Perspektive

Clinton und Trump buckeln vor dem Militär

Am 7. September fand in New York City das sogenannte „Commander-in-Chief Forum“ statt. Die Veranstaltung war ein anschaulicher Beweis für die Militarisierung der amerikanischen Gesellschaft und die Unterwerfung der offiziellen Politik unter den militärisch-geheimdienstlichen Apparat.

Hillary Clinton und Donald Trump hatten beide je eine halbe Stunde Zeit, Fragen des Moderators und handverlesener Veteranen zu beantworten. Das Publikum bestand aus Soldaten und Ex-Soldaten und die Veranstaltung wurde landesweit im Fernsehen übertragen.

Der militaristische Rahmen wurde durch den Standort des Forums vorgegeben: das Sea, Air & Space Museum an Bord eines aufs Trockendock gelegten Flugzeugträgers. Verstärkt wurde diese Atmosphäre durch das vom Fernsehsender und Veranstalter NBC produzierte Eröffnungsvideo. Es bestand aus einer Montage, die amerikanische Präsidenten von John F. Kennedy über George W. Bush bis zu Barack Obama zeigte, wie sie Truppen in den Kampf schicken.

Es gab keinerlei Andeutung, dass einer der von diesen Präsidenten geführten Kriege von Vietnam über Libyen bis Syrien in irgendeiner Form fragwürdig war. Die Massenopposition gegen den Vietnam-Krieg oder die Millionen, die gegen Bushs Entscheidung, in den Irak einzumarschieren, demonstriert hatten, wurden nicht erwähnt.

Matt Lauer unterstrich eingangs die Gleichsetzung von Präsidentschaft und Kriegsführung. Er erklärte: Hillary Clinton und Donald Trump kämpfen nicht nur um die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten, sondern einer von ihnen wird auch der Führer der mächtigsten Militärstreitkraft werden, die die Welt je gesehen hat.“

Das Forum war der erste gemeinsame Auftritt der beiden führenden Präsidentschaftskandidaten. Die unausgesprochene Prämisse dieser Veranstaltung war, dass die Mitglieder oder Ex-Mitglieder des Militärs als Erste das Recht haben sollten, die Bewerber unter die Lupe zu nehmen, die das Amt des Oberbefehlshabers anstreben.

Diese Auffassung steht in direktem Gegensatz zum langjährigen verfassungsrechtlichen Grundsatz der zivilen Kontrolle über das Militär. Die US-Verfassung weist dem Präsidenten die Rolle des „Oberbefehlshabers“ zu, nicht um die Rolle des Militärs zu stärken, sondern im Gegenteil, um die Unterordnung des Militärs unter die höchste, gewählte zivile Instanz sicherzustellen.

Selbst im Pentagon ist der höchste Beamte ein Zivilist, der vom Präsidenten zum Verteidigungsminister ernannt wird. Und der höchste Militärbeamte, der Vorsitzende des Generalstabs, wird vom Präsidenten für eine zweijährige Amtszeit ausgewählt. Er dient dem Präsidenten als militärischer Berater und hat keine Befehlsmacht über irgendeine militärische Einheit.

Personen, die sich im militärischen Einsatz befinden, ist es per Gesetz verboten, sich in der Politik zu engagieren. Soldaten dürfen nicht für ein Amt kandidieren, nicht auf Veranstaltungen politischer Parteien sprechen und sich nicht an einer Vielzahl von anderen politischen Aktivitäten beteiligen. Die politischen Einschränkungen für Soldaten in Uniform sind noch umfangreicher.

Diese Bestimmungen wurden in die Verfassung aufgenommen, als die herrschende Elite der USA sich noch gezwungen fühlte, demokratischen Standards zu genügen. Zu dieser Zeit wurde der größte Teil der Soldaten per Wehrpflicht rekrutiert. Die große Mehrheit der Soldaten trug die Uniform also nur für relativ kurze Zeit, bevor sie wieder ins Privatleben zurückkehrten.

Nachdem das Fiasko von Vietnam das Ende der Wehrpflicht erzwungen hatte, wurden die Streitkräfte in eine Berufsarmee verwandelt. So entstand zum ersten Mal in der US-Geschichte ein umfangreiches Berufssoldatentum. Heute, nach mehr als 25 Jahren ununterbrochener amerikanischer Kriegsführung überall auf der Welt, haben sich diese Berufssoldaten eindeutig zu einer sozialen Kaste entwickelt, die in zunehmendem Maße eine eigene unabhängige Rolle im politischen Leben beansprucht.

In den letzten zwei Jahrzehnten ist es gang und gäbe geworden, ganze Scharen von pensionierten Generälen und Admiralen auf der Bühne der Nominierungsparteitage der Demokaten und Republikaner auftreten zu lassen – ein früher unmöglicher Anblick. Dieses Jahr hielten pensionierte Offiziere ausführliche Reden zur Hauptsendezeit. General Michael Flynn, der ehemalige Chef des Geheimdiensts der Armee, sprach auf dem nationalen Parteitag der Republikaner zugunsten von Trump. General John Allen, der ehemalige Befehlshaber in Afghanistan, sprach vor dem Parteitag der Demokraten, um Clinton zu unterstützen.

Trump und Clinton wetteifern darum, wer die längste Liste an Unterstützern unter pensionierten Militärs vorweisen kann. Nachdem das Wahlkampfteam von Trump am Dienstag eine Liste mit 88 Generälen und Admirälen veröffentlichte, konterte das Clinton-Team mit einer Listen von 95 Militärs. Clinton hob hervor, dass die Unterstützung für Trump die Hunderten von Empfehlungen des Militärs für frühere republikanische Kandidaten weit unterschreitet. Sie prahlte: „Ich schlage alle anderen Demokraten“, wenn es darum geht, diese Unterstützung zu bekommen.

Clinton wie Trump akzeptieren den Grundsatz, dass ihre Hauptaufgabe als Oberbefehlshaber darin besteht, das Militär zufriedenzustellen und dessen „Ratschläge“ anzunehmen. Vor diesem Hintergrund werden die Unterschiede zwischen Clinton und Trump in Fragen der Außenpolitik völlig bedeutungslos. Das wurde auf dem Forum von Mittwoch völlig klar. Beide Kandidaten taten nichts anderes, als Wahlkampfparolen zu wiederholen und Beleidigungen auszutauschen.

Einige der Fragen von Veteranen aus dem Publikum, von denen viele unter den Folgen der Kriegstreiberei sowohl von demokratischen als auch republikanischen Präsidenten leiden, entlarvten dieses parteiübergreifende Einvernehmen.

Einer der ehemaligen Soldaten fragte Clinton, ob sie eine Antwort für diejenigen habe, die beunruhigt sind über „ihre aggressive Außenpolitik“, die zu „ruinösen Feldzügen“ führe, „in denen unserer Kameraden, Soldatinnen und Soldaten, weiterhin getötet und verwundet werden“. Auf seine Kritik an ihrer Zustimmung zum Krieg im Irak und an ihrer führenden Rolle bei dem Angriff auf Libyen im Jahr 2011 antwortete sie mit dem Hinweis, dass auch Trump beide Kriege unterstütze.

Obendrein kombinierte Clinton ihre Ausflüchte mit direkten Lügen. Sie versprach, nie mehr US-Bodentruppen in den Irak zu schicken oder sie in Syrien einzusetzen. Das ist wahrscheinlich das erste Versprechen, das sie brechen würde, wenn sie im nächsten Januar ins Weiße Haus einziehen würde.

Trump gab den üblichen Schwulst von sich, z. B. die Behauptung, er habe einen Geheimplan, um den IS zu besiegen. Außerdem wiederholte er seine Klagen, die früheren US-Regierungen hätten den Krieg im Irak vermasselt, weil sie die Ölfelder des Landes nicht übernommen hätten. Er erklärte: „Wir hätten das Öl nehmen sollen.“

In einer Rede davor appellierte Trump in verlogener Weise an Antikriegs-Stimmungen. Er denunzierte Clinton als „schießwütig“, was ihre Einstellung zu den Kriegen im Nahen Osten angeht. Gleichzeitig versicherte er dem Militär, dass eine Regierung Trump Billionen von Dollar für den Ausbau der Land-, See- und Luftstreitkräfte ausgeben werde.

Das „Commander-in-Chief Forum“ machte deutlich, dass – gleichgültig, ob Clinton oder Trump US-Präsident werden – die Finanzaristokratie der USA und ihr militärisch-geheimdienstlicher Apparat die letzten Entscheidungsinstanzen bleiben und eine Politik von eskalierender imperialistischer Aggression und Gewalt gegen die Weltbevölkerung diktieren.

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