Untersuchungen zu Verbindungen mit Russland auf Trumps Anwalt ausgedehnt

Die heftige innenpolitische Auseinandersetzung, die Washington seit Monaten beherrscht, verschärft sich weiter. Am Dienstag wurde bekannt, dass die Geheimdienstausschüsse des Kongresses Präsident Trumps persönlichen Rechtsanwalt, Michael Cohen, aufgefordert haben, „Informationen herauszugeben und eine Aussage“ über alle Kontakte zu machen, die er mit Vertretern Russlands hatte.

Cohens Zusammenarbeit mit Trump reicht in die Zeit vor der Wahlkampagne von 2016 zurück. Die Vorladungen, die Cohen erhielt, waren dieselben, die den ehemaligen Beratern von Trump Michael Flynn, Paul Manafort, Carter Page und Roger Stone zugestellt wurden. Flynn hatte sich letzte Woche geweigert, der Vorladung eines Senatsausschusses nachzukommen und lehnte ein Auskunftsersuchen des Repräsentantenhauses ab.

Cohen erklärte gegenüber ABC News, er habe sich ebenfalls geweigert, bei den Untersuchungen zur angeblichen Einmischung Russlands in die Wahlen und zu einer möglichen Zusammenarbeit von Trumps Wahlkampfteam mit russischen Vertretern zu kooperieren. Der zuständige Senatsausschuss reagierte darauf, indem er seinen Vorsitzenden, dem republikanischen Vorsitzenden Richard Burr, und dem Demokraten Mark Warner die Vollmacht verlieh, Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, wann immer sie diese für notwendig erachteten. Am Dienstag informierte Flynn das Komitee darüber, dass er bereit sei, einige, jedoch nicht alle gewünschten Informationen zur Verfügung zu stellen.

Cohen erklärte in einer E-Mail: „Ich habe die Vorladung abgelehnt, weil die Anfrage schwach formuliert, übermäßig weit gefasst und unmöglich zu beantworten war.“ Cohen schrieb, die Untersuchung ziele auf ein „eiliges Urteil“ ab. Er verurteilte das Auskunftsersuchen als eine „Ermittlung ins Blaue hinein“. Er fügte hinzu: „Noch immer fehlt auch nur ein einziger glaubwürdiger Beweis, der die Anschuldigungen in Bezug auf Russland untermauert.“

Die Weigerung von Cohen und Flynn, den Aufforderungen der Ausschüsse nachzukommen, könnte zu einer juristischen Auseinandersetzung wegen der Missachtung von Vorladungen des Kongresses führen, zu Gerichtsurteilen und einer Anklage wegen Behinderung der Justiz durch Trump persönlich – ein Vergehen, das ein Amtsenthebungsverfahren rechtfertigen würde.

Dass Cohen in die Untersuchungen des Kongresses mit einbezogen wurde, weitet den betroffenen Personenkreis aus Trumps direkter politischer und persönlicher Umgebung noch weiter aus. Diese Untersuchung läuft parallel zu einer FBI-Untersuchung, die vom ehemaligen FBI-Direktor und kürzlich zum Sonderermittler ernannten Robert Mueller geleitet wird. Letzte Woche verschob sich der Brennpunkt der Kampagne gegen Trumps angeblich „nachgiebige Haltung“ gegenüber Russland auf Jared Kushner, seinen Schwiegersohn und engsten Berater des Präsidenten im Weißen Haus.

Die Demokratische Partei und der größte Teil der Medien stellen die Treffen von Kushner mit Vertretern Russlands im Dezember, also in der Zeit des Amtswechsels, als illegitim, wenn nicht sogar als Hochverrat dar. Berichte darüber, dass Kushner dem russischen Botschafter in Washington, Sergej Kisljak, eine abhörsichere Leitung vorgeschlagen habe, um die Zusammenarbeit in Bezug auf den Krieg in Syrien und andere Fragen zu diskutieren, werden als Beweise für einen ungewöhnlichen und üblen Bruch diplomatischer und politischer Normen vorgebracht. Dieser Kommunikationskanal wurde nie eingerichtet.

Das Nationale Komitee der Demokraten verlangte letzte Woche, Trump solle Kushner sofort feuern, und forderte ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Es verlangte zudem Auskunft darüber, ob der Antrag auf einen geheimen Kommunikationskanal mit Moskau von Trump autorisiert worden sei.

Die Aufregung über diese Frage ist ein reines Ablenkungsmanöver. Es ist überhaupt nichts Ungewöhnliches an solchen vertraulichen Kanälen zu ausländischen Regierungen. Und das nicht nur, wenn US-Regierungen sie herstellen, sondern auch wenn zukünftige Präsidenten und sogar Wahlkampfteams noch vor den Wahlen dies tun. Die wirkliche Ursache des Konflikts innerhalb der herrschenden Klasse ist die Tatsache, dass die Trump-Regierung verbesserte Beziehungen mit Russland befürwortet, um die Aggression des US-Imperialismus auf China zu konzentrieren. Das widerspricht jedoch der vehement antirussischen Politik, welche die Obama-Regierung verfolgt hat und die von großen Fraktionen innerhalb der Geheimdienste und des außenpolitischen Establishments unterstützt wurde.

Die Demokratische Partei hat sich vollständig hinter die fanatisch anti-russische Fraktion im Staatsapparat gestellt und macht diesen Aspekt der imperialistischen Politik zur Grundlage ihrer Opposition gegen Trump. Sie äußert sich so gut wie nicht zu Trumps brutalen Angriffen auf demokratische Rechte und zu seinen Plänen, die Sozialprogramme zu zerschlagen, auf die Millionen arbeitender Menschen für ihre Gesundheitsversorgung, ihre Lebensmittelversorgung, die Wohnbeihilfe und andere elementare Bedürfnisse angewiesen sind. Auch zu Trumps Frontalangriff auf das öffentliche Bildungssystem schweigen sie sich größtenteils aus. Sowohl in diesen Fragen als auch in Bezug auf eine Politik, die den Reichen noch sattere Gewinne beschert, herrscht weitgehende Einigkeit zwischen den beiden Parteien des Großkapitals.

Der fabrizierte „Skandal“ wegen der Geheimkanäle nach Russland hat den gleichen Charakter wie das gesamte, frei erfundene antirussische Narrativ. Bis jetzt wurden weder von den Geheimdiensten noch von der Demokratischen Partei oder den Medien stichhaltige Beweise vorgelegt, die die Behauptungen bestätigen, dass russische Hackerangriffe und das Durchsickern von E-Mails der Demokratischen Partei die Wahlen zugunsten von Trump und gegen Hillary Clinton beeinflusst haben.

Fast stündlich erscheinen neue Berichte in den Medien mit vagen und nicht bewiesenen Behauptungen. Ein Beispiel dafür ist der Bericht von CNN am Dienstag über abgefangene Konversationen von nicht genannten Russen, in denen es um nicht näher bezeichnete „nachteilige“ Informationen über Mitarbeiter von Trump gehe, die dazu benutzt werden könnten, Druck auf die Trump-Regierung auszuüben.

Der ehemalige Geheimdienstdirektor, James Clapper, ist in diversen Nachrichtenprogrammen aufgetreten, um Verdächtigungen über die Beziehungen der Trump-Regierung zu Moskau anzuheizen. Dienstagmorgen erklärte er gegenüber Chris Cuomo von CNN, es gebe „erdrückende“ Beweise für die Einmischung Russlands in die US-Wahlen. Als er von Cuomo bedrängt wurde, weigerte er sich allerdings, irgendwelche tatsächlich vorzulegen. Er behauptete, Kushners Diskussionen mit russischen Vertretern könnten das „bewährte Prinzip, dass es nur einen Präsident gleichzeitig geben darf“, verletzt haben.

In einem späteren Interview in der Sendung „PBS NewsHour“ erklärte er, es könne eine „harmlose“ Erklärung für Kushners Vorschlag eines Geheimkanals mit Russland geben. Er fügte jedoch hinzu: „Man fragt sich, ob es möglicherweise doch etwas Schändlicheres war.“

General a.D. Wesley Clark, ein Demokrat, der die Nato-Streitkräfte während des von den USA geführten Kriegs gegen Serbien befehligte, brachte die Trump-Russland-Untersuchung mit dem vielfach kritisierten Auftritt des Präsidenten auf dem Nato- und dem G7-Gipfel letzte Woche in Verbindung. In einem Interview auf CNN am Dienstag sagte er: „Die Menschen in Europa fragen sich, warum diese Regierung versucht, Putin glücklich zu machen.“

In Wahrheit bestand die Reaktion der europäischen Mächte auf den Besuch von Trump jedoch darin, dass sie sich von der russlandfeindlichen Politik der USA noch weiter distanzierten. Ein Beispiel dafür war der Besuch Putins beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Montag. Die Demokraten versuchen jedoch, Trumps Besuch in Europa, der von wesentlichen Teilen der herrschenden Elite als katastrophal eingeschätzt wird, dazu zu nutzen, um ihre eigenen Konflikte mit der Trump-Regierung über die Ausrichtung der Außenpolitik zu verschärfen.

Es gibt mehr und mehr Anzeichen für eine chaotische Krise innerhalb der Regierung. Am Dienstag kündigte das Weiße Haus den Rücktritt von Mike Dubke als Kommunikationschef an. Die Ankündigung erfolge vor dem Hintergrund hartnäckiger Berichten über kurz bevorstehende Personalwechsel im Stab des Weißen Hauses. Dazu gehört auch die Entlassung oder Herabstufung des Pressesprechers des Weißen Hauses Sean Spicer.

Zum ersten Mal seit zwei Wochen gab Spicer am Dienstag eine Pressekonferenz, auf der er sich weigerte, Fragen zur Untersuchung gegen Kushner zu beantworten. In seiner vom Manuskript abgelesenen Stellungnahme lobte er Trumps Auslandsreise als Triumph der Außenpolitik unter dem Leitspruch der Regierung „America first“. Als er zu der scharfen Zurechtweisung Trumps durch Kanzlerin Angela Merkel und deren Forderung nach einer unabhängigen europäischen Politik befragt wurde, lobte Spicer die Beziehung zwischen Trump und Merkel über den Klee. Er bestand darauf, dass sie „sehr gut miteinander ausgekommen“ seien.

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