Bannons Absetzung offenbart Krise im Weißen Haus

Präsident Donald Trump hat seinen politischen Chefberater Stephen K. Bannon aus dem Leitungsausschuss des Nationalen Sicherheitsrats, dem „Principals Committee“, abberufen. Das Komitee ist das oberste außenpolitische Entscheidungsgremium des Weißen Hauses. Dieser Schritt wurde nicht formell verkündet, sondern in einem Memorandum des Präsidenten bekanntgegeben, welches am Mittwoch den Nachrichtenagenturen zur Verfügung gestellt wurde.

Mit dem Memorandum wird das „Principals Committee“ neu strukturiert. Dieses Gremium umfasst wichtige Mitarbeiter des Weißen Hauses und des Kabinetts und kommt zusammen, um entweder Entscheidungen zu treffen oder dem Präsidenten Vorschläge zu machen. Mit dem Memorandum wurde nicht nur Bannon abberufen, sondern auch mehrere hohe Militärs und Geheimdienstmitarbeiter, die erst vor zwei Monaten abgezogen worden waren, wieder eingesetzt, darunter der Generalstabsvorsitzende, der Direktor der nationalen Geheimdienste und der CIA-Direktor.

Die Absetzung von Bannon, dem Mann in Trumps engstem Kreis mit den ausgeprägtesten faschistischen Positionen, offenbart einen heftigen Konflikt innerhalb der neuen rechten Regierung sowohl über die Innen- als auch die Außenpolitik.

In Angelegenheiten der nationalen Sicherheit wurde Bannon durch den Nationalen Sicherheitsberater H. R. McMaster ersetzt. McMaster ist ein aktiver Generalleutnant der Armee, der von Trump im Februar nach dem Rücktritt von General a. D. Michael Flynn ernannt wurde. Hohe militärische Führungskräfte besetzen in der Trump-Regierung sämtliche Ämter im Bereich Nationale Sicherheit: McMaster im Nationalen Sicherheitsrat, der Marinegeneral a. D. General James („Mad Dog“) Mattis im Pentagon und ein weiterer Marinegeneral im Ruhestand, John F. Kelly, im Heimatschutzministerium.

McMaster hat seine Kontrolle über den Nationalen Sicherheitsrat schrittweise gefestigt und dabei viele der von Flynn berufenen Mitglieder entfernt. Vor der Abberufung von Bannon wurde der Stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberaterin K. T. McFarland, einer ehemaligen Mitarbeiterin von Fox News und republikanischen Kandidatin für den US-Senat, der Posten als Botschafterin in Singapur oder irgendein anderer Posten ihrer Wahl im Außenministerium angeboten. Damit sollte McMaster die Möglichkeit gegeben werden, seine eigene Stellvertreterin, die ehemalige Mitarbeiterin der Bush-Regierung und Goldman-Sachs-Bankmanagerin Dina Powell zu befördern. Das Memorandum, das Trump am Mittwoch unterzeichnet hat, macht Powell zum Mitglied des „Principals Committee“ als Stellvertreterin für McMaster.

In der Innenpolitik stehen Bannon, Trumps politischer Chefberater, Stephen Miller, und der Direktor des Nationalen Handelsrats, Peter Navarro, für eine Politik des extremen wirtschaftlichen Nationalismus und rechten Populismus. Sie sind mit altgedienten Vertretern der Wall Street in Konflikt geraten, wie beispielsweise Gary Cohn, dem ehemaligen Präsidenten von Goldman Sachs und Vorsitzenden des Nationalen Wirtschaftsrats, wie auch mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, dem Erben eines New Yorker Milliarden-Dollar-Immobilienvermögens.

Am Donnerstag waren die US-Medien voll mit Sensationsberichten über einen „Bürgerkrieg“ im Weißen Haus zwischen den Wall-Street-„Globalisierungsbefürwortern“, angeführt von Cohn und Kushner (jeder von ihnen Besitzer eines Vermögens von mehr als einer halben Milliarde Dollar), und den „Nationalisten“, angeführt von Bannon.

Es gab Berichte von persönlichen Zusammenstößen zwischen Bannon und Kushner, von ununterbrochenen Kämpfen mit hasserfüllten Anfeindungen speziell vonseiten Bannons. Die antisemitische Botschaft bei einem Großteil der Auseinandersetzungen ist nicht zu übersehen – Cohn und Kushner sind beide Juden. Bannon ist allgemein bekannt für seine religiöse Bigotterie, die er nur dürftig als Opposition gegen Trumps engsten Kreis verbirgt, den er die „New Yorker“ Fraktion nennt.

Die meisten unternehmerfreundlichen Medien stellen sich auf die Seite von Kushner und Cohn und gegen Bannon. Kushner und Cohn gehören – wie Trump selbst bis zur Wahlkampagne 2016 – zu den langjährigen Spendern der Demokratischen Partei. Was auch immer ihre persönlichen und taktischen Differenzen sein mögen, beide Seiten in diesem Fraktionskampf sind reaktionäre Verteidiger des Großkapitals und des amerikanischen Imperialismus.

Es wird berichtet, dass Cohn und Kushner gegen einen Frontalangriff zur Abschaffung von Obamacare waren. Das widerspiegelt die weitverbreitete Unterstützung in der Unternehmerelite für Obamas Ziele, die Kosten der Gesundheitsversorgung für die Regierung und die Unternehmen zu reduzieren. Obamacare hat einen größeren Teil dieser Lasten auf die einzelnen Arbeiter verlagert. Damit wurde ein zweigleisiges Medizinsystem geschaffen, mit einer reduzierten Versorgung für die arbeitende Bevölkerung und der besten Versorgung, die man mit Geld bezahlen kann, für die Reichen.

Cohn und Kushner wollten den Schwerpunkt lieber auf Steuersenkungen für Reiche und Konzerne und auf die Kürzung der Ausgaben für die Sozialversicherung und Medicare legen. Sie waren sogar gegen symbolische und demagogische Versuche, sich an die arbeitende Bevölkerung zu wenden, beispielsweise mit den Vorschlägen, die Ausgaben für die Infrastruktur zu erhöhen.

Die New York Times hat angedeutet, Bannon sei beinahe völlig draußen gewesen. Am Mittwoch berichtete sie, er habe damit gedroht, eher aus dem Weißen Haus auszuscheiden, als seine Degradierung in der Außenpolitik zu akzeptieren. Bannon hat diese Behauptung scharf dementiert. Solche Berichte haben eine Flut selbstgefälliger und triumphierender Kommentare von pro-demokratischen Medienvertretern ausgelöst.

Typisch dafür war Michelle Goldberg im Online-Magazin Slate, die „einen winzigen Lichtstrahl in den schwarzen Wolken über Washington, D.C.“ entdeckt hat. „Es könnte sein, dass der berserkerhafte Horror des Trumpismus, dem etwas geringeren Horror eines normalen Konservativismus weicht [...]. Vielleicht bewegen wir uns von der Präsident-Bannon-Phase des Alptraums unter Trump zur Präsident-Jared-Kushner-Periode.“

Rechtsradikale Medien haben mit einer Kampagne zur Verteidigung von Bannon begonnen. Sie warnen Trump davor, sich auf die Seite der „demokratischen“ Fraktion in seinem eigenen Weißen Haus zu stellen. Der ehemalige Trump-Berater Roger Stone behauptet, Kushner bringe direkt gegen Bannon gerichtete Geschichten in Umlauf. Der rechte Radiomoderator Mark Levin denunzierte am Mittwoch auf Twitter Jared Kushner, Gary Cohn, Dina Powell als die „drei Liberalen an der Spitze der Regierung, die ihre Kontrolle über das Weiße Haus festigen“.

Die Konflikte über die Außenpolitik sind auch weiterhin der Antriebsmotor der Kongressuntersuchung über eine angebliche russische Einmischung in die US-Wahlen von 2016. Devin Nunes, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses ist am Donnerstag, nur 24 Stunden nach der Abberufung von Bannon, aus dem Untersuchungsausschuss ausgeschieden. Dieser Vorfall scheint die Parallele im Kongress zu den Erschütterungen im Weißen Haus zu sein.

Nunes galt als der vehementeste Verteidiger des Präsidenten innerhalb des Komitees. Er war in einem unbeholfenen Versuch so weit gegangen, Trumps Behauptung zu verteidigen, Barack Obama habe während des Wahlkampfs die Telefonüberwachung des Trump Towers angeordnet.

Fast sämtliche Demokraten und viele Republikaner hatten Nunes Verhalten kritisiert. Er hatte jedoch die Forderungen nach seinem Ausscheiden aus dem Untersuchungsausschuss entschieden abgelehnt, bis vor der Ethikkommission des Senats formelle Klagen eingereicht wurden. Sie basieren auf der Behauptung, dass er in seinen öffentlichen Erklärungen, die Geheimdienste hätten die Telefone der Trump-Wahlkampfhelfer abgehört, geheime Verschlusssachen öffentlich gemacht habe.

Nunes traf sich am Mittwochabend mit dem Sprecher des Repräsentantenhauses Paul Ryan, wo ihm offensichtlich seine Entlassung mitgeteilt wurde. Am nächsten Morgen verkündete er, er werde Vorsitzender des Komitees bleiben, habe aber die Untersuchung über den russischen Hackerangriff wie auch über Trumps unbewiesene Behauptung, Obama habe eine Telefonüberwachung angeordnet, an ein Trio aus Vertretern der Republikaner abgegeben, an Mike Conaway aus Texas, Trey Gowdy aus South Carolina und Tom Rooney aus Pennsylvania.

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