Krise in der Republikanischen Partei nach Romneys Angriffen auf Trump

In einer bemerkenswerten Ansprache hat der republikanische Präsidentschaftskandidat des Jahres 2012, Mitt Romney, am Donnerstag in der Utah State University Donald Trump angeprangert, der zurzeit bei den Vorwahlen der Partei für die nächste Präsidentschaftswahl an der Spitze liegt. In einer 20-minütigen Rede, die von allen Kabelsendern übertragen und von einem landesweiten Publikum verfolgt wurde, bezeichnete Romney Trump als Betrüger, eine Bedrohung für die Demokratie und als höchst ungeeigneten Mann für das Präsidentenamt.

Die Rede hat tiefgehende Spaltungen innerhalb der amerikanischen Elite offengelegt, die die Republikanische Partei gerade auseinanderreißen.

Romney, der sein Vermögen mit privaten Kapitalanlagen gemacht hat, konzentrierte seine Kritik an Trump auf dessen Positionen in der Wirtschafts- und der Außenpolitik. Trumps nationalistische Wirtschaftspolitik „würde einen Wirtschaftskrieg anzetteln, der die Konsumentenpreise hochtreiben, Arbeitsplätze für den Export vernichten und Unternehmer und Geschäftsleute zur Flucht aus Amerika veranlassen würde“, sagte er.

Bezeichnenderweise kritisierte er Trump von rechts, als er die Frage von Kürzungen bei der Sozialversicherung und bei Medicare anschnitt, die Trump angeblich ablehnt. Romney erklärte, dass Trumps „Ablehnung, die Versorgungsansprüche zu reformieren und die Ausgaben ehrlich anzugehen, das Defizit und die Staatsschulden steigern würde.“

Romney machte sich über Trumps Äußerungen lustig, dass er seinen Geschäftssinn der amerikanischen Wirtschaft als Ganzer zur Verfügung stellen wolle. Er fragte: „Und was ist passiert mit Trump Airlines? Was mit Trump University? Und dann waren da noch das Trump Magazine und Trump Vodka und Trump Steaks und Trump Mortgage? Ein genialer Geschäftsmann ist er nicht gerade.“

Hinsichtlich der Außenpolitik warnte Romney vor Trumps moslemfeindlicher Rhetorik, die die amerikanischen Verbündeten im Nahen Osten verprelle und dem IS behilflich sei. Außerdem griff er Trumps erklärte Bewunderung für den russischen Präsidenten Wladimir Putin an.

Seine Aussprüche steigerten sich insbesondere dahin, Trump als Person zu beleidigen: „das Schikanieren, die Raffgier, die Prahlerei, der Frauenhass, die absurde drittklassige Theatralik.“

Romney schloss mit einer Warnung vor der autoritären und antidemokratischen Ausrichtung, mit der Trump das Land regieren würde, doch er vermied das Wort „faschistisch“:

„Mr. Trump verfolgt keine edlen Ziele, wenn er unsere Wut abzulenken versucht. Er macht muslimische und mexikanische Einwanderer zu Sündenböcken, er fordert die Anwendung von Folter und die Tötung unschuldiger Kinder und Familienmitglieder von Terroristen. Er begrüßt Übergriffe auf Demonstranten. Er bejubelt die Aussicht, die Verfassung um die im ersten Zusatzartikel garantierte Pressefreiheit zu erleichtern. Das ist genau die Art von Wut, die schon andere Nationen in den Abgrund gerissen hat.“

Es ist in der amerikanischen Geschichte noch nicht vorgekommen, dass der nominelle Führer einer der beiden großen kapitalistischen Parteien das landesweite Fernsehen nutzt, um seinen wahrscheinlichen Nachfolger in solcher Form zu attackieren. Mit dieser Rede scheint Romney alle Brücken hinter sich abgebrochen zu haben und wird Trump, falls er die Nominierung gewinnt, schwerlich unterstützen.

Trumps Aufstieg wurde durch seine demagogischen und inhaltslosen Appelle an die weitverbreitete Unzufriedenheit befeuert. Sie konnte sich ausbreiten, weil die Demokratische Partei (und was in der amerikanischen Politik als „links“ durchgeht), nicht weniger als die Republikanische Partei, eine Politik verfolgt haben, die ausschließlich der Bereicherung der Wall Street diente. Die immensen Spannungen in den Vereinigten Staaten provozieren scharfe Konflikte innerhalb der herrschenden Klasse selbst und drohen die politischen Institutionen, die seit Generationen bestehen, auseinander zu reißen.

Vor Romneys Bemerkungen hatten am Donnerstag 95 außenpolitische Experten der Republikaner einen offenen Brief veröffentlicht, in welchem sie Trump verurteilten. Sie erklärten, sie würden ihn bei der Wahl im November nicht unterstützen, falls er sich bei der Nominierung durchsetzen sollte. Die Gruppe besteht aus einigen der skrupellosesten Verteidigern der Interessen des amerikanischen Imperialismus. Dennoch griffen sie Trump dafür an, dass er Wirtschaftskrieg und Folter propagiert und eine „hasserfüllte moslemfeindliche Sprache“ gebraucht, die „die Sicherheit und die verfassungsmäßig garantierten Freiheiten amerikanischer Muslime in Gefahr bringt.“

Zu den Unterzeichnern gehören Angehörige der früheren Bush-Regierung wie Michael Chertoff, Eric Edelman, Peter Feaver, Frances Townsend, Philip Zelikow und Robert Zoellick, sowie Befürworter des Irak-Kriegs aus dem akademischen Milieu und Medienkreisen wie Max Boot, Eliot Cohen, Niall Ferguson und Robert Kagan.

Wie diese Liste von Kriegsverbrechern und ihren Apologeten offenbart, sind jene Gestalten in der Republikanischen Partei, die sich gegen Trump stellen, genau so reaktionär wie der milliardenschwere Demagoge selbst. Sie greifen seine soziale Demagogie, so begrenzt sie auch ist, deswegen an, weil die nächste (demokratische oder republikanische) Regierung vor der Aufgabe stehen wird, die wenigen übrigen Reste des sozialen Netzes in den Vereinigten Staaten zu zerschlagen.

Sie befürchten, dass Trumps Brandreden und sein aggressives Auftreten bei einer Nominierung, ganz zu schweigen von einer Präsidentschaft, politische Explosionen provozieren könnten, sowohl international als auch innerhalb der Vereinigten Staaten.

Romneys Kritik an Trump lässt bemerkenswerterweise vollständig die lange Geschichte der Zusammenarbeit und Unterstützung der Republikanischen Partei mit rassistischen und antidemokratischen Kräften aus. Sie reicht bis zur „Southern Strategy“ von Richard Nixon zurück, die vorsah, mit der George-Wallace-Bewegung zu kooperieren. George Wallace, viermaliger Gouverneur des Bundesstaates Alabama, führte 1968 einen rassistischen Law-and-Order-Präsidentschaftswahlkampf, bei dem er für die von ihm gegründete rechte American Independent Party antrat, obwohl er der Demokratischen Partei angehörte. Am meisten gleicht Trump in Stil und politischem Fokus, wenn nicht sogar der Biographie, jenem Gouverneur von Alabama.

Romney rief die republikanischen Wähler auf, einen der verbliebenen drei Kandidaten taktisch zu unterstützen, die gegen Trump antreten – Senator Ted Cruz aus Texas, Senator Marco Rubio aus Florida oder John Kasich, der Gouverneur von Ohio –, je nachdem welcher von ihnen in einem Staat die besten Aussichten gegen Trump hat. Faktisch rief er dazu auf, sich für einen Kandidaten zu entscheiden, dessen Name auf dem republikanischen Nominierungsparteitag am 15. bis 18. Juli in den Ring geworfen werden müsste.

Romneys Ausfälle gegen Trump erhielten sofort Unterstützung von führenden Persönlichkeiten des Establishments der Republikanischen Partei, darunter von Senator John McCain, dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten von 2008. In den amerikanischen Medien gab es eine Welle zustimmender Kommentare.

Sowohl der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, als auch der Sprecher im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, erklärten, sie würden Trump unterstützen, falls er die Vorwahlen gewinne. Die meisten großen Geldgeber der Republikaner, angeführt von den Koch-Brüdern – zwei Milliardären, die bereits 400 Millionen Dollar in die republikanische Kampagne für 2016 spülten – gingen einer Konfrontation mit Trump aus dem Weg. Nach Romneys Ansprache bestätigte ein Sprecher der Kochs erneut, dass sie keine Position in den Vorwahlen beziehen würden.

Romneys Rede dominierte die Medienberichterstattung vor dem TV-Duell in Detroit am Donnerstagabend, wo den vier verbliebenen republikanischen Kandidaten die Bühne des Fox Theatre zur Verfügung stand. Die erste Frage an Trump gab ihm gleich Gelegenheit, auf Romneys Bemerkungen zu antworten – was er in typischer Weise tat und Romney als einen „gescheiterten Kandidaten“ angriff, der sehr einfach „Präsident Obama hätte schlagen müssen.“

Keiner der drei Konkurrenten und auch keiner der drei Moderatoren von Fox News versuchte, das Thema warm zu halten und Romney blieb bis zum Schluss der Debatte unerwähnt. Doch die abschließende Frage, die an alle Kandidaten gerichtet wurde, war, ob sie bereit wären, den republikanischen Kandidaten zu unterstützen. Cruz, Rubio und Kasich sagten zu, Trump zu unterstützen, falls er gewinne und Trump war einverstanden, den siegreichen Kandidaten zu unterstützen, falls er selbst verliere.

Die gesamte Debatte bestand aus Versuchen der vier Kandidaten, auf jede Frage die möglichst rechte Haltung zu zeigen – bei der Einwanderung, bei Terrorismus, bei sozialen Fragen wie Homo-Ehe und Abtreibung sowie bei Militärausgaben. Über die tatsächlichen Lebensbedingungen von hunderten Millionen arbeitender Menschen gab es kaum oder gar keine Diskussion.

Als die Interviewer nach 90 Minuten der Debatte in Detroit schließlich die obligatorische Frage zur Bleivergiftung von Kindern in Flint und zur Massenarbeitslosigkeit und zur De-Industrialisierung im ganzen Südosten von Michigan stellten, hatten die Kandidaten offensichtlich Mühe, ihr fehlendes Interesse an diesem Thema zu verbergen. Entweder gaben sie oberflächliche, sympathiebekundende Erklärungen ab oder nahmen die Gelegenheit wahr, wie Cruz, eine Hetzrede gegen staatliche Eingriffe in die Wirkmechanismen des Marktes zu führen.

In ihren vorbereiteten Schlussbemerkungen zum Ende der Debatte wiederholten Trump, Rubio und Kasich altbekannte, hohle Phrasen. Cruz hingegen brachte erneut das rechteste Statement und richtete einen ungewöhnlichen Aufruf an Soldaten und Polizisten, seine Kampagne zu unterstützen. Er versprach, alle Beschränkungen bei der Gewaltanwendung aufzuheben und – im Falle der Polizei – „ihnen den Rücken“ gegen jede Kritik zu stärken, die sich gegen die massiven Polizeimorde an unbewaffneten Bürgern erhebt.

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