Sarkozy kündigt Präsidentschaftskandidatur auf Grundlage islamfeindlicher Hysterie an

Am letzten Donnerstag verkündete der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy von der Partei der Republikaner (Les Républicains, LR) seine Kandidatur zur Vorwahl der LR im November für die Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr. Er rief dabei zu beispiellosen Angriffen auf die demokratischen Rechte der Muslime auf. Sarkozy war von 2007 bis 2012 Präsident. Die Wahl 2012 verlor er schließlich gegen den gegenwärtigen Präsidenten der Sozialistischen Partei (PS), François Hollande.

Frankreich befindet sich immer noch im Ausnahmezustand, und Sarkozys Vorschläge sind politisch unmissverständlich: Sie würden Muslime zu Bürgern zweiter Klasse machen und ihnen grundlegende soziale und demokratische Rechte verweigern. Sarkozy rief dazu auf, das Recht der muslimischen Frauen, ihre religiöse Freiheit auszuüben und ihr demokratisches Recht, sich so zu kleiden, wie sie es wollen, mit Füßen zu treten. Laut seinen Plänen sollen der Schleier und die Burka am Arbeitsplatz und an Universitäten verboten werden. Das bedeutet, muslimische Frauen vor eine unannehmbare Wahl zu stellen: Sie müssen entweder ihre Religion aufgeben oder ihr Recht zu arbeiten und eine Ausbildung zu erhalten.

Sarkozy wählte für seinen Auftritt die Stadt Châteaurenard in Südfrankreich. Hier hatte der neofaschistische Front National (FN) bei den letzten Regionalwahlen bedeutende Wahlerfolge erzielt.

Die meisten Aussagen von Sarkozy stammen aus seinem neuen Buch „Alles für Frankreich“, das letzte Woche erschienen ist. In diesem Buch kündigt er seine Kandidatur an und fordert, das Familiennachzugsrecht für Immigranten abzuschaffen, die Zahl der Einwanderer drastisch zu reduzieren, scharfe Bestimmungen für den Erhalt der französischen Staatsbürgerschaft zu erlassen und die staatliche medizinische Versorgung von Einwanderern abzuschaffen.

Bei seiner Rede in Châteaurenard forderte Sarkozy, den Schleier zu verbieten, unter anderem „in Schulen, Universitäten, im öffentlichen Dienst und am Arbeitsplatz.“ Er behauptete, solche Praktiken bedrohten die französische Identität und erklärte dreist: „Unsere Identität ist bedroht, wenn wir Minderheiten erlauben, uns eine Lebensweise aufzuzwingen, die niemals unsere sein wird.“ Er fügt hinzu: „Ich möchte der Präsident sein, der die Autorität des Staates auf jedem Quadratzentimeter der Republik wiederherstellt.“

Solche Worte aus dem Munde eines ehemaligen Staatsoberhaupts sind ein Beleg für den atemberaubenden Zerfall der bürgerlichen Demokratie in Frankreich. Vor dem Hintergrund der zunehmenden wirtschaftlichen und militärischen Krise des kapitalistischen Systems wird immer klarer, dass die jahrzehntelange Strategie der französischen herrschenden Klasse, mit Appellen an islamfeindliche Stimmungen die Arbeiterklasse nach Ethnien zu spalten, ganz neue Dimensionen annimmt.

Eine ganze Religionsgemeinschaft aus Millionen von Menschen, die aus ethnischen Minderheiten bestehen und zum größten Teil zu den unterdrücktesten Teilen der Arbeiterklasse in Frankreich gehören, wird faktisch des Verrats beschuldigt. Die unausgesprochene Schlussfolgerung aus Sarkozys Worten läuft darauf hinaus, dass die schlichte friedliche Ausübung einer Religion, wie Millionen von Menschen sie in Frankreich praktizieren, bedeutet, die Autorität des Staats zu missachten und einen Akt der Illoyalität gegenüber der französischen Identität zu begehen.

Das Wiederaufleben rassistischer Politik unterstreicht die tiefe Krise der bürgerlichen Herrschaft in Europa angesichts wachsender Klassenspannungen. Wie durch das Anwachsen neofaschistischer Bewegungen überall in Europa deutlich wird, bewegt sich die europäische Bourgeoisie auf faschistische Herrschaftsformen zu. Das reicht von der FN in Frankreich über die ultrarechte Swoboda-Partei im Marionetten-Regime der Nato in der Ukraine bis zur Aufnahme der ultrarechten Unabhängigen Griechen in die Syriza-Regierung in Griechenland.

Sarkozys Vorschläge, muslimische Frauen von einer Beschäftigung und von den Universitäten auszuschließen, erinnern an einige der anfänglichen antisemitischen Gesetze des mit den Nazis kollaborierenden Vichy-Regimes während des Zweiten Weltkriegs. Es hatte Juden von einschlägigen Berufen wie Medizin und dem öffentlichen Dienst ausgeschlossen und ihren Zugang zu Universitätsstellen beschränkt. Das ebnete den Weg für die Praxis des Vichy-Regimes, den Juden schließlich die französische Staatsbürgerschaft zu entziehen und Juden aus Frankreich massenhaft in die Todeslager überall in Europa zu deportieren.

Damals wie heute hing die Verfolgung ganzer ethnischer und religiöser Gruppen durch den Staat mit wachsenden Klassenspannungen und dem Ausbruch eines imperialistischen Kriegs auf globaler Ebene zusammen.

Sarkozy hielt seine Rede in Châteaurenard zu einer Zeit, in der die französische Bourgeoisie mit einer explosiven Opposition innerhalb der Arbeiterklasse konfrontiert ist. Sie richtet sich sowohl gegen die Arbeitsmarktgesetze der PS, die grundlegende soziale Richtlinien abschaffen, als auch mit der Gefahr eines Weltkriegs, wie es sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat. Frankreich ist tief in die Kriegsvorbereitungen der Nato gegen Syrien und Russland eingebunden; darüber hinaus ist es Teil des amerikanischen „Pivot to Asia“, der sich gegen China richtet.

Sarkozy versprach in diesem Zusammenhang, die Wehrpflicht für arbeitslose und in Vollzeitausbildung befindliche Jugendliche ab achtzehn Jahren einzuführen. Er griff Hollande an, weil dieser dabei gescheitert sei, den Terrorismus zu bekämpfen und erklärte, er werde den Kampf gegen den Terror intensivieren: „Angesichts der terroristischen Gefahr will ich, dass das französische Volk sich beschützt fühlt, statt sich zu fragen, warum die Regierenden so schwach reagieren.“

Wenn die PS auf die Serie von Terroranschlägen in Frankreich und Belgien tatsächlich kraftlos reagiert hat, dann deshalb, weil sie von Islamisten verübt wurden, die an den Nato-Kriegen im Nahen Osten beteiligt sind und auch weiterhin als Werkzeuge der französischen und der Nato-Außenpolitik inoffiziellen Schutz genießen.

Sarkozy selbst trägt eine erhebliche politische Verantwortung dafür. Unter seiner Präsidentschaft spielte Frankreich eine Schlüsselrolle dabei, 2011 auf einen Nato-Krieg in Libyen zu drängen. Seine Regierung finanzierte und bewaffnete islamistische Stellvertreter-Milizen für den Sturz von Oberst Muammar Gaddafis Regime. Hollande hat diese Strategie fortgesetzt, indem er den Krieg in Syrien angeheizt und islamistische Milizen mit Verbindung zu Al Qaida gegen das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad unterstützt hat.

Dass Sarkozy wieder als Präsidentschaftskandidat auftauchen kann, nachdem er einer der unbeliebtesten Präsidenten in der Geschichte Frankreichs war, ist in erster Linie die Verantwortung der schmutzigen Rolle der PS-Regierung und ihrer pseudolinken Verbündeten. Ihre Politik der Sparmaßnahmen, des Kriegs und ihre Law-and-Order-Hysterie haben den Weg dafür geebnet, dass ethnische und religiöse Diskriminierung zu einem zentralen Aspekt der französischen Politik geworden sind.

Nach den Terroranschlägen auf die Redaktion von Charlie Hebdo im letzten Jahr und den Anschlägen in Paris vom 13. November, die beide von Terroristen verübt wurden, die den europäischen Geheimdiensten bekannt waren, hat Hollande mehrfach die Vorsitzende des FN, Marine Le Pen, in den Elysée-Palast eingeladen, um die „nationale Einheit“ gegen den Terrorismus herzustellen.

Hollande hat die Terroranschläge benutzt, um den FN zu legitimieren und gleichzeitig einen permanenten Ausnahmezustand in Frankreich zu verhängen. Die PS hat den Ausnahmezustand verhängt, grundlegende demokratische Rechte abgeschafft und vorgeschlagen, die Aberkennung der Staatsangehörigkeit in der französischen Verfassung zu verankern

Nach der Rede von Sarkozy gerierte Premierminister Manual Valls sich als Gegner von Sarkozy und verurteilte „die Brutalität seiner Vorschläge“. Valls erklärte: „Er folgt der extremen Rechten, er nimmt die demokratischen Rechten in sein Lager und zieht die anderen Kandidaten in den Vorwahlen einschließlich Alain Juppé mit in diese Richtung; das ist ein Weg, der mich beunruhigt.“

Valls Äußerungen riechen nach Heuchelei, weil er selbst eine antidemokratische Politik und die Aufwiegelung zu muslimfeindlichen Stimmungen befürwortet, darunter die Unterstützung des Burkini-Verbots. Er hat außerdem eine wichtige Rolle bei der Niederschlagung der sozialen Proteste gegen die PS-Arbeitsmarktgesetze im Frühjahr und Frühsommer gespielt.

Überhaupt schürt das gesamte französische politische Establishment seit mehr als einem Jahrzehnt islamfeindliche Stimmungen. Die rechte Regierung von Präsident Jacques Chirac hatte 2004 ein Kopftuchverbot in öffentlichen Schulen erlassen, gefolgt von einem Burka-Verbot durch Sarkozy und die stalinistische Französische Kommunistische Partei (PCF) im Jahr 2010.

Pseudolinke Gruppen wie Lutte Ouvrière (Arbeiterkampf, LO) und die Neue Antikapitalistische Partei (NPA) haben das Kopftuch- und das Burka-Verbot unterstützt, indem sie auf betrügerische Weise behaupteten, dies sei eine „säkulare“ Maßnahme um die Rechte der Frauen zu verteidigen. Sie unterstützten islamfeindlichen Hass und zugleich aus „humanitären“ Gründen imperialistische Kriege, darunter die in Libyen und Syrien. Sie tragen die politische Verantwortung für die Bedingungen, unter denen Sarkozy eine extrem rechte Wahlkampagne führen kann, in der er zu beispielloser religiöser Diskriminierung aufruft.

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