SGP-Wahlveranstaltung in Duisburg

Lebhafte Diskussion über den Zusammenhang von Krieg und sozialen Problemen

Am Dienstagabend stellten die drei Bundestagswahlkandidaten der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) in Nordrhein-Westfalen Arbeitern und Jugendlichen das sozialistische Programm vor, mit dem die SGP zur Wahl antritt.

Dietmar Gaisenkersting, Elisabeth Zimmermann-Modler und Ulrich Rippert (von links)

Dietmar Gaisenkersting begrüßte die rund 30 Gäste im nördlichen Duisburger Stadtteil Hamborn. Er fasste die zugespitzte internationale Lage zusammen, die vor allem von der massiven Kriegsgefahr in Südostasien geprägt ist. Keine 24 Stunden zuvor hatte Nordkorea eine Rakete über den Norden von Japan abgeschossen. Dann ging er auf die soziale Polarisierung ein, die in Duisburg besonders offensichtlich ist.

Auf diese zwei Punkte – Kriegsgefahr und soziale Ungleichheit – konzentrierten sich auch die Redebeiträge der beiden anderen SGP-Kandidaten. Elisabeth Zimmermann-Modler sprach über die soziale Konterrevolution der vergangenen Jahre – und nannte ihre Ursachen wie ihre Verursacher. Ulrich Rippert, der Vorsitzende der SGP, beleuchtete die rapide Rechtsentwicklung der SPD und erklärte, warum der Aufbau der SGP einen systematischen Kampf gegen die Kriegspolitik der SPD und ihre Verteidiger in der Linkspartei erfordere.

Elisabeth Zimmermann zeichnete in ihrem Redebeitrag ein erschütterndes Bild der sozialen Ungleichheit in Deutschland. Sie berichtete, dass in Deutschland inzwischen 195 Milliardäre leben, die zusammen ein Vermögen von 1,1 Billionen Euro besitzen. Das entspreche rund einem Drittel des deutschen Bruttoinlandprodukts.

Gleichzeitig steigen die Zahlen der Armen. Besonders betroffen sind Kinder und Alleinerziehende und erwartungsgemäß Arbeitslose. Aber auch Arbeiter haben es immer schwerer. Mehr als jeder fünfte arbeitet zu einem Stundenlohn von unter 10 Euro. Vierzig Prozent der Beschäftigten in Deutschland verdienen außerdem weniger als vor zwanzig Jahren. In Duisburg sind diese sozialen Gegensätze noch dramatischer.

Zimmermann-Modler machte deutlich, dass dies nicht einfach eine Folge des „Strukturwandels“, des Zechensterbens und des Abbaus der Stahlproduktion sei. Damit erklärten die im Ruhrgebiet seit Jahrzehnten regierenden Sozialdemokraten die Ergebnisse ihrer eigenen Politik, betonte sie. „Die Hartz-Gesetze und die Agenda 2010 haben die größte soziale Umverteilung von unten nach oben in der Nachkriegsgeschichte eingeleitet.“

Ulrich Rippert, SGP-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen, erinnerte daran, dass Duisburg und das gesamte Ruhrgebiet das Zentrum vieler Streiks und Arbeitskämpfe waren. Lange Zeit hätten Arbeiter gedacht, sie könnten die SPD und die IG Metall zwingen, ihre Interessen zu vertreten. Doch heute habe sich das Verhältnis der Arbeiter zur SPD grundlegend verändert. Es sei in offene Feindschaft umgeschlagen. Arbeiter hätten für die Hartz-IV-Partei zu Recht nur Verachtung, Empörung und Wut übrig.

Rippert führte dies auch auf die Kriegspolitik der SPD zurück und zitierte aus den „Leitgedanken einer sozialdemokratischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“, mit denen sich die SPD im Wahlkampf als die „bessere“ Partei des deutschen Militarismus präsentiert.

Er ging auch auf die Rolle der Linkspartei ein, die ähnlich wie Teile der Grünen eine Koalitionsregierung mit der SPD anstrebt. „Diese Parteien wetteifern darum, wer die Interessen des deutschen Imperialismus am besten vertritt.“

Rippert wandte sich scharf gegen das Argument, man müsse die Linke stärken, um im Namen der „Einheit gegen rechts“ den Nationalisten und Rassisten entgegentreten zu können. Das Gegenteil sei der Fall: „Die Ursache für das Wachsen der AfD ist gerade die Politik der SPD und der Linken. Mit ihrer unsozialen und ausländerfeindlichen Politik schaffen sie den sozialen und politischen Nährboden für das Wachsen der Rechten.“

In der anschließenden Diskussion stand die Frage im Zentrum, wie der Kampf gegen Krieg mit den Kampf gegen Arbeitslosigkeit und ständigem Sozialabbau zusammenhänge.

Ein Arbeiter, der derzeit als Hartz-IV-Empfänger in einem 1-Euro-Job arbeitet, meinte, man müsse doch vor allem überlegen, wie den Armen und Arbeitslosen geholfen werden könne. „Wie kann die Armut bekämpft werden, wie können Arbeitsplätze geschaffen werden?“ Auch zwei ältere Arbeiter unterstützten dies.

Ein junger Mann erklärte, man müsse doch zunächst sich selbst ändern, um dann in seinem Umfeld etwas ändern zu können. Er sprach von „Kollektiven“, „alternativen Wohnkonzepten“, „Freiräumen“ usw. Sein Argumente erinnerten an die Standpunkte der Grünen in den 1980er Jahren. In der Diskussion wurde aufgezeigt, wie sich die Grünen sehr schnell von Pazifisten zu Militaristen entwickelt haben.

Dazu passte die Frage eines älteren Stahlarbeiters, wo denn angesichts der akuten Kriegsgefahr die Friedensbewegung sei. In den 70er und 80er Jahren seien Millionen gegen Krieg und Atomwaffen auf die Straße gegangen. „Heute ist die Kriegsgefahr doch noch viel größer, aber ich sehe keinen Protest.“

Die Redner antworteten ausführlich, und es entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Der Grund für das Fehlen einer Anti-Kriegsbewegung sei nicht schwer zu verstehen. „Die Parteien, die vor 30 oder 40 Jahren gegen Krieg protestiert haben, unterstützen nun die militärische Aufrüstung und Auslandseinsätze.“ Allerdings sei ihr Protest schon damals sehr beschränkt gewesen und habe sich auf Friedensappelle an die Herrschenden beschränkt. Heute seien sie Kriegsbefürworter im Namen der Menschenrechte.

Mehrere Sprecher betonten, dass die Kriegsgefahr nicht unterschätzt werden dürfe. Von allen Problemen mit denen Arbeiter und Jugendliche heute konfrontiert sind, sei die Kriegsgefahr das größte Problem. Es sei falsch den Kampf gegen Krieg getrennt vom Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Sozialabbau zu sehen. Beide stünden in direktem Zusammenhang. Denn der Kampf gegen Krieg erfordere einen Kampf gegen den Kapitalismus, der seine Ursache sei.

Im Gegensatz zu den pazifistischen Demonstrationen der Vergangenheit müsse heute eine internationale Anti-Kriegsbewegung aufgebaut werden, die von der Arbeiterklasse ausgehe, antikapitalistisch und sozialistisch sowie vollkommen unabhängig von allen politischen Parteien der Kapitalistenklasse sei.

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