Paris: NPA macht Wahlkampf mit Kriegsprogramm

Kurz vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich sprachen sich Vertreter der pseudolinken NPA in Paris für den Kriegskurs der USA gegen Syrien und Russland aus.

Etwa tausend Teilnehme waren am 19. April zur letzten Wahlversammlung der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) in den Pariser Vorort gekommen. Spitzenkandidat Philippe Poutou und andere NPA-Vertreter kritisierten die Politik der regierenden Sozialistischen Partei (PS) nur in taktischen Einzelheiten. Dabei ist die Politik der Regierung von Präsident François Hollande zutiefst diskreditiert; ihre Zustimmungswerte befinden sich auf einem historischen Tiefststand.

Die NPA spricht für eine Anhängerschaft aus dem gehobenen Kleinbürgertum, die seit Jahrzehnten die Deutungshoheit darüber hat, was in Frankreich als „linksextrem“ gilt. Dieser Begriff ist jedoch ebenso irreführend wie die Darstellung der Medien, laut denen die PS mit ihrer Kriegs- und Austeritätspolitik den „Sozialismus“ repräsentiere.

Die Führungsschicht der NPA rekrutiert sich aus Angehörigen der Studentenbewegung nach 1968, und sie übt Anziehungskraft auf eine ganz besondere Schicht der Jugend aus: Ein Teil davon bereitet sich auf eine Karriere in der offiziellen Politik vor. Pflichtbewusst posierten sie in Anzug und Krawatte für Fernsehinterviews. Andere geben sich „alternativ“ und tragen entsprechende teure Markenkleidung. Eine Gastrednerin aus Italien stellte einen Plan zur Bekämpfung gender-spezifischer Gewalt vor, den sie der italienischen Regierung vorschlagen will.

Der Arbeiterklasse steht die NPA jedoch mit erbitterter Feindschaft gegenüber. Sie hat mehrmals die Wahl der Sozialistischen Partei in Frankreich und der Syriza („Koalition der Radikalen Linken“) in Griechenland unterstützt. Beide Parteien setzten einen brutalen Austeritätskurs durch. Vor allem unterstützt sie jedoch entschieden die Kriege, mit denen die imperialistischen Mächte ihre finanzielle Vorherrschaft (und damit den Wohlstand der kleinbürgerlichen Anhängerschaft der NPA) verteidigen wollen.

Um dieses Thema ging es im ersten Hauptbeitrag von Poutous Kundgebung, einer Rede von NPA-Sprecherin Christine Poupin. Angeblich sollte es um Internationalismus gehen, tatsächlich verteidigte sie aber vehement die imperialistischen Interventionen, vor allem in Syrien. Hysterisch warf sie den Regierungen der imperialistischen Großmächte in Europa und Nordamerika vor, sie hätten nicht brutal genug interveniert, um die syrische Regierung zu stürzen.

Die Oppositionsmilizen im Sold der Nato sind in Syrien mittlerweile extrem unpopulär. Um dennoch für ihre Unterstützung zu werben, musste Poupin die Realität auf den Kopf stellen. Sie behauptete, die Nato sei schuld, dass die Milizen, die gegen Assad kämpfen, heute „keine Möglichkeit mehr [haben], sich zu verteidigen, vor allem nicht gegen Luftangriffe. Und alle Interventionen des Auslands in Syrien haben [dem syrischen Präsidenten Assad] letztlich geholfen, an der Macht zu bleiben.“

Das ist bloß eine Ansammlung von Lügen. Poupins Behauptung verschleiert, dass die wichtigsten ausländischen Interventionen in Syrien jene der nordamerikanischen und europäischen Imperialisten waren, unterstützt von den Ölscheichtümern vom Persischen Golf. Sie haben Milliarden Dollar ausgegeben, um kurdisch nationalistische und islamistische Oppositionsmilizen in Syrien mit Waffen zu beliefern. Damit haben sie nicht Assad „geholfen“, sondern Syrien und seine Regierung zerstört und Dutzende Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht.

Poupins Versuch, die Unterstützung der NPA für den Krieg als „linke“ Kritik an der Politik der imperialistischen Großmächte zu präsentieren, strotzten nur so vor politischen Lügen. Im Einklang mit der Haltung der Demokratischen Partei in den USA warf sie der US-Regierung vor, sie gehe bei ihrem Angriff auf Syrien nicht aggressiv genug vor und sei nicht in der Lage, Assad zu stürzen. Das zeigt lediglich, dass es die NPA schafft, die rechtsextremste Regierung in der Geschichte der USA noch von rechts zu kritisieren.

Poupin erwähnte Trumps unprovozierten Raketenangriff auf Syrien vom 7. April, nach dem Giftgasangriff auf Chan Scheichun drei Tage zuvor. Schon früher haben die oppositionellen Milizen mehrfach Chemiewaffen eingesetzt und sie dem syrischen Regime angelastet. So war es beim Angriff auf Ghuta im August 2013. Bei dem Vorfall vom 4. April deutet alles auf eine Provokation der CIA hin. Dennoch kritisierte Poupin Trumps Aggression gegen Syrien von rechts: Sie kritisierte nicht etwa, dass der Angriff vom 7. April völkerrechtswidrig gewesen sei, sondern er sei nicht brutal genug gewesen, um Assad zu vernichten. Für den Angriff auf Chan Scheichun machte sie die Assad-Regierung verantwortlich, ohne dafür Beweise zu liefern.

Poupin erklärte: „Trumps großspurige Geste wird unsere Meinung nicht ändern. Nur eine Woche vor dem schrecklichen Chemiewaffenangriff auf Chan Scheichun hat er durchblicken lassen, dass für ihn im Kontext des so genannten Kriegs gegen den Terror auch ein Bündnis mit Baschar al-Assad in Frage käme. Ein derartiges Signal hat das Regime natürlich zu seinen Verbrechen ermutigt. Tatsächlich liegt es jetzt an der syrischen Bevölkerung, und an ihr allein. Konfrontiert mit Assad und konfrontiert mit dem IS muss sie über ihre Zukunft selbst entscheiden.“

Die verantwortungslose Art und Weise, wie die NPA imperialistische Kriege unterstützt, entlarvt sie als Werkzeug des Imperialismus. Schon 2011 ist sie offen für den Nato-Krieg in Libyen eingetreten. Der Arbeiterklasse steht sie feindselig gegenüber. Sie ist heute das Endprodukt einer langen Entwicklung im Schlepptau der PS. Diese reaktionäre Partei des Großkapitals hat seit dem Generalstreik von 1968 die offizielle politische Linke in Frankreich dominiert. Die PS präsentierte sich damals zu Unrecht als sozialistisch und verbündete sich mit der stalinistischen Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF), die damals noch eine große Anhängerschaft in der Arbeiterklasse hatte.

Seither ist fast ein halbes Jahrhundert vergangen. Heute ist die PS in rapider Auflösung begriffen. Durch die jahrzehntelange Austeritäts- und Kriegspolitik, die sie den Arbeitern vor allem während Hollandes fünfjähriger Amtszeit aufgezwungen hat, ist sie zutiefst diskreditiert. Sie ist innerlich gespalten und tritt mit zwei konkurrierenden Präsidentschaftskandidaten an: dem ehemaligen PS-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron und ihrem offiziellen Präsidentschaftskandidaten Benoît Hamon. In der Bevölkerung ist sie verhasst und steht am Rande des Zusammenbruchs, sodass die Vermutung kursiert, sie könnte sich gänzlich auflösen, wie es mit der sozialdemokratischen Partei Pasok in Griechenland passierte.

Aus dem Zusammenbruch der PS ergibt sich die drängende Notwendigkeit, eine wirklich revolutionäre sozialistische Alternative aufzubauen. Die kleinbürgerlichen Schichten aus der NPA und ihrem Umfeld befassen sich jedoch nicht mit dieser Frage. Die Partei wurde 2009 gegründet, nachdem sich ihre Vorgängerpartei, die kleinbürgerliche Ligue communiste révolutionnaire (LCR), öffentlich und bewusst vom Trotzkismus distanziert hatte. Angesichts des Zusammenbruchs der europäischen sozialdemokratischen und stalinistischen Organisationen hat sie keine andere Perspektive anzubieten.

Die NPA schweigt über ihre opportunistische Beziehung zur PS seit fast fünfzig Jahren, obwohl diese Partei sich in einer historisch einmaligen Phase des Zusammenbruchs befindet. Die NPA bekennt sich zwar nicht offen zu ihren engen Beziehungen zur PS, doch diese kann sich immer auf die Unterstützung der NPA verlassen. Im Jahr 2012 rief Poutou zur Wahl Hollandes auf, und davor hatte NPA-Kandidat Olivier Besancenot bei der Wahl von 2007 die erfolglose PS-Kandidatin Ségolène Royal unterstützt.

Die reaktionäre Politik der NPA hat in ihrer Gesamtheit zu einer Situation geführt, in der nicht etwa die NPA selbst als beste Hoffnung der „linken“ Wähler gilt, sondern Jean-Luc Mélenchon. Der ehemalig Nach-1968er-Student und langjährige PS-Politiker konnte in den Umfragen in kurzer Zeit stark zulegen, vor allem, nachdem er Trumps Raketenangriff auf Syrien am 7. April kritisiert hatte. Trotzdem haben weder Mélenchon noch die NPA grundsätzliche Differenzen mit der PS, mit der sie jahrzehntelang zusammenarbeiteten.

Als Poutou bei der Veranstaltung in Paris über seine Differenzen mit Mélenchon redete, attackierte er populistisch Mélenchons lange Karriere als PS-Senator, der er seine eigene Karriere als Gewerkschaftsbürokrat entgegenstellte. Poutou ist CGT-Vertreter bei Ford in Blanquefort nahe Bordeaux.

Er erklärte, Politiker hätten eine „mehr als zweifelhafte Moral“, und warnte davor, „in die Falle zu tappen, die für uns vorbereitet wird: die Falle, die institutionelle Linke retten zu wollen, die staatliche Linke“.

Er erklärte weiter, Mélenchon wirke zwar „nett“, mit seinen wortradikalen Angriffen auf den Sparkurs, er sei „aber schon sein ganzes Leben lang Politiker. Er war dreißig Jahre lang in der Sozialistischen Partei und war Teil der Jospin-Regierung.“

Poutous moralistische Äußerungen sind nichts als Demagogie. Die NPA vertritt letzten Endes die gleiche nationalistische, proimperialistische Politik wie der ehemalige PS-Senator Mélenchon oder Lionel Jospin selbst. Poutous Versuch, sich von Mélenchon zu distanzieren, ist unglaubwürdig. Es ist allgemein bekannt, dass die Differenzen zwischen Poutous PS-naher Politik und der von Mélenchon bestenfalls nebensächlich sind, und dass sich die NPA nur allzu gerne mit Mélenchon verbünden würde.

Tatsächlich erklärte Poupin kurz vor der NPA-Kundgebung in einem Interview mit dem Fernsehsender „Public Sénat“, der NPA und Mélenchon seien enge Verbündete. „Wer Jean-Luc Mélenchon wählt oder sich darauf vorbereitet, der ist großartig“, sagte sie. „Wenn er in die Stichwahl kommt, ist das sehr, sehr gut … Jean-Luc Mélenchon ist nicht unser Feind.“

Derartige Äußerungen machen deutlich, dass Poutous Kritik an den Berufspolitikern und seine Versuche, sich als revolutionärer und Kapitalismus-feindlicher als Mélenchon zu präsentieren, nichts als Betrug sind. Arbeiter und Jugendliche, die nach einer Alternative zum Zusammenbruch der PS suchen, werden nicht umhin kommen, auch gegen die kleinbürgerliche Kriegspolitik der NPA zu kämpfen.

Loading