SPD reagiert auf NRW-Niederlage mit Staatsaufrüstung

Unmittelbar nach der Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen hat die SPD angekündigt, sie werde ihren Bundestagswahlkampf neu ausrichten.

Im Frühjahr hatte Martin Schulz nach seiner Wahl zum SPD-Spitzenkandidaten einen sogenannten „Gerechtigkeitswahlkampf“ angekündigt und in vielen Interviews betont, die schlimmsten Fehler der Agenda 2010 müssten korrigiert werden.

Anfang der Woche erklärte er nun, die SPD werde die innere Sicherheit ins Zentrum des Bundestagswahlkampfs stellen. Am Dienstag, zwei Tage nach der NRW-Wahlniederlage, verschickte die Parteiführung ein 67-Seiten-Papier an die Mitgliedschaft, in dem die Eckpunkte des Bundestagswahlprogramms zusammengefasst sind. Sie fordert darin einen „starken, handlungsfähigen Staat“, der Kriminalität, Extremismus und Terror entschieden entgegentritt.

In dem Leitantrag, der am 25. Juni in Dortmund auf einem SPD-Bundesparteitag verabschiedet werden soll, heißt es unter anderem:

  • „Wir wollen 15.000 neue Stellen bei der Polizei in Bund und Ländern schaffen.“
  • „Wo Videotechnik hilft, Gefahren vorzubeugen und Beweise zu sichern, soll sie eingesetzt werden.“
  • „Ausländer, die schwere Straftaten begehen, sollen nach Verbüßung ihrer Strafe unverzüglich abgeschoben werden.“
  • „Wir werden extremistische islamistische Moscheen schließen und ihre Finanzierung unterbinden.“

Das ist AfD-Politik. Die SPD fordert den Ausbau und die Stärkung der Polizei. Ihre Kompetenzen sollen massiv ausgeweitet werden. Dabei beschränkt sich die SPD nicht nur auf das Wahlprogramm.

Wie die Süddeutsche Zeitung am Donnerstag berichtete, will die große Koalition noch vor der Wahl das staatliche Hacking, die sogenannte Online-Durchsuchung, stark ausweiten. Eine entsprechende Reform der Strafprozessordnung, über die der Bundestag im Juni abstimmen soll, sei kurz vor Schluss des Gesetzgebungsverfahrens massiv verschärft worden. Federführend in dem Verfahren ist das SPD-geführte Justizministerium.

Bei der Online-Durchsuchung wird eine sogenannte Trojaner-Software eingesetzt, um Computer und Handys auszuspähen. Da der Betroffene davon nichts merkt, kann er, anders als bei einer Hausdurchsuchung, auch nicht dagegen vorgehen.

War die Online-Durchsuchung bisher nur zur Abwehr einer konkreten, schweren Straftat erlaubt, soll sie in Zukunft auf 38 verschiedene Delikte ausgedehnt und auch zur Aufklärung bereits erfolgter Straftaten eingesetzt werden. Zu den Delikten gehören auch Drogenbesitz und „Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung“. Außerdem soll jede Dienstelle der Kriminalpolizei, und nicht nur das Bundeskriminalamt, Trojaner einsetzen können.

Zwar ist dafür wie bei der Telefonüberwachung eine richterliche Genehmigung nötig. Aber da alleine im letzten Jahr 32.668 Telefonüberwachungen durchgeführt wurden, ist dies offensichtlich nichts weiter als eine routinemäßige Formalität. Das neue Gesetz bahnt also einer umfassenden Ausspähung der Bevölkerung den Weg.

Mit ihrer Forderung nach schneller Abschiebung krimineller Ausländer schürt die SPD gezielt rassistische Stimmungen. Wie alle rechten Parteien versucht sie so, die wachsende Opposition gegen die soziale Krise in rassistische Bahnen zu lenken.

Die SPD vollzieht diese Rechtswende in ihrem Wahlprogramm nicht aus wahltaktischen Überlegungen. Sie weiß sehr gut, dass beide Themen – innerstaatliche Aufrüstung und Ausländerfeindschaft – von großen Teilen der arbeitenden Bevölkerung und Jugend abgelehnt werden.

Sie reagiert auf das NRW-Wahlergebnis als Staatspartei. Sie wertet die eigenen Stimmenverluste als Ausdruck einer massiven Opposition gegen die gesamte herrschende Klasse. In den Medienberichten über die Wahl war weitgehend untergegangen, dass nicht nur die SPD ihr historisch schlechtestes Ergebnis seit 1947 hinnehmen musste, sondern auch die CDU ihr zweitschlechtestes Ergebnis erzielte.

Die SPD wertet das Wahlergebnis als Ankündigung großer Klassenkämpfe und reagiert mit einer Law-and-Order-Kampagne, die darauf ausgerichtet ist, einen Polizeistaat zu schaffen.

Arbeiter müssen ihrerseits Lehren aus der NRW-Wahl ziehen und sich auf heftige Klassenkämpfe vorbereiten. Die Reaktion der SPD auf das Wahlergebnis zeigt sehr deutlich, dass die Zeit, in der die Arbeiterklasse ihre Interessen mit dem Stimmzettel wahrnehmen konnte, unwiderruflich vorbei ist. Sollte jemand noch gehofft haben, man könne der SPD einen Denkzettel verpassen und sie dadurch nach links drücken, wird er nun eines Besseren belehrt.

Die Sozialdemokratie und die mit ihr verbündeten Gewerkschaften sind Instrumente der herrschenden Klasse. Das zeigt auch die Entwicklung in anderen Ländern. In Frankreich wurde die bisher regierende Sozialistische Partei vor wenigen Wochen, in der ersten Runde der Präsidentenwahl, vernichtend geschlagen. Das war die Quittung für die verhassten Arbeitsmarktreformen, die Polizeistaatsaufrüstung und die Kriegspolitik von Präsident Hollande. Auch in Griechenland, Spanien, Holland und anderen Ländern vollzieht sich ein rapider Niedergang der Sozialdemokraten.

Die SPD reagiert auf die internationale Krise des Kapitalismus, indem sie sich für die Wiederkehr deutscher Großmachtpolitik einsetzt. Parallel zur militärischen Aufrüstung treibt sie den Aufbau der inneren Sicherheit und Polizeistaatsmaßnahme intensiv voran.

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