Perspektive

Der Aufstieg der AfD: Ein Ergebnis des Rechtsrucks der etablierten Parteien

Erstmals seit dem Fall des Nazi-Regimes zieht in Deutschland wieder eine rechtsextreme Partei ins nationale Parlament ein. Mit 13 Prozent wurde die AfD bei der Bundestagswahl am Sonntag drittstärkste Kraft hinter den bisherigen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD, die ein Wahldebakel erlebten. Die SPD erzielte mit 21 und die CDU/CSU mit 33 Prozent das schlechteste Ergebnis seit über 60 Jahren.

Der politische Einfluss der AfD geht weit über ihre eigentliche Stärke hinaus. Mit den Themen Flüchtlingsabwehr und innere Aufrüstung gab sie im Wahlkampf den Ton an. Alle anderen etablierten Parteien versuchten, sie mit Forderungen nach mehr Polizei und der Abschiebung von Flüchtlingen zu übertrumpfen, und haben ihr so den Weg geebnet. Warum sollte man für die rechte Politik dieser Parteien stimmen, wenn man mit der AfD das Original wählen konnte? Die CDU/CSU verlor über eine Million Wähler an die AfD, die SPD 470.000 und Die Linke 400.000.

Dabei genießt das rechtsextreme Programm der AfD wenig Unterstützung. Selbst von ihren Wählern gaben 60 Prozent an, sie hätten aus Protest gegen die anderen Parteien die AfD gewählt, und nicht, weil sie ihre Politik unterstützen. Das Anwachsen der AfD ist in erster Linie ein Ergebnis des Rechtsrucks der etablierten Parteien, die – unterstützt von den Medien – alles unternehmen, um die wachsende soziale Unzufriedenheit in rechte Kanäle zu lenken.

Früher hätte man erwartet, dass die soziale Krise – das explosive Anwachsen von Niedriglöhnen, die Zunahme von Armut und Obdachlosigkeit, der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, die katastrophalen Zustände in Schulen und Krankenhäusern und die wachsende Kriegsgefahr – nominell linke Parteien stärkt. Doch weder die SPD noch Die Linke sind in der Lage, einen sozialen Appell an die Wähler zu richten.

Die SPD ist politisch bankrott und verhasst. Sie trägt mit den Hartz-Gesetzen, ihren Steuersenkungen für Reiche und Unternehmer und der Rente mit 67 die Hauptverantwortung für die schreiende soziale Ungleichheit.

Eine noch erbärmlichere Rolle als die SPD spielt Die Linke. Ihre Kombination von linken Phrasen mit rechter Politik wird von Arbeitern längst nicht mehr ernst genommen. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, eine Linksentwicklung zu blockieren. Im Osten Deutschlands, wo sie lange Zeit den Ton angab, ist die AfD mit 22 Prozent der Stimmen hinter der CDU zweitstärkste Partei geworden, unter Männern mit 27 Prozent sogar die stärkste.

Die Stimmen waren noch nicht ausgezählt, da begannen sich die herrschenden Eliten mit der AfD zu arrangieren. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie die rechtsextreme Partei auch in die Regierung einbeziehen.

CSU-Chef Horst Seehofer erklärte, die AfD habe Stimmen gewonnen, weil CSU und CDU die „rechte Flanke offen gelassen“ hätten; das würden sie nun ändern und in Zukunft „klare Kante“ zeigen. Der Historiker Michael Wolffsohn wandte sich dagegen, die AfD als „Nazis“ zu bezeichnen. Sie sei eine Reaktion auf „große gesellschaftliche Probleme“ wie die Flüchtlingswelle, auf die die anderen Parteien keine Antwort hätten. Der Politikwissenschaftler Jürgen Falter warnte davor, den Einzug der AfD in den Bundestag zu überdramatisieren. Er sei kein „Grund zur Beunruhigung, sondern eine Normalisierung der deutschen Politik nach unserer Geschichte“.

Das Entsetzen der etablierten Parteien über die rechtsradikale Politik der AfD war von Anfang an scheinheilig. Das zeigt exemplarisch der Fall Baberowski. Der Humboldt-Professor, der mit seiner Hetze gegen Flüchtlinge und seiner Verharmlosung des Nazi-Regimes der AfD den Weg bahnte, wurde von Parteien und Medien einhellig in Schutz genommen, als die Sozialistische Gleichheitspartei ihn öffentlich kritisierte. Die SPD, die mit Sabine Kunst die Präsidentin der Humboldt-Universität stellt, und die Linke taten sich damit besonders hervor. Selbst als ein Gericht bestätigte, dass er als Rechtsextremer bezeichnet werden darf, stellten sie sich hinter ihn.

Der Aufstieg der AfD ist das Ergebnis des Rechtsrucks der gesamten herrschenden Klasse. Sie reagiert auf die Krise des Weltkapitalismus und die wachsenden inneren und äußeren Spannungen, indem sie zu ihren übelsten Traditionen zurückkehrt. In den 1930er Jahren hatten Wirtschaftsverbände, Militärs, bürgerliche Politiker und Akademiker auf die Verschärfung des Klassenkampfs reagiert, indem sie sich hinter Hitler stellten und ihn schließlich zum Reichskanzler ernannten.

Für die Arbeiterklasse ist dies eine ernste Warnung. Keine der etablierten Parteien, am allerwenigsten die SPD oder Die Linke, sind willens oder fähig, den Rechtsextremen entgegenzutreten.

In anderen europäischen Ländern spielen sich ähnliche Entwicklungen ab. In Frankreich schaffte es die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen in die zweite Runde der Präsidentenwahl. In Österreich gilt eine Regierungsbeteiligung der rechtsextremen FPÖ nach der Wahl im Oktober als nahezu sicher. Sowohl die Sozialdemokraten wie die Konservativen sind bereit, mit ihr zu koalieren.

Die Sozialistische Gleichheitspartei ist die einzige Partei, die im Bundestagswahlkampf für eine linke, sozialistische Politik eintrat. „Mit ihrer rechten Politik haben SPD, Linkspartei und Grüne die Positionen der AfD hoffähig gemacht“, heißt es in ihrem Wahlaufruf. „Außerdem kann sich die rechtsextreme Partei nur deshalb als Opposition darstellen, weil niemand der herrschenden Klasse mit einer sozialistischen Perspektive entgegentritt.“

Nur der Aufbau einer sozialistischen Partei, die Arbeiter auf der ganzen Welt im Kampf gegen Nationalismus, soziale Ungleichheit und Krieg vereint, kann den Aufstieg der Rechtsextremen stoppen. Diese Partei ist die SGP und das Internationale Komitee der Vierten Internationale.

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