Fillon bleibt Präsidentschaftskandidat der französischen Rechten

Auf einer Krisensitzung des politischen Büros der Republikaner (LR) am Montagabend wurde Fillon als dem Kandidaten der LR einstimmig das Vertrauen ausgesprochen. Damit kann er seine Präsidentschaftswahlkampagne fortsetzen. Und das, obwohl sich sein Wahlkampf-Team inzwischen so gut wie aufgelöst hat, in der Führung der LR erbitterte gegenseitige Beschuldigungen laut geworden sind und sichtbar wurde, welch tiefe Spaltung die scharfe Rechtswende der LR innerhalb der Partei hinterlassen hat.

Fillons Wahlkampagne ist schwer angeschlagen, seit im Januar Berichte erschienen sind, dass er seiner Frau Penelope Jobs mit 900.000 Euro Jahresgehalt besorgt hatte, ohne dass sie je dafür gearbeitet hätte. Diese Berichte kamen an die Öffentlichkeit, nachdem Fillon vorgeschlagen hatte, ein Bündnis aus Franzosen, Deutschen und Russen gegen die Trump-Regierung in Washington zu bilden. Etwa 71 Prozent der Franzosen sind dafür, dass Fillon seine Kandidatur zurückzieht. Sein Programm, das tiefe soziale Einschnitte vorsieht, ist äußerst unpopulär.

Vor der Sitzung des politischen Büros der LR am Montag hatten sich große Teile der Partei hinter die Forderung gestellt, Alain Juppé, Fillons wichtigster Rivale um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten, solle anstelle Fillons antreten. Neueste Umfragen zeigen, dass Juppé bei einer Kandidatur in die zweite Wahlrunde käme. Dort würde er auf die Kandidatin des neofaschistischen Front National (FN), Marine Le Pen, treffen. Er könnte sie besiegen und die Präsidentschaftswahlen gewinnen. Fillon jedoch würde schon in der ersten Runde ausscheiden.

Seit Ende letzter Woche ist so gut wie die gesamte Führung von Fillons Wahlkampfteam zurückgetreten und hat ihn mehr oder weniger offen angegriffen. Letzten Donnerstag haben der stellvertretende Wahlkampfleiter Sébastien Lecornu und der Wahlkampf-Schatzmeister Gilles Boyer das Handtuch geworfen. Boyer warf Fillon vor, dass er neofaschistische Positionen vertrete: „Man kann den FN nicht bekämpfen, indem man versucht, noch weiter rechts aufzutreten.“ Am Freitag dann schied Fillons Wahlkampfsprecher Thierry Solère aus, und am Sonntag konfrontierte ihn auch sein Wahlkampfleiter Patrick Stefanini Fillon mit einer Rücktrittserklärung.

Stefanini schrieb, wenn Fillon antrete und die LR besiegt würden, dann werde dies „die Mitte-Rechts-Wähler vor ein untragbares Dilemma stellen“. Sie müssten entweder den FN wählen oder Kandidaten, die der unpopulären Regierung der Sozialistischen Partei (PS) nahestehen. Er fügte hinzu: „Auf der Grundlage einer solchen Perspektive kann ich nicht arbeiten.“

Fillon reagierte darauf, indem er am Sonntagnachmittag eine rechte Demonstration zur Unterstützung seines Wahlkampfs im Trocadéro-Palast organisierte, der in einem reichen Viertel von Paris liegt. Dort kamen mehrere Tausend Demonstranten und eine große Gruppe von weit rechts stehenden Funktionären zusammen, darunter Aktivisten der Bewegung „Gesunder Menschenverstand“, die sich gegen die Homo-Ehe engagiert.

Außerdem trat er an diesem Abend im Fernsehsender France2 auf und betonte, als Sieger der LR-Vorwahlen sei er der einzige rechtmäßige Kandidat seiner Partei. Deshalb könne das politische Büro der LR ihn nicht absetzen. „Nicht die Partei wird darüber entscheiden. Wir werden nicht in Hinterzimmer-Manövern abstimmen ... Wenn die Wähler Alain Juppé gewollt hätten, dann hätten sie in den Vorwahlen für ihn gestimmt.“

Schließlich sprach das politische Büro der LR Fillon einstimmig das Vertrauen aus. Allem Anschein nach hatte zuvor Nicolas Sarkozy Fillon seine Unterstützung zugesagt. Sarkozy, Präsident von 2007 bis 2012, hatte sich damals ebenfalls auf einer nationalistischen und extrem rechten Plattform an die Wähler des FN gewandt.

Juppé gab am Dienstagmorgen bekannt, dass er definitiv nicht zur Wahl antreten werde. Er griff die Mitglieder seiner eigenen Partei an und erklärte: „Der harte Kern der LR-Mitglieder hat sich radikalisiert.“ Er machte die Verschiebung hin zu extrem rechen Positionen dafür verantwortlich, dass er die Partei nicht einen könne: „Ich bin nicht in der Lage, die notwendige Einheit der Partei auf einer gemeinsamen Plattform zu verwirklichen. Und deshalb bekräftige ich ein für allemal, dass ich nicht für die Präsidentschaft der Republik kandidiere.“

Juppés Anhänger bei den LR verurteilten Sarkozys Auftreten bei den internen Diskussionen. Einer von ihnen erklärte gegenüber Le Monde: „Sarkozy verliert lieber mit Fillon, als mit Juppé zu gewinnen. Das ist unverantwortlich.“

Die politische Krise, die die LR zu spalten droht, ist zum einen das Ergebnis einer umfassenden Rechtswende der Europäischen Union (EU) seit der Wirtschaftskrise von 2008 und zum anderen die Folge der rasanten und extremen Rechtsentwicklung der PS-Regierung unter Präsident François Hollande. Dieser versuchte für seine Austeritäts- und Kriegspolitik weit rechts Unterstützung zu gewinnen, vor allem in der Polizei und den Sicherheitskräften. Zu diesem Zweck übernahm er immer größere Teile des FN-Programms.

Als Reaktion auf Anschläge von Terrorgruppen, die von den Nato-Mächten für ihren Krieg in Syrien benutzt werden, verhängte er den Ausnahmezustand. Er ließ Flüchtlingslager räumen und Massenverhaftungen sowie Abschiebungen von Roma-Familien durchführen und baute eine paramilitärische Nationalgarde auf. Hollande lud wiederholt die FN-Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen in den Elysée-Palast ein, womit er ihre Partei offiziell legitimierte.

Die LR fanden sich zwischen der hysterischen Rechtswende der PS und dem wachsenden Einfluss des FN wieder. Juppé versuchte in dieser Situation als Gemäßigter aufzutreten, während Sarkozy und Fillon für die Teile der LR sprachen, die die Partei weiter nach rechts treiben wollen. Sie bemühten sich, den FN wie auch die PS von rechts anzugreifen und die Unterstützung von katholisch-fundamentalistischen Kreisen sowie von Teilen der Großindustrie zu gewinnen. Dort gibt es Pläne, grundlegende Sozialprogramme drastisch zu kürzen.

Obendrein versuchen sie offensichtlich zu verhindern, dass ein Großteil der Wählerschaft der LR und aus ihrem Umkreis zum FN abwandert, indem sie einen großen Teil von dessen Programm übernehmen.

Der rechte Nationalist Philippe de Villiers, der traditionell der LR nahestand, aber auch von dem von der PS-unterstützten Kandidaten Emmanuel Macron umworben wurde, unterstützt jetzt Le Pen. Er erklärte, er stehe hinter ihr, weil „ihre Hand nicht zittern wird, wenn sie schmerzliche Entscheidungen treffen muss“. Außerdem habe sie, so meinte er, Ideen übernommen, die er selbst, der ehemalige faschistische Berater Sarkozys, Patrick Buisson, und der Journalist und Verteidiger des Vichy-Regimes Eric Zemmour entwickelt hätten.

De Villiers schrieb: „Marine hat unsere Bücher [die von Villiers, Buisson und Zemmour] gelesen und verstanden, in welche Richtung wir gehen. Das Ergebnis war, dass unsere Leserschaft Fillon abserviert hat. Die Rechte wird in der zweiten Runde Marine Le Pen wählen, sie kann gewinnen.“

Die Bilanz der PS-Regierung und auch von Fillon macht deutlich, dass große Teile des politischen Establishments jetzt politische Positionen einnehmen, die denen des FN verwandt sind. Das bestätigt, wie aussichtslos jeder Versuch ist, die Angriffe auf grundlegende soziale und demokratische Rechte in Frankreich aufzuhalten, indem man für Kandidaten stimmt, die den LR oder der PS nahestehen. Fillons Überleben als Kandidat und die Entwicklung der LR-Wahlkampagne unterstreichen, dass diese grundlegenden Rechte nur von der Arbeiterklasse verteidigt werden können. Sie muss den Kampf aufnehmen gegen die extreme Rechtswende der herrschenden Klasse in Frankreich und ganz Europa.

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