Südkorea schürt Angst vor Nordkoreas Atomprogramm

Als Reaktion auf den nordkoreanischen Atomtest im Januar und den Raketenstart im Februar schüren die südkoreanische Regierung und die Oppositionsparteien eine hysterische Hetzkampagne gegen ihren Nachbarstaat. Seoul versucht, Pjöngjang weiter zu isolieren, während es zusammen mit seinem Verbündeten, den USA, seine eigenen Kriegsvorbereitungen verstärkt.

Letzten Freitag kündigte die Regierung nach einem Treffen führender Parteimitglieder mit dem Geheimdienst National Intelligence Service (NIS) an, sie bereite sich auf mögliche nordkoreanische Terroranschläge vor. Der NIS behauptete, ohne es beweisen zu können, Pjöngjang habe eine Vielzahl von Anschlägen angeordnet, u.a. die Vergiftung von südkoreanischen Regierungsbeamten und bekannten nordkoreanischen Überläufern und sogar Anschläge auf U-Bahnen und Einkaufszentren.

Lee Cheoul-u, ein Abgeordneter der amtierenden Saenuri-Partei und ehemaliger hoher NIS-Beamter, warnte: „Nachdem Nordkorea im Januar bzw. Februar einen Atom- und einen Raketentest durchgeführt hat, wird [das Regime] vor seinem nationalen Parteitag im Mai mit großer Wahrscheinlichkeit im März und April Cyberanschläge verüben.“

Alle diese Aussagen sollen in der Öffentlichkeit ein Klima der Angst erzeugen und militärische Vorbereitungen gegen Nordkorea rechtfertigen. Der NIS, der unter dem Militärdiktator Park Chung-hee als Koreanischer Zentraler Nachrichtendienst bekannt war, hat Erfahrung damit, Informationen zu erfinden, die für politische Ziele benutzt werden.

Präsidentin Park Geun-hye, die Tochter von Park Chung-hee, sprach am 16. Februar in der Nationalversammlung eine offene Drohung gegen Nordkorea aus: „Von diesem Moment an wird die Regierung härtere und effektivere Maßnahmen ergreifen, um eine Atmosphäre zu schaffen, in der der Norden deutlich merkt, dass die Entwicklung von Atomwaffen ihm nicht das Überleben sichert, sondern nur den Zusammenbruch des Regimes beschleunigen wird. Daher hat er keine andere Wahl, als seinen Kurs freiwillig zu ändern.“

Die südkoreanische Regierung begrüßte die neuen einseitigen Sanktionen, die die USA letzte Woche verhängt hatten. Sie zielen darauf ab, nicht nur Nordkorea zu bestrafen, sondern auch alle Organisationen, die Handel und Finanztransaktionen ermöglichen, die angeblich Nordkoreas Atomwaffenprogramm, seine Edelmetall- und Rohstoffprogramme und die Menschenrechtsverletzungen oder Cyberdrohungen des Regimes unterstützen. Diese Sanktionen richten sich direkt gegen China, dem mit Abstand größten Handelspartner Nordkoreas.

Kim Jong-in, der kommissarische Vorsitzende der größten Oppositionspartei, der Minjoo Party of Korea, äußerte sich Anfang des Monats ähnlich aggressiv: „Nordkorea kann sein System nicht lange aufrechterhalten, wenn es Atomwaffen entwickelt und Langstreckenraketen abfeuert,“ erklärte er in der grenznahen Stadt Paju. „Ich bin zuversichtlich, dass das nordkoreanische Regime eines Tages vernichtet wird und unsere Länder wieder vereint sein werden.“

Kims Äußerung löste in der Oppositionspartei Befürchtungen aus. Bisher hatte sie meist versucht, durch Appelle an die weit verbreitete Antikriegsstimmung Unterstützung zu gewinnen. Frühere demokratische Präsidenten haben die sogenannte Sonnenscheinpolitik unterstützt, die darauf abzielte, Nordkorea als Quelle für billige Arbeitskräfte für südkoreanische Unternehmen zu erschließen.

Anfang des Monats ließ Präsidentin Park die Wirtschaftszone Kaesong direkt hinter der Grenze in Nordkorea schließen. Damit beseitigte sie faktisch das letzte Überbleibsel der Sonnenscheinpolitik.

Die USA und Südkorea bereiten sich aktiv darauf vor, Nordkorea zu destabilisieren. Ihr neuer gemeinsamer Operationsplan 5015, der im November offiziell angenommen wurde, sieht im Falle eines Krieges Präventivschläge gegen Nordkorea und seine Führung vor.

Die jährlichen gemeinsamen amerikanisch-südkoreanischen Militärübungen „Key Resolve“ und „Foal Eagle“, die vom 7. März bis zum 30. April dauern sollen, werden auf dem Operationsplan 5015 basieren. Verteidigungsminister Han Min-gu erklärte stolz, Key Resolve und Foal Eagle werden die „bisher größten“ Militärmanöver sein. 290.000 südkoreanische Soldaten und 15.000 US-Soldaten werden daran teilnehmen.

Ein Vertreter des südkoreanischen Militärs erklärte letzte Woche vor der Presse, bei den Planspielen werde die Besetzung der gesamten koreanischen Halbinsel simuliert werden. „Bei den diesjährigen Operationen wird es u.a. um die Rückeroberung wichtiger Einrichtungen gehen, die tief in Nordkorea und sogar an dessen Nordgrenze liegen,“ erklärte er.

Laut dem Korea Herald sagte der Offizier außerdem: „Das Szenario wird einen Einsatz von Spezialkräften in Grenzgebieten zu China und Russland umfassen.“ Es wird erwartet, dass in diesen Zonen Truppen versuchen werden, chinesische und russische Streitkräfte an einem Eingreifen auf der koreanischen Halbinsel zu hindern. Mit anderen Worten, amerikanische und südkoreanische Militärplaner bereiten bereits einen viel umfangreicheren Krieg vor, der bei einem Konflikt mit Nordkorea ausbrechen könnte.

Als Reaktion auf den nordkoreanischen Atomtest schickten die USA einen atomwaffenfähigen B52-Bomber nach Südkorea und deuteten an, sie planten die Stationierung von „strategischen Waffensystemen“ in Südkorea. Letzten Mittwoch verlegten die USA vier F-22-Tarnkappenjäger von ihrem Luftwaffenstützpunkt auf Okinawa auf die koreanische Halbinsel. Weiteres Kriegsgerät wie B-2-Tarnkappenbomber und der Flugzeugträger USS John C. Stennis werden an den gemeinsamen Übungen im nächsten Monat teilnehmen.

Die USA und Südkorea haben bereits formelle Verhandlungen über die Stationierung einer Terminal High-Altitude Area Defense (THAAD)-Raketenabwehrbatterie in Südkorea aufgenommen. Die Ankündigung löste in China und Russland Bedenken aus, das THAAD-System solle benutzt werden, um ihre atomare Abschreckung zu untergraben. Die USA haben Nordkoreas Vorgehen in der Vergangenheit immer wieder ausgenutzt, um ihre militärische Aufrüstung in der Region im Rahmen des „Pivot to Asia“ zu rechtfertigen, der sich vor allem gegen China richtet.

Abgesehen von militärischen Maßnahmen greift Südkorea Nordkorea auch mit diplomatischen Mitteln an. Vor kurzem hat es die UN-Mitgliedschaft Nordkoreas in Frage gestellt. Seouls UN-Botschafter O Jun erklärte vor dem UN-Sicherheitsrat, Nordkorea habe durch sein Verhalten in den letzten zehn Jahren gegen seine Versprechen verstoßen, sich an die Verpflichtungen der UN-Charta zu halten. Er erklärte, durch diese Verstöße stelle es „seine Qualifikation als Mitglied der Vereinten Nationen in Frage.“

Artikel zwei der UN-Charta erlaubt zwar den Ausschluss eines Mitgliedsstaates, aber dies wurde bisher kaum genutzt. Südkorea hofft, Nordkorea, einen der isoliertesten Staaten der Welt, noch weiter auszugrenzen und die politische Krise des Regimes in Pjöngjang zu verschärfen. Einer solche Entwicklung hätte unvorhersehbare und gefährliche Konsequenzen.

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