Griechisches Militär soll Konzentrationslager für Flüchtlinge bauen

Die griechische Regierung unter Führung der pseudolinken Syriza hat angekündigt, den nationalen Streitkräften und dem Verteidigungsministerium die führende Rolle bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zuzuweisen. Diese Entscheidung ist Teil einer bewussten, systematischen Ausweitung der militärischen Befugnisse im Innern.

Griechenland muss bis zum 15. Februar, drei Tage vor dem Gipfeltreffen der europäischen Regierungschefs in Brüssel, „Hotspots“ auf den Inseln an der Grenze zur Türkei und Verteilungszentren auf dem Festland errichten. Diese Hotspots sind im Wesentlichen Konzentrationslager an den Außengrenzen der Europäischen Union (EU), in denen gestrandete Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten im Nahen Osten und Nordafrika festgehalten und ihre Fingerabdrücke registriert werden.

Diejenigen, deren Asylantrag als berechtigt anerkannt wird, werden in Verteilungszentren auf dem Festland überführt. Der Rest wird in Haftzentren geschickt und schließlich abgeschoben.

Die Forderung nach dem Aufbau der Lager ist Bestandteil eines Ultimatums, das die Europäische Kommission an Griechenland gestellt hat. Die Regierung muss innerhalb von drei Monaten beweisen, dass sie den Strom von Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten im Nahen Osten und Nordafrika aufhalten kann. Andernfalls wird Griechenland aus dem Schengen-Abkommen ausgeschlossen, welches die Reisefreiheit zwischen Mitgliedsstaaten regelt.

Im Vorfeld der Ankündigung waren die griechischen Behörden gegen NGOs und Freiwillige vorgegangen, die Flüchtlingen halfen, die auf den Inseln an der Seegrenze zur Türkei gestrandet waren.

Auf einer Pressekonferenz am 02. Februar gaben Verteidigungsminister Panos Kammenos, sein Stellvertreter Dimitris Vitsas (Syriza) und der Stabschef der griechischen Streitkräfte, Admiral Evangelos Apostolakis, Einzelheiten der Pläne bekannt.

Kammenos ist Vorsitzender der rechten und fremdenfeindlichen Partei der Unabhängigen Griechen (ANEL), Syrizas Juniorpartner in der Regierung. Bei den Koalitionsverhandlungen mit Syriza hatte Kammenos die Bedingung gestellt, dass ANEL nur an der Regierung teilnehmen würde, wenn er die Kontrolle über das Verteidigungsministerium bekommt.

Auf der Konferenz erklärte Kammenos, dass Ingenieure des Heeres und der Luftwaffe die Auftragnehmer vor Ort dabei unterstützen werden, Hotspots auf den Inseln Chios, Kos, Samos und Leros zu errichten. Auf Lesbos, wo bereits seit Oktober ein Hotspot existiert, soll das Militär beim Ausbau der Infrastruktur helfen.

Auch auf dem griechischen Festland, nämlich den beiden Militärbasen in Schisto bei Athen und in Sindos nahe Thessaloniki, sollen Verteilungszentren entstehen. Nach ihrer Fertigstellung werden beide Zentren vom Militär verwaltet und bewacht.

Im Jahr 2015 wagten über 850.000 Menschen die Bootsüberfahrt von der Türkei nach Griechenland. 60 Prozent von ihnen kamen nach Lesbos. In diesem Jahr sind bereits über 250 Menschen auf dem Seeweg gestorben. Allein am 30. Januar ertranken mehr als 39 Menschen, nachdem ihr Boot zwischen Griechenland und der Türkei gekentert war.

Im Januar dieses Jahres nahmen mehr als 52.000 Menschen diese Route, 35-mal mehr als im Januar letzten Jahres.

Das Vorhaben der Regierung, die Bewältigung der Flüchtlingskrise dem Militär zu übertragen, macht deutlich, wie weit Syriza in den letzten sieben Monaten nach rechts gegangen ist. Im Januar 2015 kam die Partei an die Macht, weil sie versprochen hatte, den Sparkurs zu beenden. Schon im Juli verriet sie ihr Mandat und unterzeichnete das bislang härteste Sparmemorandum der EU.

Um die reaktionäre Flüchtlingspolitik der EU und ihren eigenen Sparkurs durchzusetzen, ist die Tsipras-Regierung in wachsendem Maße auf Polizei und Militär angewiesen.

Es handelt sich um die größte Operation der griechischen Streitkräfte, die jemals in Friedenszeiten durchgeführt wurde. Kammenos kündigte an, dass die Operation vom neu gegründeten „Koordinationsorgan zur Verwaltung der Immigration“ gesteuert werde. Das Koordinationsorgan soll von Generalmajor Konstantinos Floros geleitet werden. Floros ist ein Offizier der Spezialkräfte, der bei den Fallschirmjägern und als Kampfschwimmer bei einer Spezialeinheit der Marine (OYK) gedient hat.

Kammenos rechtfertigte Floros’ Ernennung mit der Erklärung: „Die Ernennung eines Offiziers der Spezialkräfte zum Koordinator bedeutet, dass besondere Umstände besondere Menschen erfordern, die schnell Entscheidungen treffen können.“

Die OYK gehörte zu den wichtigsten Stützen der Militärjunta, die Griechenland von 1967 bis 1974 regierte. In den letzten Jahren hat OYK enge Beziehungen zur faschistischen Goldenen Morgenröte aufgebaut. Letztes Jahr skandierte eine OYK-Abteilung faschistische Parolen während der jährlichen Parade zum griechischen Unabhängigkeitstag am 25. März.

Floros ist derzeit Leiter des Nationalen Operationszentrum, das dem Verteidigungsministerium unterstellt ist und im Kriegsfall die Einsätze koordiniert. Normalerweise haben nur Offiziere mit besonderen Befugnissen Zugang zu dem Zentrum, in dem auch das Koordinationsorgan untergebracht wird. Laut Kammenos werden Zivilpersonen, die an der Operation beteiligt sind, nur zu einem speziell gekennzeichneten Bereich Zutritt haben.

Der Einsatz der Streitkräfte wurde als einzige Lösung dargestellt, um die knappe Frist zur Errichtung der Hotspots und Verteilungszentren einzuhalten. Doch der Plan, den Kammenos angekündigt hat, geht weit über die Unterstützung bei Bauprojekten hinaus. Er betrifft auch Bereiche der zivilen Politik. So sollen zum Koordinationsorgan auch folgende Abteilungen gehören:

  • eine Verkehrsabteilung, die „bestehende Abkommen zum Transport von Flüchtlingen und Zuwanderern von den Inseln und Hotspots zu den Aufnahmezentren überwacht“,
  • eine Gesundheitsabteilung unter der Leitung von Militär- und Polizeiärzten,
  • eine Verpflegungsabteilung aus zehn verschiedenen Verpflegungseinheiten
  • und eine Abteilung für NGOs, die die Aktivitäten aller eingetragenen Freiwilligen koordiniert.

Kammenos gab sich zwar große Mühe zu betonen, dass die Intervention der Streitkräfte nur befristet sei. Doch die von ihm angekündigten Pläne schaffen praktisch den Rahmen, in dem unter dem Vorwand der Flüchtlingskrise das Kriegsrecht verhängt werden kann – in einem Land, das von 1967 bis 1974 von einer brutalen Militärdiktatur regiert wurde.

Seit Beginn der Krise in Griechenland vor sechs Jahren haben sich immer öfter führende Angehörige der Streitkräfte aktiv in öffentliche Angelegenheiten eingemischt. Bis vor kurzem galt das als Tabu.

Im Vorfeld des Referendums über den EU-Sparkurs, zu dem die Regierung unter Syriza und ANEL im Juli letzten Jahres aufgerufen hatte, forderte der pensionierte General, ehemalige Verteidigungsminister und ehemalige Generalstabschef der griechischen Armee, Fragkoulis Fragkos, ein „entschiedenes Ja“. 2011 wurde Fragkos vom damaligen Ministerpräsidenten Georgios Papandreou entlassen, weil Gerüchte über Putschpläne kursierten.

Auch eine Gruppe von 65 hochrangigen Offizieren im Ruhestand rief dazu auf, mit „Ja“ zu stimmen und warnte in einer Erklärung davor, dass „wir das Vaterland und seine Zukunft in Gefahr bringen, wenn wir uns für die Isolation entscheiden.“

Die Flüchtlingskrise dient der griechischen Regierung als Rechtfertigung für eine weitreichende Intervention der Streitkräfte. Das ist eine Warnung an die griechische Arbeiterklasse und Jugend.

Unter dem Eindruck des wachsenden Widerstands gegen den Austeritätskurs der Regierung, der Blockaden der Bauern und der andauernden Streikwelle, die letzten Donnerstag ihren Höhepunkt fand, sieht sich die herrschende Elite gezwungen, jede Krise zu nutzen, um ihre politische Agenda mit allen Mitteln durchzusetzen, einschließlich einem Militärputsch.

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