Justizminister Jeff Sessions erklärt sich für befangen

Am Donnerstag erklärte US-Justizminister Jeff Sessions, er werde sich wegen Befangenheit von den Ermittlungen fernhalten, in denen sein Ministerium und die Bundespolizei dem Vorwurf der russischen Einflussnahme auf die Präsidentschaftswahl 2016 nachgehen.

Er reagierte damit auf eine neuerliche Kampagne der Medien und der Kongressfraktion der Demokraten. Sie werfen Sessions vor, er habe während der Senatsanhörung zu seiner Nominierung verheimlicht, dass er sich während des Wahlkampfs mit Vertretern der russischen Regierung getroffen habe.

Die Washington Post hatte am Mittwochabend auf ihrer Website einen Artikel veröffentlicht, laut dem Sessions während des Wahlkampfs 2016 zweimal mit dem russischen Botschafter Sergei Kisljak zusammenkam. In seiner Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats hatte Sessions diese Treffen dementiert. Die Medien reagierten auf diesen Bericht mit einem mehrtägigen Kesseltreiben.

Führende Demokraten unterstützten die Kampagne. Die Minderheitsführer in Senat und Repräsentantenhaus, Charles Schumer und Nancy Pelosi, forderten Session zum Rücktritt auf, weil er, laut Pelosi, „unter Eid gelogen“ habe. Aus dem Video und der Abschrift der Anhörung geht jedoch hervor, dass Sessions sich eher ausweichend verhalten hat, wie bei solchen Gelegenheiten üblich.

Es ist bezeichnend, dass die Demokraten Sessions nicht wegen der reaktionären und zutiefst undemokratischen Entscheidungen angreifen, die er in seiner bisher dreiwöchigen Amtszeit als Justizminister getroffen hat.

Sessions hat die Entscheidung der Obama-Regierung zurückgenommen, private Gefängnisse schrittweise stillzulegen. Mittlerweile boomt das Geschäft der Betreiber, weil immer mehr Einwanderer inhaftiert werden. Außerdem hat Sessions eine Klage der Bundesregierung gegen diskriminierende Vorschriften des Wahlgesetzes in Texas zurückgezogen, wonach Wähler einen mit Foto versehenen Ausweis besitzen müssen, wie ihn Minderheiten und Studenten selten besitzen. Er hat sich außerdem in einer Diskussion innerhalb der Trump-Regierung durchgesetzt, bei der es um die Rechte von Transsexuellen ging. Dabei hat er die offiziellen Anweisungen an Schulen rückgängig gemacht, diesen Studenten die Benutzung von Toiletten ihrer Wahl zu ermöglichen.

Wegen dieser Entscheidungen hat kein Demokrat Session zum Rücktritt aufgefordert, obwohl er in vieler Hinsicht die ultrarechte Politik der Trump-Regierung und der Republikaner im Kongress verkörpert. Die Demokraten konzentrieren sich auf ein einziges Thema: dass Sessions angeblich Kontakte mit russischen Regierungsvertretern verschwieg.

Tatsächlich dürfte es bei den beiden Treffen von Sessions und Botschafter Kisljak kaum um wichtige Themen gegangen sein. Das erste ereignete sich, nachdem Sessions während des Parteitags der Republikaner in Cleveland bei einer Veranstaltung der Heritage Foundation gesprochen hatte. An der Veranstaltung nahmen etwa 50 Botschafter teil, und viele von ihnen unterhielten sich später in informellem Rahmen mit Sessions, unter ihnen auch der russische Botschafter.

Die zweite Begegnung zwischen Kisljak und Sessions ereignete sich am 8. September 2016 in Sessions Büro in Washington. Das Treffen wurde in seinem öffentlichen Kalender vermerkt. Mehrere hohe Berater nahmen daran teil, darunter auch ein Offizier. Nachdem Sessions seinen Rückzug aus den aktuellen Ermittlungen ankündigte hatte, erklärte er in einer kurzen Pressekonferenz, Kisljak habe um das Treffen gebeten. Nur einen Tag zuvor hatte sich Sessions mit dem ukrainischen Botschafter getroffen. Bei dem Treffen mit Kisljak ging es u.a. um Terrorismus, Religion und das Vorgehen Russlands in der Ukraine, das Kisljak verteidigte und Sessions kritisierte.

Sessions erklärte, beide Treffen seien Teil seiner Tätigkeit als Mitglied des Streitkräfteausschusses des Senats gewesen und hätten in keinem Zusammenhang mit Trumps Wahlkampf gestanden, den er als wichtiger Berater für Fragen der nationalen Sicherheit unterstützt hatte.

Präsident Trump sicherte Sessions am Donnerstag seine Unterstützung zu. Berater des Weißen Hauses erklärten, Sessions habe keinen Grund, sich für befangen zu erklären. Doch die Republikaner im Kongress reagierten auf die Medienberichte umgehend mit der Forderung, Sessions solle sich von seiner Aufsichtsrolle in der Untersuchung durch das FBI zurückziehen, da es darin auch um sein eigenes Verhalten gehe.

Bei seiner Befangenheitserklärung berief sich Sessions auf Regeln des Justizministeriums und die Empfehlungen hochrangiger Beamter. Die FBI-Ermittlungen werden nun vom amtierenden stellvertretenden Justizminister Dana Boente geleitet. Dana Boente ist ein Karrierejurist, der einst von Barack Obama zum leitenden Staatsanwalt für den Eastern District des Bundesstaats Virginia ernannt worden war. Dieser Gerichtsbezirk umfasst die in Virginia gelegenen Vororte von Washington DC, in denen sich das Pentagon und die CIA-Zentrale befinden. Die meisten Verfahren vor Bundesgerichten, in denen es um eine der beiden Behörden geht, werden dort verhandelt.

Vor Kurzem berief Trump dann Boente zum Nachfolger der stellvertretenden Justizministerin Sally Yates, die noch von Obama ernannt worden war. Sie wurde entlassen, weil sie sich geweigert hatte, Trumps Einreiseverbot für Staatsbürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern juristisch durchzusetzen. Mehrere Bundesgerichte erklärten Trumps diesbezügliches Dekret später für verfassungswidrig und ungültig.

Der Führer der Demokraten im Senat, Schumers, forderte in hysterischen Formulierungen den Rücktritt von Sessions. Er tat so, als habe Moskau praktisch die US-Regierung übernommen. Wörtlich erklärte er: „Wir müssen bewerten, wie weit Russlands Einfluss auf unsere Wahl gegangen ist. Wir müssen außerdem feststellen, ob Agenten des Landes in die höchsten Ebenen unserer Regierung eingedrungen sind ... Die Integrität unserer Exekutive steht auf dem Spiel.“

Zahllose Indiskretionen hoher Beamter des Militär- und Geheimdienstapparats haben die Kampagne gegen Russland gestärkt. Die Verantwortlichen lehnen Trumps scheinbare Bereitschaft ab, von der Konfrontation gegen Russland abzurücken und sich stattdessen auf Aggressionen gegen den Iran und China zu konzentrieren.

Diese Kräfte benutzen die New York Times und die Washington Post als zentrale Sprachrohre für ihre haltlosen Behauptungen, die russische Regierung sei für die Hackerangriffe auf E-Mail-Konten der Demokratischen Partei verantwortlich und hätte sie an WikiLeaks weitergegeben. Die Medien konzentrieren sich mehr auf die angeblich russische Herkunft der E-Mails als auf ihren Inhalt: Clintons unterwürfige Reden vor Wall Street-Bankern und die Versuche führender Funktionäre des Nationalkomitees, Clintons Rivalen Bernie Sanders zu sabotieren.

Neben den umfangreichen Ermittlungen des FBI befassen sich mehrere Untersuchungsausschüsse des Kongresses mit der angeblichen Rolle Russlands. Am Mittwoch einigten sich Demokraten und Republikaner im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses auf den Umfang ihrer Untersuchung. Sie wird auch das Ausmaß der russischen Cyberaktivitäten gegen die amerikanische Regierung und staatliche Institutionen untersuchen, die Reaktion der US-Regierung und die Quelle der vertraulichen Informationen, die von den diversen Geheimdiensten an die Medien gegeben wurden.

Die Trump-Regierung reagiert mit zwei Maßnahmen auf den wachsenden Druck durch diese Ermittlungen. Zum einen haben Anwälte des Weißen Hauses am Dienstag alle Beschäftigten angewiesen, sämtliche Materialien aufzubewahren, die der Untersuchungsausschuss anfordern könnte. Zuvor hatten die Geheimdienstausschüsse des Repräsentantenhauses und des Senats entsprechende Forderungen gestellt.

Zum anderen bestätigten Vertreter des Weißen Hauses, dass Trump der ehemaligen Geheimdienstlerin Fiona Hill die Position als oberste Direktorin für Europa und Russland im Nationalen Sicherheitsrat angeboten hat. Hill war bereits unter Bush und Obama tätig und hat im Jahr 2013 eine kritische Biografie Wladimir Putins verfasst, in dem sie sich auf seinen Hintergrund als Mitarbeiter der sowjetischen Geheimpolizei KGB konzentriert. Ihre Ernennung könnte sich als bedeutendes politisches Zugeständnis erweisen.

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