebiete, die seinem Einfluss nach der russischen und der chinesischen Revolution jahrzehntelang entzogen waren. Im Westen haben die USA im Bunde mit Deutschland einen von Faschisten angeführten Putsch organisiert, um die Ukraine unter ihre Kontrolle zu bringen. Ihre eigentlichen Ziele sind aber weiter gesteckt: Es geht um die Aufspaltung der Russischen Föderation und ihre Verwandlung in eine Reihe von Halbkolonien, um den Weg für die Plünderung umfangreicher Rohstoffvorkommen freizumachen. Im Osten zielt die Obama-Regierung mit ihrer Orientierung auf Asien („Pivot to Asia“) darauf ab, China einzukreisen und in eine Halbkolonie zu verwandeln. Hier geht es um den Zugriff auf die billigen chinesischen Arbeitskräfte, eine der weltweit wichtigsten Quellen des Mehrwerts, den die kapitalistische Wirtschaft aus der Arbeiterklasse saugt.“

Das IKVI erklärte weiter, dass ein imperialistischer Weltkrieg aufgrund der objektiven Triebkräfte des Strebens der USA nach Weltherrschaft unvermeidlich sei, wenn die internationale Arbeiterklasse nicht auf der Grundlage eines revolutionären Programms eingreift, dem kapitalistischen System ein Ende bereitet und den Sozialismus aufbaut. Es betonte, dass dieselben Widersprüche, die den Imperialismus an den Rand des Abgrunds treiben, auch die objektiven Triebkräfte für die sozialistische Revolution hervorbringen.

In den eineinhalb Jahren seit der Veröffentlichung dieser Erklärung haben sich diese Widersprüche noch weiter verschärft. Das hat die laufenden Kriege intensiviert und die Gefahr neuer Kriege im Nahen Osten, Osteuropa und dem Südchinesischen Meer erhöht. Gleichzeitig wurde die Arbeiterklasse in immer erbittertere Kämpfe gegen Austerität und Ausbeutung getrieben.

Die Menschheit steht vor einer historischen Aufgabe. Die Arbeiterklasse muss die sozialistische Weltrevolution durchführen, bevor die kapitalistische herrschende Klasse einen Krieg beginnen kann, der das Risiko der nuklearen Ausrottung birgt. Daher ist der Aufbau der Vierten Internationale als revolutionäre Führung der internationalen Arbeiterklasse von höchster Dringlichkeit.

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