Trump bezeichnet Iran als Terrorstaat und stellt Atomabkommen in Frage

US-Präsident Donald Trump hat am Freitag angekündigt, er werde seine präsidialen Vollmachten benutzen, um das Atomabkommen mit dem Iran von 2015 aufzukündigen, fall es nicht nach Washingtons Vorstellungen umgeändert wird.

Trump erklärte: „Falls wir nicht zusammen mit dem Kongress und unseren Verbündeten eine Lösung erzielen können, wird das Abkommen aufgekündigt. Es wird ständig überwacht, und als Präsident kann ich unsere Teilnahme daran jederzeit beenden.“

Vor dieser Ankündigung hatte Trump den Iran in einer aggressiven Schimpftirade als „fanatisch“, einen „Schurkenstaat“ und den „weltweit größten Förderer von Terrorismus“ bezeichnet. Er warf dem Iran außerdem vor, er würde „im ganzen Nahen Osten und weltweit Konflikt, Terror und Unruhe“ schüren.

Trump und die herrschende Elite des US-Imperialismus, für die er spricht, haben kein Recht, anderen vorzuwerfen, sie würden Konflikte schüren und die Bevölkerungen im Nahen Osten terrorisieren. Im letzten Vierteljahrhundert haben die USA im ganzen Nahen Osten ununterbrochen völkerrechtswidrige Angriffskriege mit Hunderttausenden von Todesopfern geführt, Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht und ganze Gesellschaften zerstört. Washington hat religiöse Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten geschürt und islamistische Terroristen als Stellvertreter benutzt, u.a. für seine Kriege zum Regimewechsel in Libyen und Syrien.

Der offizielle Zweck von Trumps Hetzrede war es, eine aggressivere US-Strategie gegenüber dem Iran bekanntzugeben. Das Ziel dieser Strategie soll es sein, das Atomabkommen zu „überarbeiten“ und Teherans „schädlichen Einfluss“ im Nahen Osten zurückzudrängen. Trump gab bei diesem Anlass bekannt, er werde nicht mehr bestätigen, dass der Iran seine Verpflichtungen aus dem Atomabkommen (Joint Comprehensive Programme of Action, JCPOA) erfüllt und dass dieses Abkommen den „nationalen Interessen“ der USA dient. Über diese Entscheidung war im Vorfeld bereits seit geraumer Zeit spekuliert worden.

Per Gesetz hatte sich der Kongress hatte im Jahr 2015 die Befugnis gesichert, die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran kurzfristig wieder in Kraft zu setzen, falls der Präsident nicht in Abständen von jeweils 90 Tagen bestätigt, dass das Weiße Haus das Atomabkommen weiterhin unterstützt.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani äußerte sich kurze Zeit später in einer Fernsehansprache zu Trumps Rede: „Trumps Äußerungen über den Iran... waren nichts als Beschimpfungen und wahnhafte Vorwürfe gegen die iranische Nation.“

Trumps Beschimpfungen gegen die iranische Revolution von 1979, durch die das despotische US-Marionettenregime des Schahs gestürzt wurde, und seine Darstellung der seit 40 Jahren andauernden US-Kriegsdrohungen gegen Teheran als iranische „Aggressionen“ beantwortete Ruhani mit den Worten, Trump solle „die Geschichte besser und aufmerksamer studieren und wissen, was [Vertreter der USA] dem iranischen Volk in den letzten sechs Jahrzehnten angetan haben, und wie sie das iranische Volk... nach dem Sieg der Revolution behandelt haben“.

Alle anderen Unterzeichner des Atomabkommens (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Europäische Union, Russland und China) haben mehrfach erklärt, es sollte nicht neu verhandelt werden und dies als juristisch unmöglich bezeichnet.

Als in den letzten Wochen deutlich wurde, dass Trump das Abkommen von 2015 aufkündigen wollte, haben insbesondere Washingtons traditionelle europäische Verbündete immer eindringlicher vor einem solchen Schritt gewarnt. Sie erklärten, die Aussetzung des Abkommens – entweder sofort oder, wie es Trump tut, durch gezielte Sabotage – würde die Gefahr eines Kriegs im Nahen Osten deutlich verschärfen. Weiter argumentieren sie, die USA würden durch ihre offene Anmaßung des Rechts, internationale Abkommen einseitig zu verändern oder auszusetzen, eine diplomatische Lösung der Krise auf der koreanischen Halbinsel unmöglich machen.

Die Außenpolitik-Beauftragte der EU Federica Mogherini reagierte genauso schnell auf Trumps Rede wie Ruhani. Sie wies die Behauptung des US-Präsidenten zurück, der Iran habe das JCPOA verletzt und seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Tatsächlich geben sogar das Pentagon und das US-Außenministerium zu, dass Teheran das Abkommen buchstabengetreu befolgt hat.

Mogherini wies darauf hin, dass der UN-Sicherheitsrat das JCPOA abgesegnet hatte, und erklärte: „Meines Wissens gibt es kein einziges Land auf der Welt, das eine Resolution des UN-Sicherheitsrates aufheben kann, nachdem sie angenommen wurde. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat viele Befugnisse, aber das gehört nicht dazu.“

Später gaben die britische Premierministerin Theresa May, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron eine ihrer seltenen gemeinsamen Erklärungen ab, in der sie ihre Unterstützung für das JCPOA bekräftigten und es als den „Höhepunkt von dreizehn Jahren Diplomatie“ bezeichneten.

Die Regierungschefs der größten europäischen Mächte erklärten: „Wir ermuntern daher die US-Regierung und den Kongress, die Auswirkungen auf die Sicherheit der USA und deren Verbündete zu prüfen, bevor sie Schritte unternehmen, die das JCPOA schwächen könnten...“

Sie hoffen offenkundig, dass Trump noch von hochrangigen Angehörigen der Regierung gebremst werden kann. Außenminister Rex Tillerson, Verteidigungsminister James Mattis, der Nationale Sicherheitsberater H.R. McMaster und andere lehnen es momentan ab, das Abkommen mit dem Iran aufzukündigen. In ihren Augen schmälert eine solche offene Konfrontation die militärisch-strategischen Offensiven der USA gegen China und Russland und wäre außerdem eine gefährliche Belastung für die Beziehungen zwischen den USA und Europa und den Zusammenhalt der Nato.

Am Freitag rief Trump den Kongress nicht sofort dazu auf, die Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft zu setzen. Allerdings äußerte er sich positiv über zwei geplante Gesetze: das erste sieht Sanktionen für jede Person oder Gruppe vor, die irgendetwas mit dem iranischen Raketenprogramm zu tun hat; das zweite würde die umfassenden Einschränkungen des zivilen Atomprogramms des Iran, die gemäß dem JCPOA zeitlich befristet sind, für dauerhaft erklären.

Trump kündigte außerdem an, das US-Finanzministerium werde Sanktionen gegen die gesamte iranische Revolutionsgarde verhängen, weil diese „Terrorismus“ unterstützt. Da die Revolutionsgarde eine wichtige Rolle in der iranischen Wirtschaft spielt, wird dieser Schritt vermutlich einen deutlichen Rückgang der ausländischen Investitionen im Iran zur Folge haben.

Trump spekuliert und hofft darauf, dass die doppelte Drohung, der Kongress könnte die umfassenden Sanktionen gegen den iranischen Energie- und Bankensektor wieder einführen und damit das Atomabkommen torpedieren, oder er selbst könnte das Abkommen für ungültig erklären, die Europäer dazu zwingen wird, die Forderungen der USA nach „Korrekturen“ der „zahlreichen Mängel“ des JCPOA zu unterstützen.

Trump bot dem Iran keine Verhandlungen an und machte damit deutlich, dass es sich um ein Ultimatum handelt. Er skizzierte lediglich eine Reihe von nicht verhandelbaren Forderungen, die die Souveränität des Iran verletzen und das Land auf den Status eines Vasallenstaates degradieren würden. Gleichzeitig forderte er implizit die anderen Unterzeichner des JCPOA, vor allem Washingtons vorgebliche Verbündete in Europa, dazu auf, Druck auf den Iran auszuüben, um ihn zur Kapitulation zu zwingen.

Diese Forderungen sind: die Abschaffung der „Sonnenuntergangsklausel“ des JCPOA, nach der bis 2035 alle Beschränkungen für das iranische Atomprogramm auslaufen, uneingeschränkten Zugang der Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde zu iranischen Militärbasen und die Einstellung des iranischen Raketenprogramms.

Mit der Annahme dieser Forderungen würde sich der faktisch auf den Status einer Kolonie herabwürdigen lassen und einer einseitigen Entwaffnung zustimmen. Washington hat seit Jahrzehnten unter Regierungen der Republikaner und Demokraten gleichermaßen versucht, in Teheran einen Regimewechsel zu organisieren und die amerikanischen Klientelstaaten in der Region, allen voran Israel und Saudi-Arabien, bis an die Zähne bewaffnet.

Mit seinem einseitigen Vorpreschen hat Washington in Europa unverkennbar Angst und Wut ausgelöst. Anfang der Woche klagte der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel, Washington ersetze „die Herrschaft des Rechts durch das Recht des Stärkeren“.

Er warnte, die Aufkündigung des Abkommens mit dem Iran durch die USA würde den Nahen Osten in eine gefährliche Krisenregion verwandeln und jede Diplomatie mit Nordkorea unmöglich machen. Die Europäische Union erklärte, Gabriel werde den Amerikanern sagen müssen, dass ihr Verhalten uns Europäer in der Iran-Frage in eine gemeinsame Position mit Russland und China gegen die USA bringt“.

Die europäischen imperialistischen Mächte haben eine entscheidende Rolle bei der Einführung der Sanktionen gespielt, die die iranische Wirtschaft vier Jahre lang schwer geschädigt haben. Momentan betreiben sie außerdem selbst umfangreiche Aufrüstungsprogramme. Ihre Unstimmigkeiten mit den USA wegen des Iran stehen im Zusammenhang mit ihren eigenen räuberischen Plänen.

Seit dem Atomabkommen von 2015 haben sie alle versucht, von den riesigen wirtschaftlichen Möglichkeiten im Iran zu profitieren, u. a. in der Energiebranche. Trumps Pläne, das Abkommen mit dem Iran aufzukündigen, gefährden nicht nur diese Investitionen, sondern die europäischen Mächte sind auch deutlich abhängiger vom Öl aus dem Nahen Osten als die USA. Sie fürchten die wirtschaftlichen Folgen und die gesellschaftliche Destabilisierung in Europa, sollten sich die Spannungen mit dem Iran wieder verschärfen.

Die anti-iranischen Falken aus der Trump-Regierung und ihrem Umfeld haben sich zuversichtlich gezeigt, dass die Androhung von Sanktionen gegen europäische Wirtschaftspartner des Iran im US-dominierten internationalen Finanzsystem die Europäer dazu zwingen wird, sich Washingtons Forderungen nach Unterstützung in einem neuen Wirtschaftskrieg gegen den Iran anzuschließen.

Allerdings wächst in Europa das Verlangen nach Widerstand gegen Washington. Der Botschafter der EU in den USA David O'Sullivan erklärte, Europa könnte Gesetze beschließen, die europäische Unternehmen vor amerikanischen Sanktionen schützen.

Präsident Obama hatte während seines Werbens für das iranische Atomabkommen mehrfach erklärt, die einzige Alternative sei ein Krieg. Er erwähnte dabei nicht, dass ein solcher Krieg schnell auf die ganze Region übergreifen könnte. Verbündete der USA wie Saudi-Arabien und Israel könnten ebenso hineingezogen werden wie die Verbündeten des Iran, darunter Gruppen wie die Hisbollah und die Hamas, möglicherweise auch Russland und andere außenstehende Mächte.

Mit Sicherheit wird in der Trump-Regierung auch über ein militärisches Vorgehen diskutiert. Der republikanische Senator Tom Cotton, der bei der Entwicklung der neuen Iran-Strategie der Regierung eng mit Trump und seinen Beratern zusammengearbeitet hat, erklärte vor kurzem bei einem Treffen des Council of Foreign Relations, die USA könnten „kalibrierte Schläge“ gegen die iranische Atominfrastruktur führen, wenn sich der Iran nicht unterwirft.

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