General Motor will Opel-Vauxhall an Peugeot Citroën (PSA) verkaufen

General Motors (GM) plant, den Opel/Vauxhall-Konzern an die französische PSA-Gruppe zu verkaufen. Damit stehen die amerikanischen, britischen, französischen und deutschen Autobauer vor der Notwendigkeit, gemeinsam zu kämpfen, um Werkschließungen, Entlassungen und weitere Angriffe zu verhindern.

Am Dienstag, 14.Februar, verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer: Die französische PSA-Group, der Produzent von Peugeot und Citroën, stehe mit General Motors Co. in Verhandlungen und wolle dessen Opel- und Vauxhall-Werke in Europa übernehmen.

Diese Meldung kommt nur drei Wochen nach Donald Trumps Amtsantritt. Mary Barra, Vorstandschefin des GM-Konzerns mit Sitz in Detroit (USA), sitzt in Trumps sechzehnköpfigem Team für Wirtschaftspolitik. Sie will General Motors jetzt noch stärker auf Nordamerika konzentrieren und unprofitable Filialen in Übersee abstoßen.

Dadurch fällt GM möglicherweise aus der Gruppe der größten Autobauer, die wie Volkswagen und Toyota im letzten Jahr über zehn Millionen Fahrzeuge verkauften. In einem Interview sagte Mary Barra, Gewinnspannen seien wichtiger als Marktanteile. In den letzten Jahren hatte GM bereits das Opel-Werk in St. Petersburg, die Holden-Produktion in Australien und Opel-Fabriken im belgischen Antwerpen und in Bochum geschlossen.

Vor drei Jahren, als die Bochumer Autobauer damit konfrontiert waren, dass die Schließung ihrer Fabrik dicht bevorstand, besuchte Mary Barra das Stammwerk in Rüsselsheim und versicherte der dortigen Belegschaft, Opel sei „eindeutig ein lebenswichtiger Teil unseres Unternehmens“. Diese Diktion übernahmen die IG Metall und der Gesamtbetriebsrat, die behaupteten, die Schließung in Bochum sei die Kröte, die geschluckt werden müsse, um Opel zurück in die Gewinnzone zu bringen.

Heute jedoch will GM ganz Opel loswerden. Während Donald Trump mit seiner Politik „America first“ darauf abzielt, Investitionen in den USA zu halten, indem Gewerbesteuern verringert, Umweltstandards abgesenkt und Zölle erhöht werden sollen, ist General Motors entschlossen, sich auf Nordamerika zu konzentrieren und höchstens noch in China und Indien zu operieren.

Opel-Vauxhall, von dem sich GM jetzt trennen will, steht bisher für über zehn Prozent der weltweiten Verkäufe des GM-Konzerns. Aber Opel fährt seit achtzehn Jahren Verluste ein. Für 2016 wurden erstmals wieder schwarze Zahlen erwartet, doch der Brexit machte einen Strich durch die Rechnung, und am Ende verzeichnete Opel für 2016 einen Verlust von 250 Millionen Dollar.

Die PSA-Group hofft nun, durch die Fusion mit Opel-Vauxhall am europäischen Markt vor Renault den zweiten Platz, dicht hinter Volkswagen, einnehmen zu können. Auch ist PSA am Internationalen Forschungs- und Entwicklungszentrum in Rüsselsheim, hauptsächlich an der Entwicklung von Elektroautos, interessiert.

PSA gehört je zu vierzehn Prozent dem französischen Staat und der chinesischen Dongfeng Motor Corp., dem größten chinesischen Autobauer. Reuters kommentiert, für PSA und Opel sei es „eine seltene Gelegenheit, seine Stellung auf einem Sektor zu bestätigen, der unter hohen Kosten, niedrigen Gewinnspannen und einer harten Konkurrenz leidet“.

Sowohl GM als auch PSA haben die Übernahmeverhandlungen bestätigt, und Peugeot-Chef Carlos Tavares vereinbarte ein Gespräch darüber mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Am gestrigen Mittwoch traf sich Mary Barra in Rüsselsheim mit dem Opel-Aufsichtsratsvorsitzenden Dan Amman. Zwar sei noch nichts beschlossen, doch eine Entscheidung könne schon „in wenigen Wochen“ zustande kommen.

Die Nachricht ließ die Aktienwerte von PSA und General Motors steigen. Die Aktionäre erwarten, dass der Verkauf den Auftakt für umfassende Rationalisierungsmaßnahmen bildet. In jedem Fall soll eine Übernahme Synergieeffekte und Kostenersparnisse bringen, und dies wird vor allem zu Lasten von Opel gehen, da der PSA-Konzern wesentlich größer ist und weniger verlustreich operiert.

Im vergangenen Jahr waren die europäischen GM-Kapazitäten insgesamt nur zu 63 Prozent ausgelastet, und Opel musste in mehreren Werken Kurzarbeit fahren. Vieles deutet darauf hin, dass ein Verkauf den Auftakt für einen umfangreichen Arbeitsplatzabbau bildet. Der Opel-Konzern hat gegenwärtig rund 38.200 Mitarbeiter in Europa, davon über die Hälfte in Deutschland. Er betreibt heute Werke in Rüsselsheim, Kaiserslautern, Eisenach, im spanischen Saragossa und im polnischen Glivize, und Vauxhall werden in Luton und in Ellesmere Port bei Liverpool montiert.

Rainer Einenkel, der als Betriebsratsvorsitzender bei der Schließung des Opel-Werks in Bochum eine Schlüsselrolle gespielt hat, sagte im Deutschlandfunk, er gehe davon aus, dass „deutsche Werke ganz akut bedroht“ seien. Einenkel hatte in der jahrelangen Auseinandersetzung über das Bochumer Werk die Arbeiter mit Versprechungen hingehalten und systematisch einen gemeinsamen Kampf aller Beschäftigten an allen Standorten verhindert.

Auch jetzt empfiehlt Einenkel wieder, den juristischen Weg zu gehen, „juristisch zu klären, dass dieses Verträge nicht in Frage gestellt werden“ und „dass General Motors Rechenschaft ablegt“. Auch betonte er: „Die Politik ist gefordert.“ Notwendig sei ein Appell an die Landes- und Bundesregierungen.

Wirklich notwendig ist es die Spaltungspolitik der Gewerkschaft, die einen Standort gegen den anderen ausspielt, zu überwinden und einen gemeinsamen Kampf aller Autoarbeiter zu organisieren, ganz unabhängig davon, ob diese nun in Nordamerika, Frankreich, England, Spanien, Polen oder Deutschland leben.

Das zeigt schon die Erfahrung der letzten zehn Jahre. In den USA nutzte General Motors das Insolvenzverfahren im Jahr 2009, um die bis dahin relativ hohen Löhne der Arbeiter zu halbieren. In Europa wollte GM damals Opel an den kanadischen Magna-Konzern verkaufen, entschied sich aber dann, das Europa-Geschäft zu sanieren, und bereitete die Schließung von Antwerpen und Bochum vor.

Erst im Dezember 2016 hat GM erneut Massenentlassungen in Amerika angekündigt. Und auch PSA in Frankreich hat keine Skrupel, die Arbeiter zugunsten der Aktionäre bluten zu lassen, und stützt sich dabei auf François Hollandes neue Arbeitsgesetze. Auch VW, Toyota, Fiat Chrysler, Ford und andere Autokonzerne versuchen, ihre Konkurrenzfähigkeit auf Kosten der Arbeiter zu erhalten.

Der Kampf dagegen erfordert einen Bruch mit den nationalistischen Standort-Strategien der Gewerkschaften. Ob IG Metall, CGT, TUC oder UAW – jeder Gewerkschaftsfunktionär und Betriebsratsvorsitzende ist heute in erster Linie ein Interessenvertreter „seines“ kapitalistischen Konzerns. Dessen Profitinteressen am Weltmarkt stehen ihm wesentlich näher als die Lebensbedürfnisse der Arbeiter.

Aktuell konzentriert sich die Kritik der IG Metall in Deutschland im Wesentlichen darauf, dass sie nicht im Vorfeld gefragt und frühzeitig in die Verhandlungen eingebunden wurde. Was die Gewerkschaft in Rage versetzt, ist nicht etwa die Gefahr, die der Deal für die Arbeiter bedeutet, sondern die Missachtung der Mitbestimmung ihrer Funktionäre. In einer gemeinsamen Stellungnahme haben sich IG Metall und Opel-Betriebsrat beschwert: „Wenn es wahr ist, dass GM und PSA Gespräche mit dem Ziel einer Übernahme von Opel/Vauxhall führen, dann wäre das ein beispielloser Bruch aller deutschen und europäischen Mitbestimmungsrechte.“

Ähnlich äußerte sich auch die Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Es sei „inakzeptabel, dass das Unternehmen Gespräche führt, ohne dass das mit dem Betriebsrat, mit der hessischen Landesregierung oder sonst irgendjemandem abgesprochen ist“, sagte sie in den TV-Nachrichten.

Alle Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Werkschließungen und Massenentlassungen immer mit Zustimmung und in enger Zusammenarbeit der IG Metall, der SPD und der Linkspartei über die Bühne gehen. Das trifft auf Opel-Antwerpen zu, das trifft auch auf Opel-Bochum zu.

Wie die World Socialist Web Site seit Jahren schreibt, besteht die wichtigste Aufgabe im Kampf zur Verteidigung von Arbeitsplätzen und Löhnen darin, sich aus der Kontrolle der nationalistischen Gewerkschaftsbürokratien zu befreien. Es ist notwendig Aktionskomitees aufzubauen, die den Widerstand an allen Standorten weltweit organisieren und koordinieren. Eine internationale Führung muss geschaffen werden, die alle Kämpfe zu einem gemeinsamen weltweiten Klassenkampf mit sozialistischen Zielen zusammenschließt.

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