Die USA verstärken ihre Luftangriffe auf Zivilisten im Irak und in Syrien

Seit letztem Herbst haben US-Kampfflugzeuge ohne öffentliche Ankündigung durch die Regierung und das Militär zivile Gebiete im Irak und Syrien bombardiert. Dabei kam eine Lockerung der Einsatzregeln zur Anwendung, die das US-Verteidigungsministerium am vergangenen Mittwoch bekannt gegeben hat.

Nach diesen neuen Regeln können die US-Streitkräfte jedes Gebiet angreifen, von dem angenommen wird, dass es einen „nicht-kombattanten Wert“ von zehn hat, d.h. dass wahrscheinlich weniger als zehn Zivilisten als Folge des Angriffs sterben werden.

Angesichts des aktuellen Umfangs der Luftangriffe bedeuten die erweiterten Einsatzregeln, dass das Pentagon jeden Monat Tausende von Zivilisten umbringen kann.

Allein in diesem März haben US-Kampfflugzeuge fast 2.000 Bomben auf den Irak und Syrien abgeworfen, im Vergleich zu 1.700 Bomben im vorangegangenen März. Im letzten November hat die von den USA angeführte Koalition mit 3.3000 abgeworfenen Bomben einen neuen Monatsrekord aufgestellt.

Seit dem Beginn der „Operation Inherent Resolve“ im August 2014 wurden der Irak und Syrien zusammen mit mehr als 40.000 Bomben attackiert. Die große Mehrheit davon wurde von amerikanischen Firmen hergestellt und von amerikanischen Flugzeugen abgeworfen.

Am Dienstag verteidigte der pensionierte General der US-Luftwaffe, David Deptula, der für das Mitchell Institute for Aerospace Studies arbeitet, die erweiterten Luftangriffe und erklärte gegenüber USA Today: „Die graduellen, quälend langsamen, schrittweisen Maßnahmen der gegenwärtigen Regierung bleiben weit hinter den Prinzipien der modernen Kriegsführung zurück und orientieren sich an dem Konzept der Regierung Johnson.“

Die Enthüllungen fallen zusammen mit vermehrten Anzeichen dafür, dass Washington eine Ausweitung der militärischen Gewalt gegen die Arbeiterklasse und die unterdrückten Massen des Nahen Ostens vorbereitet. Sie ist Teil einer allgemeinen Ausweitung der Militäroperationen in der gesamten Region in Zusammenarbeit mit der saudischen Monarchie und den Golf-Scheichtümern.

Während eines Besuchs in Abu Dhabi am Mittwoch forderte US-Verteidigungsminister Ashton Carter ein größeres Engagement der Regierungen des Golf-Kooperationsrats Kuwait, Bahrain, Katar und Vereinigte Arabische Emirate im US-Krieg gegen den Irak und Syrien.

Der Chef des US-Verteidigungsministeriums verlangte von den arabischen Monarchien neue Maßnahmen, um dem Iran entgegenzutreten. Dazu zählte er gemeinsame Patrouillen an den Küsten des Jemen im Roten Meer und im Golf von Aden und die Unterstützung von US-Projekten zur Entwicklung von Cyber-Kriegsführung, von Spezialeinsätzen sowie der Verbesserung der Marine- und Raketenabwehrfähigkeit der arabischen Staaten.

Carter erklärte: „Das US-Militär verpflichtet sich auch weiterhin und ist in der Lage, auf iranische Niedertracht, destabilisierende Aktionen und abschreckende Aggressionen gegen unsere regionalen Freunde und Verbündeten zu reagieren.“

In den kommenden Monaten werde das amerikanische Militär seine Kriegsoperationen im Irak und in Syrien „beschleunigen“, erklärte Carter am Montag. Im Verlauf von Ausführungen, die er in Bagdad, machte, enthüllte Carter Pläne, mehr als 200 zusätzliche US-Soldaten im Irak zu stationieren, zusammen mit Apache-Kampfhubschraubern und High Mobility Artillery Rocket-Systemen (HIMARS – Raketenwerfer für Angriffe aus großer Distanz).

Laut Carter solle diese Verstärkung groß angelegte Angriffe unterstützten, die das Ziel haben, Mossul und andere irakische Städte zurückzuerobern, die derzeit unter Kontrolle des Islamischen Staats (IS) stehen.

All diese Ankündigungen unterstreichen die Tatsache, dass Washington trotz der diplomatischen Annäherungsversuche der Obama-Regierung an Teheran auch weiterhin seine bewaffnete Aggression in der gesamten Region fortsetzen und dem iranischen Einfluss mit militärischen Mitteln begegnen will.

Bruce Riedel, ehemaliger Mitarbeiter der CIA und Geheimdienstanalyst der Brookings Institution, erklärte gegenüber CNN: „Trotz aller Differenzen werden Saudi-Arabien und Amerika sich nicht trennen. Wir brauchen einander.“

Obwohl tatsächlich Unstimmigkeiten im zwischen den USA und Saudi-Arabien aufgekommen sind, bleibt das Königreich die zentrale Stütze der amerikanischen Vorherrschaft in der Region.

In einem Bericht des Center for Strategic and International Studies (CSIS – Zentrum für internationale und strategische Studien) von Mittwoch mit dem Titel „Die Perspektive der Saudis und der Golfstaaten auf den Besuch von Präsident Obama“ erklärt der führende amerikanische Stratege Anthony Cordesman die unverzichtbare Rolle des Bündnisses der USA mit Saudi-Arabien in der US-dominierten Weltordnung, die am Ende des Zweiten Weltkriegs errichtet wurde.

Cordesman stellt fest: „Amerikas strategische Bindungen an Saudi-Arabien und die anderen Golfstaaten, wozu in der Praxis Bahrain, Jordanien, Kuwait, Oman, Katar, und die Vereinigten Arabischen Emirate gehören, war entscheidend für die strategischen Interessen der USA, nachdem sich Großbritannien aus dem Golf zurückgezogen hat. Die strategische Partnerschaft zwischen den USA und Saudi-Arabien wurde immer wichtiger, seit sich Präsident Roosevelt am 14. Februar 1945 mit König Ibn Saud an Deck der USS Quincy im Suez-Kanal getroffen hat.“

Die politische und militärische Vorherrschaft der USA über die arabische Halbinsel und den persischen Golf ist die Voraussetzung für das, was Cordesman als zentrale Priorität der amerikanischen Politik in der Region ansieht. Unter anderem schreibt er: „Den sicheren Export von zirka 17 bis 18 Millionen Barrel Erdöl pro Tag aus dem Golf zu garantieren und den Export von Erdöl, Gas und anderen Produkten ständig zu steigern, um den Anforderungen des globalen Markts gerecht zu werden.“

Cordesman warnt, die Kontrolle der USA über diese Rohstoffe erfordere die kontinuierliche Finanzierung der Golfstaaten zur Unterstützung der „Waffensysteme, die auf gemeinsame Aktionen gegen den Iran zugeschnitten sind“. Die USA müssten eng mit ihren regionalen Partnern zusammenarbeiten, um „mit der ganzen Palette von Bedrohungen durch den Iran fertig zu werden“. Man müsse „der ständigen Ausweitung des iranischen Einflusses entgegenwirken wie auch der Bewaffnung von nichtstaatlichen Akteuren und Stellvertreter-Truppen vom Libanon und dem Gazastreifen bis nach Syrien und dem Irak, die Staaten wie Kuwait, Bahrain und den Jemen bedroht“.

Die Kriege im Irak und Syrien, die unter dem Banner „des Kriegs gegen den IS“ geführt werden, verfolgen vor allem auch das Ziel, zu verhindern, dass der Iran sich zu einer regionalen Führungsmacht entwickelt. Diese Gefahr ist akuter geworden, da der iranische Einfluss sowohl im Irak als auch in Syrien infolge des Chaos, das die US-geführten Kriege in beiden Ländern angerichtet haben, gewachsen ist.

Der US-Imperialismus versucht verzweifelt seine Position durch die weitere Unterstützung und massive Waffenverkäufe an Saudi-Arabien und die Golfstaaten zu verteidigen. Diese heizen ihrerseits konfessionelle Konflikte in der Region an, bewegen sich auf eine direkte Konfrontation mit dem Iran zu und drohen im gesamten Nahen und Mittleren Osten einen Flächenbrand auszulösen.

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