Baden-Württemberg: Grüne planen Studiengebühren für Ausländer

Wie am 7. Oktober bekannt wurde, plant die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ab dem Wintersemester 2017/18, an baden-württembergischen Hochschulen von Nicht-EU-Studierenden Studiengebühren zu erheben. Wer weder Pass noch Hochschulzugangsberechtigung eines EU-Mitgliedsstaates vorweisen kann, soll künftig durchschnittlich 1500 Euro pro Semester bezahlen.

Damit erweisen sich die Grünen, die Baden-Württemberg in einer Koalition mit der CDU und mit Winfried Kretschmann den Ministerpräsidenten stellen, als Vorreiter einer brutalen Sparpolitik, die mit Ausländerfeindlichkeit einhergeht.

Zurzeit studieren in Baden-Württemberg rund 21.000 junge Menschen aus anderen Ländern. Ein Viertel davon kommt aus China, ein weiteres Viertel aus Indien, Russland, Südkorea, Brasilien und Mexiko.

Bauer begründete ihren Plan damit, dass Baden-Württemberg nicht Studierende anziehen wolle, die ein „billiges“ Studium suchten, sondern eher solche, die tatsächlich an einem hochqualifizierten Studium interessiert seien. Der Plan läuft indessen darauf hinaus, dass ausländische Jugendliche nur noch dann in Baden-Württemberg studieren können, wenn sie gut betuchte Eltern haben, während alle andern faktisch vom Studium ausgeschlossen werden.

Die Grünen sind dabei, die Uhr zurückzudrehen und insgesamt wieder Studiengebühren einzuführen. So planen sie, zunächst auch von deutschen Studierenden Gebühren zu erheben, die ein Zweitstudium absolvieren möchten. Sie sollen 650 Euro pro Semester bezahlen. Die Verwaltungskosten werden für alle Studierenden um zehn Euro erhöht.

Durch die Zusatzeinnahmen soll das Einsparziel von 47 Millionen Euro erreicht werden, das in der Koalitionsvereinbarung für das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst vorgesehen ist. Grüne und CDU haben sich verpflichtet, „strukturelle Einsparungen in Höhe von rund 1,8 Milliarden Euro in der Endstufe bis 2020 zu realisieren“.

Jetzt wird deutlich, was gemeint ist, wenn es im Koalitionsvertrag beschönigend heißt, man wolle „die Studienabbrecherquoten besonders bei internationalen Studenten mit geeigneten Maßnahmen senken“, und: „Wir werden keine allgemeinen Studiengebühren einführen.“

Der Koalitionspartner der Grünen, die baden-württembergische CDU, unterstützt Bauers Vorschlag. Auch die Arbeitgeber Baden-Württembergs haben das Vorhaben begrüßt. Ihr Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick ließ seine prinzipielle Unterstützung für „Einnahmen aus Studienbeiträgen“ erkennen, als er sagte, viele Länder nutzten diese heute schon „zur eigenen Profilbildung und zur Verbesserung der Qualität der Lehre“.

Bauers Vorstoß rief aber auch eine Menge Kritik hervor. So erklärte Mandy Gratz, Vorstandsmitglied des „freien Zusammenschlusses von StudentInnenschaften“ (fzs), dieser Schritt sei eine „Wende in Richtung einer bildungsfeindlichen Politik“ und müsse „klar als rassistisch benannt werden“. Der fzs vertritt rund eine Million Studierende.

Janek Heß, ebenfalls fzs-Vorstandsmitglied, kritisierte die unsoziale Stoßrichtung der grün-schwarzen Bildungspolitik: „Bildung muss grundlegend allen Menschen offen stehen, unabhängig davon, über wie viel Geld sie verfügen.“

Auch das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) protestierte. Sein Koordinator Kurt Stiegler erklärte: „Mit Bauers Plänen werden nicht Kompetenzen, sondern schwarze Zahlen, nicht besonders kluge, sondern besonders reiche Köpfe gefördert.“

Mit ihren Plänen stehen die Grünen selbst im bürgerlichen Lager weit rechts. Allerdings geht es den Gegnern nicht um prinzipielle Erwägungen, sondern hauptsächlich um die Frage, wie der „Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg“ am besten gefördert werden könne. Auch sind wahltaktische Motive im Hinblick auf die Bundestagswahlen im kommenden Jahr im Spiel.

Die Sprecherinnen der Grünen-Jugend Baden-Württemberg, Lena Schwelling und Leonie Wolf, betonten, dass die Abschaffung der Studiengebühren für alle „ein großer hochschulpolitischer Erfolg der letzten grün-geführten Landesregierung“ gewesen sei.

Und Kai Gehring, Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, erklärte, die Studiengebühren seien für ihn der falsche Weg, die Schuldenbremse einzuhalten. Das gebührenfreie Studium sei ein Standortvorteil, und mit Gebühren für internationale Studierende seien negative Auswirkungen, etwa auf die Fachkräftesicherung, verbunden.

Schärfer fiel die Kritik von SPD-Politikern aus, die sich als Opposition im Landtag offene Worte leisten können. „Heute werden die Ausländer zur Kasse gebeten – und morgen die Inländer“, sagte die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier. Der baden-württembergische Juso-Landeschef Leon Hahn nannte Bauers Vorschlag „Populismus nach Art der CSU-Maut“.

Ein Blick auf den Umgang der Grünen Baden-Württembergs mit den Studiengebühren zeigt die stetige Rechts-Entwicklung dieser Partei in den letzten vier Jahren.

Die CDU-Vorgängerregierung hatte 2007 Studiengebühren von 500 Euro eingeführt. Diese schaffte die grün-rote Landesregierung zum Sommersemester 2012 wieder ab. Grüne und SPD gebärdeten sich damals als Vorreiter einer sozialen Bildungspolitik. Man setze ein Zeichen für einen „fairen Hochschulzugang ohne finanzielle Hürden“, wie der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann damals behauptete.

Schon kurz darauf versuchten die Grünen, eine Bresche für die Wiedereinführung von Studiengebühren zu schlagen. 2013 schlug die grüne Fraktionschefin Edith Sitzmann vor, bei ausländischen Studenten, die nicht aus der EU stammen, bis zu tausend Euro Studiengebühren pro Semester zu erheben. Jetzt unterstützte Ministerpräsident Kretschmann den Vorschlag mit der zynischen und populistischen Begründung: „Wir bilden jedes Jahr ein koreanisches Symphonieorchester aus. In Korea zahlt man Studiengebühren bis zu 13.000 Euro pro Semester.“

Das Projekt, das sie damals aufgrund eines Proteststurms auf Eis legen mussten, verschwand offenbar nur in der Schublade, um zum geeigneten Zeitpunkt wieder hervorgeholt zu werden. Diesen Zeitpunkt betrachten sie heute für gekommen.

In Berlin sind die Grünen dabei, eine Koalition mit SPD und Linkspartei zu schmieden. Gleichzeitig sind sie bereit, in der Bundesregierung ein Bündnis mit der CDU einzugehen. „Es ist alles möglich, und wir bereiten uns auf alles vor“, wie es Anton Hofreiter, der Grünen-Fraktionschef im Bundestag vor kurzem ausdrückte.

In der Tat nehmen die Grünen in Fragen von Militarismus und Ausländerpolitik immer rechtere Positionen ein. Nach der Silvesternacht in Köln und Stuttgart unterstützte Kretschmann die Gesetzesverschärfungen gegen Flüchtlinge und behauptete, die Ereignisse seien „widerwärtig“, straffällige Zuwanderer hätten „ihr Bleiberecht verwirkt“. Der grüne Ministerpräsident erweist sich als rechter Hardliner und hat mit der Stimme Baden-Württembergs im Bundestag erwirkt, dass Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsländer“ eingestuft wurden.

In der Kriegsfrage stehen die Grünen in vorderster Front der Hetzer gegen Russland. Mit der Wiedereinführung der Studiengebühren für Ausländer erweisen sie sich nun auch in der sozialen Frage als Vorreiter eines rechtsnationalistischen Kurses, der sich mit der Politik der AfD messen kann.

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