Wahlversammlung der SGP in Bochum

Zwei Bundestagskandidaten der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) sprachen am letzten Freitag in Bochum über die akute Kriegsgefahr und die Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung.

Elisabeth Zimmermann-Modler ging auf den Zusammenhang zwischen den Angriffen auf den Lebensstandard und die sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse in ganz Europa und der Aufrüstung und den Kriegsvorbereitungen ein. Die Arbeiterklasse müsse den Preis des Militarismus bezahlen.

Ausführlich sprach sie über Frankreich, wo Präsident Emmanuel Macron per Dekret die Arbeitsgesetze ändern und die sozialen Errungenschaften und Rechte abschaffen will, die sich die Arbeiter im 20. Jahrhundert erkämpft haben. Die Arbeitsmarktreform war bereits unter Präsident François Hollande vorbereitet worden, aber auf massiven Widerstand gestoßen. Sie soll bestehende Schranken für die Ausbeutung der Arbeiter beseitigen, wie es in Deutschland die Hartz-Gesetze getan haben.

Zimmermann-Modler ging auch auf die Rolle der Gewerkschaften und pseudolinker Parteien, wie La France Insoumise (FI) von Jean-Luc Mélenchon und die Neue Antikapitalistische Partei (NPA) ein, die die Reform entweder unterstützen oder den Widerstand dagegen in eine Sackgasse führen. Immer eindeutiger begeben sich diese Organisationen auf einen rechten nationalistischen Kurs.

Dietmar Gaisenkersting spricht in Bochum

Dietmar Gaisenkersting begann seinen Beitrag mit der wachsenden Kriegsgefahr. Die Medien und etablierten Parteien hätten lange versucht, die Frage von Krieg und Militarismus aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Nun lasse die Entwicklung in Korea dies nicht länger zu. Auf der letzten Sitzung des Bundestags hätten alle Redner auf die Gefahr eines Atomkriegs Bezug genommen und daraus abgeleitet, dass Deutschland und Europa verstärkt aufrüsten müssten.

Im zweiten Teil seines Beitrags ging er auf die sozialen Zustände im Ruhrgebiet und insbesondere in Bochum ein. Es sei „egal, welche Parteien nach der Wahl die Bundesregierung bilden: Soziale Angriffe, die selbst die Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze in den Schatten stellen, werden bereits vorbereitet.“

Das mit Händen zu greifende soziale Elend im Ruhrgebiet sei nicht einfach eine Folge des „Strukturwandels“ oder der Finanzkrise von 2008. „Es ist das Ergebnis der Politik der Hartz-IV-Parteien SPD und Grüne, der CDU/FDP und der Linken, die überall dort, wo sie in Regierungsverantwortung sitzt, den anderen Parteien in nichts nachstehen.“

Gleichzeitig sorgten die Gewerkschaften in den Betrieben dafür, jeden Widerstand abzublocken, was nirgends so deutlich geworden sei wie bei Opel Bochum.

Er schilderte dann den langen, zermürbenden Kampf der Opelarbeiter gegen die Schließung des Bochumer Werks, das auf dem Höhepunkt 20.000 Beschäftigte hatte und schließlich 2014 von General Motors unter Regie der IG Metall und mit direkter Mitwirkung des Betriebsrats geschlossen wurde.

„Die Geschichte von Opel Bochum enthält wichtige Lehren für alle Arbeiter. Um Arbeitsplätze, Löhne und Rechte zu verteidigen, müssen sie mit den gewerkschaftlichen Apparaten brechen und sich einer internationalen, sozialistischen Perspektive zuwenden. Wir sehen unsere Aufgabe darin, sie auf die kommenden Klassenauseinandersetzungen vorzubereiten“, sagte Gaisenkersting und verwies auf die Lehren aus der russischen Revolution vor hundert Jahren.

Er schloss seinen Beitrag mit einem Zitat aus dem Vorwort zur „Geschichte der Russischen Revolution“ von Leo Trotzki. Dieser beschreibt, wie die Massen, denen die alte Ordnung unerträglich wird, den „Fachmännern“ des politischen Handwerks – den Monarchen, Ministern, Bürokraten, Parlamentariern, Journalisten – das Heft aus der Hand nehmen. Er untersucht den psychologischen Prozess, der sich unter dem Druck des Krieges unter den Arbeitermassen vollzieht. Allmählich durchschauen diese die Machenschaften der bürgerlichen und opportunistischen Parteien und überzeugen sich von der Folgerichtigkeit der Politik der Bolschewiki.

Den beiden Vorträgen schloss sich eine lebhafte Diskussion an. Teilnehmer stellten Fragen zur Haltung der SGP zur Nato und zur Kriegsgefahr in Korea.

In ihrer Antwort wiesen die beiden Kandidaten auf den untrennbaren Zusammenhang zwischen der Kriegsgefahr und der Krise des Kapitalismus hin. Das Internationale Komitee der Vierten Internationale habe bereits seit Jahren die Zuspitzung der Widersprüche des Weltkapitalismus analysiert und vor der Kriegsgefahr gewarnt. Die Widersprüche zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung, Weltwirtschaft und Nationalstaat lasse sich nicht auf friedliche Weise lösen. Entweder errichte die Arbeiterklasse eine sozialistische Gesellschaft, oder die Kapitalisten stürzten die Menschheit in einen dritten Weltkrieg.

Eine andere Frage lautete, wie die Arbeiterklasse sozialistisches Bewusstsein erlangen könne. Während ein Zuhörer das Problem in der permanenten „Gehirnwäsche“ durch Regierung und Medien sah, betonte Gaisenkersting die Rolle vorgeblich „linker“ Parteien, die die Regierung und den Kapitalismus gelegentlich in Worten kritisieren, in der Praxis aber eine rechte, bürgerliche Politik verfolgen. Die Linke vertrete ein kapitalistisches Programm und sei überall, wo sie Regierungsverantwortung trage, für Kürzungen, Privatisierungen, die Abschiebung von Ausländern und Angriffe auf Löhne und Lebensbedingungen verantwortlich.

Abschließend rief Gaisenkersting die Teilnehmer der Versammlung auf, die Sozialistische Gleichheitspartei und ihre Jugend- und Studentenorganisation, die IYSSE, mit aufzubauen. Zwei junge Besucher wollen zur Wahlabschlussveranstaltung der SGP am 23. September in Berlin kommen.

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