Die verlogene und hohle Rede Hillary Clintons

Am Donnerstagabend nahm Hillary Clinton in einer fast einstündigen Rede die Nominierung der Demokratischen Partei für das Präsidentenamt an. Ihre Rede im Wells Fargo Center in Philadelphia war unehrlich, hohl und nicht überzeugend.

Alles an diesem Schlussakkord des Demokratischen Parteitags klang falsch. Während Bill Clinton aus dem Publikum heraus agierte, führte Tochter Chelsea ihre Mutter ein, als ob die verkommene Clinton-Dynastie in der politischen Geschichte Amerikas irgendeine bedeutende Rolle gespielt hätte. Die Clintons sind in erster Linie für ihre Korruption berüchtigt. Das Paar hat von 2001 bis 2014 mithilfe seiner Beziehungen zu den großen Finanzhäusern der Wall Street und zu riesigen Konzernen 230 Millionen Dollar gescheffelt.

Am Donnerstagabend ging es offensichtlich darum, Hillary Clinton menschlicher und „weicher“ zu präsentieren. Ihre miserablen Umfragewerte von 38,4 Prozent positiv zu 55,6 Prozent negativ sind nur geringfügig besser als die von Donald Trump. Beide Kandidaten gelten als unbeliebt und werden von Millionen Menschen, die sie als Vertreter einer reichen Elite wahrnehmen, mit Argwohn betrachtet.

Chelsea Clinton beschrieb ihre Mutter in strahlenden Farben als „wundervoll, nachdenklich, fröhlich“. Man fragte sich, wen sie wohl meinen könnte. Die Übertreibung war geradezu absurd. Die Banalisierung der amerikanischen Politik hat neue Dimensionen erreicht. Auch einige Teilnehmer im Saal schauten peinlich berührt aus der Wäsche.

Der Betrug setzte sich in einer schmeichlerischen Videopräsentation mit Kommentaren des unvermeidlichen Schauspielers Morgan Freeman fort, der angeblich Hillary Clintons Leben erzählte. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 und Osama bin Ladens Ermordung kamen darin vor, nicht jedoch die Millionen Toten im Irak, in Afghanistan, Libyen und Syrien, für die Hillary Clinton ein gerüttelt Maß an Verantwortung trägt.

Es gelang Clinton, eine 56-minütige Rede zu halten, von der kein einziger Satz oder Ausdruck im Gedächtnis bleiben wird. Die ihr gestellte Aufgabe hätte natürlich auch fähigere Personen scheitern lassen: Sie musste die amerikanische Öffentlichkeit, oder den Teil, der die Rede vor dem Fernseher verfolgte, davon überzeugen, dass diese bluttriefende Partei der Wirtschaft am Wohlergehen der Menschen interessiert ist.

Sie machte einige rituelle Bemerkungen darüber, dass die Fragen von „wirtschaftlicher und sozialer Gerechtigkeit an die erste Stelle gehören“. Clinton versicherte Bernie Sanders: „Deine Sache ist unsere Sache. Unser Land braucht deine Ideen, Energie und Leidenschaft. Nur so können wir unser fortschrittliches Programm in wirkliche Veränderung für Amerika umsetzen.“ Sanders reagierte darauf von seinem Sitz im Saal aus beflissen und anerkennend.

An einer Stelle erklärte sie trocken: „Es gibt zu viel Ungleichheit, zu wenig soziale Mobilität“, und später sagte sie noch, sie sei für ein Land, „in dem die Wirtschaft jedem nützt, nicht nur denen an der Spitze, ein Land, wo man einen guten Arbeitsplatz bekommt und eine gute Schule für seine Kinder, egal wo man wohnt. Ein Land, in dem alle Kinder träumen können, und wo diese Träume in Reichweite sind.“ Hat irgendein Fernsehzuschauer oder auch nur eine einzige Person im Saal in Philadelphia ein Wort davon geglaubt?

„Niemand kann mit dem Status Quo zufrieden sein.“ Aber gerade den Status Quo repräsentiert Clinton mehr als alles andere. Sie ist die Kandidatin der Hochfinanz, des Militärs („unser nationales Kleinod“, wie sie es nannte), der Sicherheitsdienste und der selbstzufriedensten Teile der oberen Mittelschichten.

„Und hieran glaube ich: Ich glaube, dass Amerika blüht, wenn die Mittelklasse blüht. Ich glaube, dass unsere Wirtschaft nicht so funktioniert, wie sie sollte, weil unsere Demokratie nicht so funktioniert, wie sie sollte.“ Aber jedes Wort, jede Geste verriet, dass sie kein Wort davon glaubt. Alles war synthetisch und künstlich. Kein ernsthafter, sozial bewusster Zuschauer konnte sich von solch einer offensichtlichen Täuschung vereinnahmen lassen.

Clinton versprach, dass die Wall Street „nie mehr die Möglichkeit erhält, Main Street vor die Wand zu fahren“. Sie werde dafür sorgen, dass die „Wall Street, die großen Konzerne und die Superreichen einen fairen Anteil an den Steuern zahlen“. In Wirklichkeit wird dieses Sprachrohr der Finanzoligarchie keinen Finger gegen die Reichen rühren.

Die Rede war unwürdig und ermüdend. Sie hatte keinen Bezug zur Realität und verschwieg natürlich auch die Bilanz der Obama-Regierung, die für eine massive Zunahme der sozialen Ungleichheit verantwortlich ist. Durch diese Rede musste sich jeder Zuhörer beleidigt fühlen.

Clinton appellierte nicht überraschend an Patriotismus, Chauvinismus und Wirtschaftsnationalismus. Sie versprach, „China entgegenzutreten“ und „unsere Verbündeten in der Nato gegen jede Bedrohung zu verteidigen, z.B. gegen Russland“. Die wirkliche Gefahr durch die weit fortgeschrittenen Kriegsvorbereitungen gegen die Rivalen und Feinde des amerikanischen Imperialismus kam in ihrer Rede nicht vor. Daneben hob Clinton mehrfach unsere „mutige“ Polizei hervor.

Natürlich konnte sie auch nicht darauf verzichten, den historischen Charakter ihrer eigenen Kandidatur hervorzuheben: „Heute Abend haben wir einen Meilenstein auf dem Weg unserer Nation zu einer perfekteren Union genommen: Zum ersten Mal hat eine große Partei eine Frau für das Präsidentenamt nominiert.“ Weiter behauptete sie: „Wenn in Amerika eine Barriere fällt, wird der Weg für alle frei gemacht. Wenn es keine Decke mehr gibt, dann ist nur der Himmel die Grenze.“

Das ist eine Lüge. An Clintons Nominierung ist nicht das Geringste gesellschaftlich fortschrittlich. Sie stellt keinen Fortschritt für die Bevölkerung dar, weder für die Frauen, noch für die Bevölkerung insgesamt. Die soziale Ungleichheit unter Frauen ist schneller gestiegen als unter Männern, wobei sich der Prozentsatz der weiblichen Einkommen, der an das oberste Prozent der Frauen geht, seit den 1980ern verdoppelt hat.

Hillary Clinton vertritt diese reiche Elite, und ihre Lebensbedingungen haben mit denen von Dutzenden Millionen Frauen, die meist zu miesen Löhnen als Krankenschwestern, im Restaurant, im Büro, im Laden oder in einer Schule arbeiten, nicht das Geringste zu tun. Clintons politischer Aufstieg wird absolut keine Auswirkung auf deren Leben haben.

Unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer Hautfarbe vertreten bürgerliche Politiker die Interessen der herrschenden Klasse. Clinton versucht in den Olymp einzuziehen, in dem sich schon Margaret Thatcher, Golda Meir, Indira Gandhi, Sirimavo Bandaranaike, Isabel Peron, Corazon Aquino, Angela Merkel, Julia Gillard und Dilma Rousseff tummeln, jede von ihnen eine Feindin der Arbeiterklasse.

Wie der Parteitag der Republikaner war auch der Demokraten-Konvent ein reaktionäres Spektakel. Er vermischte Rassen- und Genderpolitik mit Militarismus und Nationalismus. Keine der beiden Parteien hat der Bevölkerung anderes zu bieten als Ungleichheit, autoritäre Regierungsformen und Krieg.

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