Perspektive

Obama verabschiedet sich mit Provokation gegen Russland

US-Präsident Barack Obama hat die amerikanischen Geheimdienste mit einer „umfassenden Überprüfung“ der angeblichen Versuche Russlands beauftragt, die Präsidentschaftswahl 2016 zu beeinflussen. Es ist eine seiner letzten Initiativen vor der Machtübergabe an Donald Trump.

Obamas oberste Antiterror-Beraterin Lisa Monaco erklärte am 8. Dezember vor der Presse: „Möglicherweise wurde eine neue Schwelle überschritten, und darüber müssen wir Bilanz ziehen, eine Auswertung vornehmen, Folgemaßnahmen ergreifen, das Geschehene verstehen und Lehren daraus ziehen.“

Auch der stellvertretende Pressesprecher des Weißen Hauses, Eric Schultz, bestätigte während einer Pressekonferenz, eine solche Untersuchung habe „hohe Priorität“.

Schultz sagte wörtlich: „Für den Präsidenten der Vereinigten Staaten hat das hohe Priorität. Er hat seine Geheimdienste und seine nationalen Sicherheitsbeamten beauftragt, sich darum zu kümmern. Er will, dass ihm dieser Bericht noch vor seinem Ausscheiden aus dem Amt vorgelegt wird.“

Welche „neue Schwelle“ wurde überschritten? Warum hat dieses Thema „hohe Priorität“, wo doch Donald Trump in sechs Wochen sein Amt an der Spitze der reaktionärsten Regierung in der Geschichte der USA antreten wird?

Den Vorwurf, Moskau habe versucht, die amerikanische Wahl zu beeinflussen, hat die US-Regierung im Oktober in die Welt gesetzt. Für ihre Behauptung, Russland habe Hackerangriffe organisiert, hat sie jedoch keine Beweise vorgelegt.

Selbst wenn dem so wäre, wird die „Schwelle“, sich in Wahlen anderer Länder einzumischen, von Washington schon seit Langem überschritten. In den letzten siebzig Jahren hat die CIA zahllose Wahlen manipuliert und gewählte Regierungen gestürzt, deren Loyalität gegenüber den Interessen des US-Imperialismus zu wünschen übrig ließ. Die staatliche Stiftung National Endowment for Democracy hat solche Operationen u.a. in Georgien, der Ukraine, Venezuela, Honduras und Haiti durchgeführt.

Obama selbst brüstet sich, die US-Regierung sei von allen Ländern der Welt am besten für den Cyberkrieg gerüstet, und sie setzt diese Mittel regelmäßig ein. Außerdem ließ Obama Angriffspläne entwickeln, um die zivile Infrastruktur Russlands, Chinas und des Iran lahmzulegen. Die USA haben die Telefone und E-Mail-Konten zahlreicher Regierungschefs in der ganzen Welt gehackt, darunter die von Bundeskanzlerin Angela Merkel und der ehemaligen brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff.

Was genau wird Russland vorgeworfen?

Letzten Monat veröffentlichte ein Vertreter des Weißen Hauses eine Erklärung, laut der es bei der Wahl „vom Standpunkt der Cybersicherheit frei und gerecht zugegangen“ sei. Mit anderen Worten, es gab keine russischen Hackerangriffe.

Derselbe Sprecher fügte hinzu, das Wahlergebnis sei ein „wahrheitsgemäßer Ausdruck des Willens der amerikanischen Bevölkerung“. Das ist an sich eine groteske Lüge, wenn man bedenkt, dass der künftige Präsident Donald Trump bis zu drei Millionen Stimmen weniger als Hillary Clinton erhalten hat. Die Erklärung richtete sich gegen die Versuche der Grünen-Präsidentschaftskandidatin Jill Stein, eine Neuauszählung der Stimmen in den wichtigen Industriestaaten Wisconsin, Michigan und Pennsylvania durchzusetzen.

Damit reduziert sich der Vorwurf auf die Anschuldigung, die russische Regierung von Präsident Wladimir Putin habe zur Enthüllung von Geheimnissen beigetragen, die die Demokratische Partei vor ihren eigenen Wählern verbergen wollte. Dies betrifft vor allem die hinterhältigen Versuche des Nationalkomitees, den Wahlkampf von Bernie Sanders zu sabotieren und Hillary Clinton die Nominierung als Präsidentschaftskandidatin zu sichern. Die russische Regierung soll außerdem die E-Mail-Konten von Clintons Wahlkampfmanager John Podesta gehackt und damit dazu beigetragen haben, dass Clintons unterwürfige Reden vor Wall Street-Bankern und die korrupten Aktivitäten der Demokratischen Partei und der Clinton Foundation an die Öffentlichkeit drangen.

Die New York Times äußerte sich am Freitag mit spitzem Unterton über die von Obama angeordnete Auswertung: „Es ist unklar, ob der Inhalt dieser Auswertung veröffentlicht werden wird.“ Die amerikanische Bevölkerung wird keine Beweise zu Gesicht bekommen, weil es keine gibt.

Im Grunde wird der Regierung in Moskau vorgeworfen, sie habe vor der amerikanischen Bevölkerung unliebsame Wahrheiten enthüllt, die Obama, Clinton und die Demokraten ihnen vorenthalten wollten. Wenn dem „hohe Priorität“ eingeräumt wird, sagt das viel über die Politik der Obama-Regierung aus.

Gleichzeitig hat Obama nicht die Absicht, das Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba zu schließen, obwohl er dies schon für das erste Jahr seiner Amtszeit versprochen hatte. Stattdessen wird er es an Trump übergeben, wie Obamas innenpolitische Beraterin bestätigt hat. Derweil hat Trump bereits erklärt, er werde Guantanamo weiter nutzen und auch wieder darin foltern lassen.

Die Regierung will offensichtlich auch der Ernennung des ehemaligen Generals des Marinekorps, James „Mad Dog“ Mattis, zum Verteidigungsminister keine Steine in den Weg legen. Dabei muss für seine Nominierung extra eine Vorschrift außer Kraft gesetzt werden, denn um die zivile Kontrolle über das Militär zu wahren, dürfen Offiziere ein solches Amt normalerweise nicht so kurz nach ihrem Ausscheiden aus dem Aktivdienst bekleiden.

Obama äußert sich nicht dazu, dass Trump sein Kabinett mit rechten Milliardären und Halbfaschisten besetzt, die zum Krieg gegen die Arbeiterklasse und gegen demokratische Rechte entschlossen sind. Stattdessen hat der Pressesprecher des Weißen Hauses erklärt, Trump müsse „großen Spielraum bei der Zusammenstellung seines Teams“ erhalten.

Wie der stellvertretende Pressesprecher Schultz am 8. Dezember ebenfalls bestätigte, stellt die Regierung das Wahlergebnis nicht infrage. Obama habe die Überprüfung durch die Geheimdienste „nicht angeordnet, um das Ergebnis der Wahl anzufechten“. Er gebe sich „große Mühe, einen nahtlosen Übergang der Macht [an Trump] sicherzustellen“.

Worum geht es also bei dieser Untersuchung wirklich? Darum, die Beziehung zwischen Washington und Moskau bis zu Trumps Amtseinführung so stark wie möglich zu vergiften und damit sicherzustellen, dass Trump die Vorbereitungen des US-Imperialismus auf eine militärische Konfrontation mit Russland fortsetzt. Russland gilt als das wichtigste Hindernis für Washingtons Bestrebungen, seine Hegemonie über Eurasien zu sichern.

Die Demokratische Partei und Clinton attackierten Trump im Wahlkampf bei den Themen Russland und Krieg von rechts und stellten Trump als „Putins Marionette“ dar, weil er angedeutet hatte, die Nato sei veraltet und er könne mit Moskau u.a. über ein gemeinsames Vorgehen in Syrien verhandeln.

Clinton hatte ihren erhofften Wahlsieg als Mandat dargestellt, die amerikanische Intervention in Syrien zu verschärfen und die provokante Aufrüstung der Nato an den Grenzen zu Russland in Osteuropa zu forcieren.

Die New York Times, die praktisch als Wahlkampforgan für Clinton und die Demokraten gedient hatte, veröffentlichte in ihrer ersten Sonntagsausgabe nach der Wahl einen Leitartikel mit dem Titel „Die Gefahr mangelnder Härte gegen Russland“.

Diese Woche bat die Demokratische Fraktionsführung im Repräsentantenhaus Obama in einem Brief, den Kongress über angebliche Versuche Russlands, die Wahl zu beeinflussen, zu informieren. Führende Demokraten im Repräsentantenhaus brachten außerdem den Antrag ein, die Hackerangriffe durch eine unabhängige Kommission untersuchen zu lassen.

Die Mehrheit der Republikaner im Senat führt ihre eigene Untersuchung der angeblichen russischen Einmischung in die Wahl durch. Das Repräsentantenhaus hat ein Gesetz verabschiedet, das Sanktionen gegen jedes Land vorsieht, das die syrische Regierung in ihrem Krieg gegen die islamistischen Milizen unterstützt. Diese Maßnahme richtet sich eindeutig gegen Russland. Auch der Haushaltsplan des Pentagon, der Militärhilfe an die Ukraine im Wert von Millionen Dollar vorsieht, ist eine offene Provokation gegen Russland.

Die früheren Militärkommandanten, die Trump in sein Kabinett aufgenommen hat – Mattis als Verteidigungsminister und John Kelly als Heimatschutzminister – haben sich derweil ausdrücklich für die militärische Aufrüstung der USA gegen Russland ausgesprochen.

Während sich die reaktionärste Regierung in der Geschichte der USA auf ihre Amtsübernahme vorbereitet, beteiligen sich sämtliche Teile des herrschenden Establishments Amerikas daran, einen Weltkrieg vorzubereiten.

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