Französische Gewerkschaften wollen den Widerstand gegen Hollandes Arbeitsmarktreformen unterdrücken

Die Gewerkschaften bereiten sich darauf vor, den wachsenden Widerstand gegen das neue Arbeitsgesetz der französischen Regierung in die Kanäle zahnloser Proteste zu lenken. Gleichzeitig signalisieren sie der herrschenden Klasse, dass sie dem Gesetzentwurf insgesamt zustimmen.

Der Entwurf, den die amtierende Sozialistische Partei (PS) unter Präsident Francois Hollande und Premierminister Manuel Valls vorbereitet hat, würde es den Gewerkschaften erlauben, mit den Arbeitgebern auf Firmenebene zu verhandeln und dabei auch das nationale Arbeitsrecht (Labour Code) zu verletzen. Das würde die Abschaffung eines Großteils der demokratischen Rechte der Arbeiter bedeuten, Arbeitsbedingungen und Lebensstandard untergraben und eine grundsätzliche Wende in den Klassenbeziehungen in Frankreich einläuten.

Der Gewerkschaftsbund Confédération générale du travail (CGT) veranstaltete am Dienstagabend ein innergewerkschaftliches Treffen über den Gesetzentwurf, an dem neun weitere Gewerkschaften teilnahmen. Darunter befanden sich sieben weitere Gewerkschaftsbünde, die nationale Studentengewerkschaft (UNEF), die nationale Schülergewerkschaft (UNL) und die Unabhängige Demokratische Schülergewerkschaft (FIDL).

Nach dem Treffen veröffentlichten die Gewerkschaften ein Kommuniqué, in dem sie erklärten, sie würden an „Vorschlägen für neue Regelungen in dem Gesetz arbeiten und Änderungen für bestehende Regelungen vorschlagen, vor allem bei Entlassungen, Arbeitsorganisation und der Länge der Arbeitszeit, Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften und Ausbildungsverhältnissen.“ Ihr Dokument konzentrierte seine Kritik auf zwei Aspekte des geplanten Gesetzes: auf die Beschränkungen der Strafen für Arbeitgeber vor Arbeitsgerichten, und „Maßnahmen, die einseitig die Macht der Arbeitgeber vergrößern.“ Die Gewerkschaften einigten sich darauf, sich am 3. März nochmals zu treffen.

Die Gewerkschaften schwiegen über das Kernstück des neuen Gesetzes: d.h. über ihre Fähigkeit, mit Arbeitgebern zu verhandeln und auf Unternehmensebene Tarifverträge durchzusetzen, die gegen den Labour Code verstoßen. Dies zeigt, dass die Gewerkschaften den Abbau der Arbeiterrechte nicht ablehnen und weiterhin über diverse Bestimmungen des Gesetzes mit der Regierung und den Arbeitgebern verhandeln werden, um es durchsetzen zu können.

Das derzeitige Arbeitsrecht hat sich über mehr als 100 Jahre entwickelt und sieht viele Schutzvorgaben für Arbeiter vor. Die Mindestbedingungen wurden kollektiv auf Branchenbasis verhandelt, sodass jeder Arbeitgeber und jede Fabrik die Mindestbedingungen der Branche einhalten muss.

Den Gewerkschaften kommt es nur darauf an, dass sie sich ihre Rolle, ihre Privilegien und ihren Einfluss bei den Arbeitgebern und dem Staat bewahren, während sie sich zynisch als Gegner der Reform inszenieren. Dass sich die Gewerkschaften nicht einmal die Mühe gemacht haben, Streiks gegen den Gesetzentwurf zu organisieren, entlarvt diese Selbstdarstellung jedoch als offensichtlichen Betrug.

Die Tageszeitung Liberation bezeichnete die Erklärung der Gewerkschaften als „schüchternes Kommuniqué“ und fügte hinzu, die Regierung könne sich entspannt zurücklehnen.

Doch die Wut und der Widerstand der Bevölkerung wachsen stark an. Eine Internetpetition gegen die Arbeitsmarktreform hat in nur wenigen Tagen deutlich mehr als die von ihren Organisatoren erhofften 500.000 Stimmen erhalten. Anscheinend bereiten die Jugendlichen in weiterführenden Schulen und Universitäten, die momentan Ferien haben, eine Mobilisierung ab Anfang März vor.

Dass die Studenten- und Schülergewerkschaften an den Beratungen mit den anderen Gewerkschaften teilnehmen, ist ungewöhnlich und deutet darauf hin, dass unter Jugendlichen breite Ablehnung gegen das Vorgehen der PS herrscht. Diese Organisationen sind eng mit der PS verbündet und unterstützen sie weitgehend, UNEF-Funktionäre lobten das feige Kommuniqué der Gewerkschaften in einem Interview mit Metronews als „wichtigen Schritt.“

Dennoch sind die Erklärungen der Studentengewerkschaften eine verzerrte Reflexion der Wut, die sich unter Jugendlichen über die Bedingungen entwickelt, mit denen sie als Studenten und im Berufsleben konfrontiert sind. UNEF-Präsident William Martinet erklärte: „Für uns bringt dieser Gesetzentwurf das Fass zum Überlaufen. Junge Menschen leben seit zehn Jahren in immer prekäreren Verhältnissen, auf dem Arbeitsmarkt wegen der Wirtschaftskrise und während ihres Studiums. Unsere Geduld ist am Ende.“

Die CGT kündigte nur widerwillig einen symbolischen eintägigen Protest für den 31. März an. Ihre Funktionäre erklärten der Liberation, die Arbeiter hätten die CGT für ihre Inaktivität gegenüber dem Gesetz kritisiert und erklärten, es gab „einige Bauchschmerzen“. In sozialen Netzwerken wurde eine Demonstration am 9. März „mit oder ohne die Gewerkschaftsführung“ gefordert.

In Frankreich gilt weiterhin der Notstand, gegen den die Gewerkschaften keinen Widerstand organisiert haben. Jetzt demonstrieren sie, dass sie das Diktat der Polizei und der Arbeitgeber gegen die Arbeiterklasse unterstützen.

Dieser Angriff auf die Rechte der Arbeitnehmer begann zum gleichen Zeitpunkt, an dem der Notstand in Frankreich um weitere drei Monate verlängert wurde. Valls erklärte, er werde in Kraft bleiben, „bis der [Islamische Staat] besiegt ist“, d.h. die Regierung will Streiks, Demonstrationen und Veranstaltungen und jede Form von Gegenoffensive der Arbeiterklasse verbieten und kriminalisieren. Der Klasseninhalt des dauerhaften Notstandes der PS-Regierung wird der Masse der Bevölkerung immer klarer.

Während in Frankreich 100.000 Soldaten auf den Straßen patrouillieren, erklärt Valls, er werde das Gesetz gegen jeden Widerstand durchsetzen und versprach, er werde die Reform „durchziehen.“

Der Kampf gegen die Arbeitsmarktreform kann nur als politischer Kampf gegen die PS-Regierung und die Politik von Krieg, Polizeistaat und Austerität fortgeführt werden. Es muss ein bewusst antikapitalistischer Kampf sein, mit dem Ziel, die Arbeiterklasse in Frankreich und ganz Europa zu mobilisieren.

Dazu muss die Arbeiterklasse mit den Gewerkschaften und ihren politischen Verbündeten brechen, zu denen auch die PS und die Neue Antikapitalistische Partei gehören. Diese werden versuchen, einen politischen Kampf gegen die PS und die Europäische Union zu verhindern. Sie haben jahrelang den wachsenden Widerstand gegen die reaktionäre Politik unterstützt, die Hollande zum unpopulärsten Präsidenten der Nachkriegszeit gemacht hat. Nur durch ihre Unterstützung konnte die schwache Hollande-Regierung ihren reaktionären Kurs weiterführen.

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