Perspektive

Warnungen vor einem neuen globalen Wettrüsten

Am heutigen Donnerstag kommen die Führer der USA, von China, Großbritannien, Frankreich, Italien, Indien und mehr als fünfzig weiteren Ländern zum zweijährlichen Gipfeltreffen über nukleare Sicherheit in Washington zusammen. Das Gipfeltreffen wird weitgehend von bedeutungslosen Erklärungen von Einheit und internationaler Zusammenarbeit angesichts der neuesten Welle terroristischer Angriffe in Europa geprägt sein.

Hinter den Kulissen zeigen Analysen von Geheimdiensten und Denkfabriken, deren Berichte nur selten, wenn überhaupt in der nationalen Presse oder den Nachrichtensendungen erwähnt werden, eine andere Wirklichkeit. Die Entscheidung Russlands keinen Vertreter zum Gipfeltreffen zu schicken, deutet darauf hin.

Eine Studie, die Anfang des Jahres vom Center for Strategic and Budgetary Assessments (Zentrum für Strategische und Haushaltsschätzungen) veröffentlicht wurde, trägt den Titel „Rethinking Armageddon: Scenario Planning in the Second Nuclear Age“ (Armageddon neu überdenken: Szenarienplanung für das zweite nukleare Zeitalter).

Der private Informationsdienst Stratfor erklärt, die Welt befinde sich mitten in einem „neuen Wettrüsten“, bei dem die großen globalen Mächte, angeführt von den USA, offensiv daran arbeiteten, sowohl ihre konventionellen als auch die Atomwaffen zu modernisieren und zu erweitern.

2010 gelobte US-Präsident Barack Obama feierlich, die USA würden „keine neuen nuklearen Sprengköpfe entwickeln, keine neuen Militärmissionen oder neue Fähigkeiten anstreben“. Wie die meisten seiner Versprechen hat er auch dieses gebrochen. Das Weiße Haus hat ein Programm über eine Billion Dollar in die Wege geleitet, um das Atomwaffenarsenal der USA zu modernisieren. Mit dem Programm werden die existierenden Atomsprengköpfe erneuert, auf hochpräzisen Lenkflugkörpern angebracht und ihr Detonationswert angepasst, um sie auf dem Schlachtfeld einfacher zusammen mit konventionellen Waffen einsetzen zu können.

Zwei ehemalige hohe Beamte des Verteidigungsministeriums haben neulich einen Bericht für die Union of Concerned Scientists (Vereinigung besorgter Wissenschaftler) geschrieben, in dem sie davor warnen, dass die Pläne des Weißen Hauses „von vielen als Verletzung des Versprechens der Regierung gesehen würden, keine neuen Atomwaffen zu entwickeln oder einzusetzen“.

Im Januar verkündete das Verteidigungsministerium, dass es Pläne auf den Weg gebracht habe, die U-Boote der Ohio-Klasse für den Abschuss ballistischer Raketen ab dem Jahr 2021 durch eine komplette Neukonstruktion zu ersetzen. Jedes dieser 14 U-Boote der US-Marine stellt die fünftmächtigste Militärmaschine der Welt dar. Jedes U-Boot führt 24 Trident-II-Raketen mit sich. Jede dieser Raketen verfügt über acht Sprengköpfe mit einer Sprengkraft, die bis zu 36-mal stärker ist als die „Little Boy“ – die Atombombe, die 1945 in Hiroshima Hunderttausende getötet hat.

Dennoch betrachtet die Marine das als unzureichend. Jedes der zwölf neuen U-Boote soll zwischen sechs und acht Milliarden Dollar kosten (ein Boot der Ohio-Klasse hatte noch zwei Milliarden gekostet). Diese Schätzung berücksichtigt noch nicht die Kosten für Forschung und Entwicklung, den Preis der fast 200 nuklearen Sprengköpfe für jedes der U-Boote und die damit verbundenen Betriebskosten.

Jedes dieser U-Boote kostet damit schätzungsweise fünf- bis zehnmal mehr als der Bau eines großen Universitätsklinikums, in dem Tausende von Menschen behandelt werden könnten.

Die dramatische Ausweitung des amerikanischen Atomarsenals ist Teil einer radikalen Modernisierung ihrer Streitkräfte, darunter auch die Anschaffung neuer F-35 Kampfflugzeuge, deren Kosten nach neuen Zahlen alleine auf 1,12 Billionen Dollar hochgeschossen sind.

Die US-Luftwaffe hat sich beschwert, dass sie keine Tarnkappenflugzeuge der neuesten Generation besitzt, die in der Lage sind, Atomwaffen mit hoher Sprengkraft abzuwerfen. Daraufhin wurde die Anschaffung der neuesten US-Bomber verkündet, der Northrop Grumman B-21, von denen die Luftwaffe 100 Exemplare kaufen will, für eine halbe Milliarde Dollar das Stück.

Die nächste Waffengeneration, darunter Laserkanonen, Railguns (Schienengewehre) und Hyperschall-Raketen, wird bereits in der Praxis getestet und voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren in die Produktion gehen. Stratfor schreibt: „Da sich der Wettkampf zwischen Russland, China und den Vereinigten Staaten darüber verschärft, wer [die Waffen der nächsten Generation] zuerst einsetzt, wird jeder verwundbarer gegenüber einem Angriff des anderen werden. Wenn die Spannungen steigen, dann steigt auch das Risiko von Präventivschlägen unter den langjährigen Rivalen.“

Zahlreiche Berichte warnen davor, dass die Entwicklung präzisionsgelenkter, hypersonischer und anderer nichtatomarer Waffen der nächsten Generation zusammen mit der Miniaturisierung von Atomsprengköpfen und der Entwicklung präzisionsgelenkter nuklearer Trägersysteme den sogenannten „Schutzwall“ zwischen konventioneller und atomarer Kriegsführung einreißt. Aus diesem Grund denken besonders US-Strategen in zunehmendem Maße darüber nach, ob ein Atomkrieg „zu gewinnen“ sei.

Vor dem Hintergrund geopolitischer Verschiebungen und der Entwicklung der technischen Möglichkeiten verändern das US-Militär und die zugehörigen Denkfabriken ihre Doktrinen und ihre Terminologie.

In den Worten des Autors Paul Bracken ist die Welt in das „zweite Atomzeitalter“ eingetreten. Die USA müssten bereit sein, „heute Nacht zu kämpfen“, wie Admiral Harry B. Harris es ausdrückte, als er zum Befehlshaber der Pazifikflotte ernannt wurde. Der Wissenschaftler Michael Carl Haas hat über den „zweiten Pazifischen Krieg“ geschrieben, an dem die USA und China beteiligt sein würden und auf beiden Seiten „selbstverständlich schmerzliche“ und „sehr hohe“ „Verluste an Schiffen, Matrosen und Piloten erwartet werden müssten“.

Es ist eine bekannte Tatsache, dass in der Zeit vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs ein Rüstungswettlauf zwischen Deutschland, Großbritannien und den anderen imperialistischen Mächten stattfand. Es ging darum, wer die neuesten und größten Kriegsschiffe baute und am schnellsten die traditionellen Streitkräfte aufrüstete. Von 1908 bis 1913 stiegen die Militärausgaben der europäischen Mächte um 50 Prozent.

Niemand sollte glauben, dass das heutige Wettrüsten andere Folgen haben wird. Die Waffen, die einen erheblichen Anteil des Reichtums der Welt absorbieren, sind dazu da, um eingesetzt zu werden. Zum ersten Mal besteht die Gefahr eines Weltkriegs zwischen Atommächten unter Bedingungen, die sich so verändert haben, dass ein Ausbruch immer wahrscheinlicher wird.

Die Menschheit befindet sich in einer gefährlichen Situation. Der Imperialismus droht die Welt in eine Katastrophe zu stürzen, die nur mit revolutionären Mitteln abgewendet werden kann.

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