Polen verabschiedet antikommunistisches Gesetz

Das polnische Parlament hat vor kurzem ein Entkommunisierungsgesetz verabschiedet, das die Kommunalverwaltungen zwingt, innerhalb eines Jahres alle Symbole aus dem öffentlichen Raum zu beseitigen, die den Kommunismus repräsentieren.

Der vollständige Name des Gesetzes lautet „Gesetz gegen die Verbreitung von Kommunismus und anderen totalitären Systemen durch die Namen öffentlicher Gebäude und Einrichtungen“. Es verbietet ab 1. April die öffentliche Darstellung von Namen, die an den Kommunismus erinnern, darunter „Personen, Organisationen, Ereignisse oder Daten, die das repressiv, autoritäre und nicht-souveräne polnische Regime von 1944-1989 symbolisieren“. Zudem stellt es Propaganda für den Kommunismus unter Strafe.

Das Institut für Nationales Gedenken (IPN), das als Geschichtspolizei der rechten Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) fungiert, hat vielen Kommunalbehörden Briefe mit einer Liste von über 1.300 der „eklatantesten Beispiele für die Verherrlichung der antipolnischen kommunistischen Ideologie“ in ihren Städten geschickt.

Unter den Organisationen und Personen auf der Liste der „verfluchten Kommunisten“ befinden sich u.a. die Freiwilligen der 13. Internationalen Brigade, auch als Dabrowski-Brigade bekannt, die während des Spanischen Bürgerkriegs von 1936-39 gegen Francos Faschisten gekämpft hatte; Mitglieder der revolutionären Arbeiterorganisation Proletariat II (1888-93), der Sozialdemokratie des Königreichs Polen und Litauens (SDKPiL, 1900-18) von Rosa Luxemburg, der Linken Polnischen Sozialistischen Partei (PPS-L, 1906-18), der Kommunistischen Partei Polens, der Linken Opposition in Polen (1918-38) und der Polnischen Volksarmee; Funktionäre aus der ehemaligen UdSSR und der Volksrepublik Polen (PRL, 1945-89) sowie „linke“ Schriftsteller wie Julian Tuwim, Jan Brzechwa und Władysław Broniewski.

Diese Liste von Namen macht deutlich, dass sich das Gesetz vor allem gegen die revolutionären Anführer der polnischen sozialistischen Arbeiterbewegung und prosowjetische Antifaschisten richtet. Um den Angriff auf das Vermächtnis der revolutionären marxistischen Bewegung in Polen und der Sowjetunion zu rechtfertigen, werden ihre ehrenwertesten Anführer mit den Verantwortlichen für die Verbrechen der stalinistischen Agenten und Bürokraten sowie mit Faschisten und Nazis in einen Topf geworfen.

Bereits Artikel 13 der polnischen Verfassung von 1997 und Artikel 256 des Strafgesetzbuchs verbieten Parteien und Organisationen, die sich auf die totalitären Methoden und Praktiken des Nazismus, des Faschismus und des Kommunismus berufen oder Rassenhass und Gewalt propagieren. Nazismus, Faschismus, Kommunismus und Rassismus werden bewusst im gleichen Atemzug erwähnt, als wären sie Synonyme.

Die Gleichsetzung von Kommunismus mit Nazismus und Faschismus, und, durch den Begriff „totalitärer Kommunismus“ mit dem Stalinismus, ist Teil einer bewussten Kampagne. Diese pervertierte Geschichtsfälschung soll die Arbeiterklasse verwirren und die Entstehung einer revolutionären sozialistischen Bewegung verhindern.

Während des Zweiten Weltkriegs verübte Hitler-Deutschland auf dem polnischen Staatsgebiet Verbrechen von ungeheuerem und beispiellosem Ausmaß. Die Rote Armee war von entscheidender Bedeutung beim Sieg über das Dritte Reich und bei der Befreiung der Juden und anderer Völker aus den Vernichtungs- und Konzentrationslagern. Dass die UdSSR trotz der verbrecherischen Rolle der stalinistischen Bürokratie Widerstand gegen die Kriegsmaschinerie der Nazis leisten und sie schließlich besiegen konnte, war ein Ausdruck der enormen Stärke der Oktoberrevolution von 1917.

Die Schikanen gegen linke Organisationen und die Unterstützung nationalistischer und faschistischer Kräfter durch die polnischen Behörden zeigen, dass sich dieses angeblich „anti-totalitäre“ Gesetz nicht gegen Faschismus oder Nazismus richtet, sondern gegen den Sozialismus und das Vermächtnis der Oktoberrevolution.

Am 31. März dieses Jahres wurden vier Aktivisten der stalinistischen Kommunistischen Partei Polens (KPP) vom Bezirksgericht Dąbrowa Górnicza in Schlesien zu einer neunmonatigen Haftstrafe auf Bewährung sowie Zwangsarbeit und Geldstrafen verurteilt, weil sie im Internet und auf ihrer Zeitung Brzask „kommunistische Ideologie“ propagiert hatten. Etwas später, am 16. April, durften etwa 400 Neofaschisten ungestraft eine Kundgebung zum 82. Jahrestag der Gründung der Partei ONR (Nationradikales Lager) in Białystok organisieren.

Es ist bezeichnend, dass das reaktionäre Anti-Kommunismus-Gesetz verabschiedet wurde, ohne dass ein einziger Abgeordneter dagegen Protest eingelegt hätte.

Der Gesetzesentwurf wurde von der PiS eingebracht und ohne Gegenstimme mit 438 Stimmen und einer Enthaltung angenommen. Auch die Oppositionsparteien, u.a. der Bürgerplattform, die ihn mitverfasst hatte, und Die Moderne (Nowoczesna), die Lech Wałęsa nach dessen Entlarvung als stalinistischer Spion verteidigt hatte, stimmten für den Entwurf. Auch die Mitglieder der Polnischen Volkspartei (PSL), die während des sogenannten „nicht-souveränen Regimes von 1944-1989“ unter dem Namen Vereinigte Volkspartei (ZSL) firmiert hatte, stimmte dafür.

Eine der wichtigsten Kontroversen um das Gesetz dreht sich um Kriegsdenkmäler, die an den Kampf der Roten Armee zur Befreiung der Territorien des modernen Polens von der Nazi-Besatzung während des Zweiten Weltkriegs erinnern. Das IPN schlägt derzeit vor, mehr als 500 sowjetische Monumente in einen entfernten Freiluftmuseumspark zu verlegen.

Das Gesetz ist eine weitere offene Provokation gegen Russland und verschärft das ohnehin schon angespannte Verhältnis zwischen den beiden Staaten. Die russischen Behörden reagierten harsch: die russische Zivilkammer appellierte an die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und an die UNESCO, international einzugreifen.

Die Sprecherin der russischen Außenministeriums Maria Sacharowa erklärte: „Das intolerante Vorgehen Polens hinsichtlich der sowjetischen Denkmäler erinnert an die Taten der IS-Kämpfer im syrischen Palmyra.“ Sie kündigte an, Moskau werde solchen nahezu barbarischen Handlungen wie der Zerstörung von Denkmälern für Generäle und Soldaten, die für die Befreiung Europas vom Faschismus gekämpft haben, nicht tatenlos zusehen.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow erklärte, Polen habe durch die Verabschiedung des neuen Gesetzes die Spitzenreiterposition unter den Ländern eingenommen, die gegen sowjetische Denkmäler kämpfen. Während des letzten Jahres wurden 30 Denkmäler zu Ehren der Roten Armee geschändet oder rechtswidrig entfernt. Die Instandhaltung von Kriegsdenkmälern und Ruhestätten wird durch das bilaterale Abkommen von 1994 zwischen der Republik Polen und der Russischen Föderation garantiert.

In Polen befinden sich über 1.800 Friedhöfe, Denkmäler und Ruhestätten von Sowjetsoldaten. In den Jahren 1944 und 1945 wurden etwa 600.000 Rotarmisten während Kämpfen auf polnischem Staatsgebiet getötet. Sie retteten hunderttausende von polnischen Staatsbürgern vor der Umsiedlung und dem beinahe sicheren Tod in den Konzentrationslagern der Nazis. Die Polnische Volksarmee verlor an der Seite der Roten Armee etwa 17.500 Mann, alleine 5.000 davon in Kämpfen zur Eroberung der Befestigungen der Pommernstellung. Jetzt werden diese Soldaten als Verräter hingestellt, die den Sowjets bei der Besetzung Polens geholfen haben.

Der Sprecher des polnischen Außenministeriums erklärte als Reaktion auf Lawrows Kritik, das Abkommen von 1994 betreffe nicht die sogenannten symbolischen Denkmäler. Diese seien ein „klares Symbol der Sowjetherrschaft über Polen“ und ihre Entfernung sei kein Verstoß gegen die Vorgaben des Abkommens.

Eine solche Auslegung ist dank der Resolution 1652 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates von 2009 möglich. Sie macht einen Unterschied zwischen „Kriegsgräbern und Siegesdenkmälern, die zur Verherrlichung totalitärer Regimes oder ehemaliger Besatzungstruppen errichtet wurden. Die Versammlung sprach sich ausdrücklich für die Beseitigung des Erbes früherer „kommunistischer totalitärer Systeme“ aus.

Um die Geschichte umzuschreiben und die Rolle der Sowjetunion beim Sieg über Hitler-Deutschland zu verringern, billigte das polnische Parlament im letzten Jahr ein Gesetz, das den Feiertag zum Gedenken an die Kapitulation Hitler-Deutschlands vor der UdSSR am 9. Mai auf den 8. Mai verlegt, den Tag der Kapitulation vor den Westalliierten. Durch die Zerstörung von Kriegsdenkmälern und die Verlegung öffentlicher Feiertage hofft das Regime, eine unbequeme geschichtliche Tatsache zu verdrängen: dass Polen nicht von den Westalliierten von den Nazis befreit wurde, sondern von der sowjetischen Roten Armee.

Die erste Welle der Entkommunisierung fand bereits kurz nach der Wiedereinführung des Kapitalismus Anfang der 1990er Jahre statt. Damals wurden viele Straßen, Parks und Gebäude umbenannt, die nach Anführern der polnischen und internationalen Arbeiterbewegung oder Ereignissen benannt waren, die an den Sieg der Roten Armee über die Nazis erinnerten. Stattdessen erhielten sie die Namen von nationalistischen Ideologen, imperialistischen Staatsoberhäuptern, katholischen Kardinälen und autoritären Diktatoren aus der Vorkriegszeit. Zu den neuen Namenspaten gehörten der antisemitische Kardinal Stefan Wyszyński, der antikommunistische Papst Johannes Paul II., der rechtsextreme Nationalist Roman Dmowski und der autoritäre Diktator Józef Piłsudski.

Die für die Entkommunisierung zuständigen Kommunalverwaltungen hatten es aufgrund der hohen Verwaltungskosten und der Proteste von Anwohnern nicht immer eilig, die Veränderungen umzusetzen. Mit der Verabschiedung des neuesten Gesetzes wird die Vergabe neuer Namen für die fraglichen Straßen und Gebäude verbindlich. Die Kosten für das Projekt werden auf 1,5 Millionen Zloty (etwa 350.000 Euro) geschätzt.

Dem Entkommunisierungsgesetz in Polen gingen ähnliche Vorhaben in anderen Ländern voraus, u.a. in Ungarn, Moldawien und der Ukraine. In einigen Fällen wurden sie für verfassungswidrig erklärt oder als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskommission eingestuft. Im Falle Moldawiens erklärte die Venedig-Kommission, der Einsatz von Symbolen wie Hammer und Sichel oder dem roten Stern durch Personen und Parteien, die keine totalitäre Ideologie vertreten, könnte nicht als gefährliche Propaganda eingestuft werden.

Die polnische und internationale Arbeiterklasse muss diese reaktionären und völlig undemokratischen Gesetze zurückweisen. Die zynische Verfälschung der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts zielt darauf ab, den Kriegskurs gegen Russland zu rechtfertigen, den das nationalistische Regime in Polen im Auftrag der Nato durchsetzt. Indem sie das heutige bürgerliche Russland mit der UdSSR gleichsetzen, wollen sie nicht nur das Erbe der Sowjetunion und ihres Sieges über den Faschismus auslöschen, sondern auch das Vermächtnis der sozialistischen Bewegung in Polen und die Errungenschaften der Arbeiterklasse, die nach der Gründung der pro-sowjetischen PRL 1945 eingeführt wurden.

Die Tatsache, dass das Entkommunisierungsgesetz 27 Jahre nach dem Zusammenbruch der PRL verabschiedet wurde, während große Desillusionierung über den Kapitalismus herrscht und die Arbeiterklasse gegen die Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen protestiert, entlarvt das wahre Ziel des Gesetzes. Es ist vor allem eine präventive Maßnahme, um jeden Widerstand im Inland gegen den Kapitalismus zu unterdrücken. Die Umschreibung der Geschichte und das Schüren von üblem Nationalismus und Russophobie zielen direkt darauf ab, die Vereinigung der polnischen und russischen Arbeiter zu verhindern. Sie sollen daran gehindert werden, die Lehren aus der revolutionären Arbeiterbewegung zu ziehen, die im zwanzigsten Jahrhundert eine so mächtige Bedrohung für den Kapitalismus war.

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