Europäische Union fordert von Google, Facebook & Co. verschärfte Internetzensur

In einem neuen Angriff auf die Meinungsfreiheit ruft die Europäische Union (EU) die großen sozialen Medien und Internetunternehmen, darunter Facebook, Twitter und Google, zur automatischen und unmittelbaren Zensur von Internetmaterial auf.

Am 1. März rief die EU-Kommission Unternehmen und EU-Staaten auf, Maßnahmen „zur Erkennung und Entfernung illegaler Inhalte reaktiv (durch so genannte „Melde- und Abhilfeverfahren“) oder proaktiv“ zu ergreifen. Sie identifizierte zudem eine erhebliche Menge zur Zensur vorgesehenen Materials. Die Empfehlungen der Kommission umfassen alle Arten „von terroristischen Inhalten und Schüren von Hass und Gewalt bis hin zu Material mit Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs, Produktfälschungen und Urheberrechtsverletzungen“.

„Terroristische Inhalte sind vor allem in den ersten Stunden ihres Erscheinens besonders gefährlich, da sie sich rasch verbreiten und für die Bürger sowie die Gesellschaft im weitesten Sinne große Risiken darstellen“, heißt es in dem veröffentlichten EU-Dokument.

Die Maßnahmen, die von der EU erwogen werden, zwingen die Unternehmen, Programme zu entwickeln, die relativ unkontrolliert das Internet durchsieben und Nutzerkommentare löschen. Damit würden die von der EU im vorigen Jahr über das EU-Internetforum vorgeschlagen Zensurmaßnahmen verfestigt, mit denen Technologieunternehmen aufgefordert wurden, eine automatische Entfernung von Online-Inhalten zu entwickeln.

Die EU lobte Schritte in diese Richtung, die bereits unternommen wurden. „Der Nachrichtendienst Twitter berichtete, dass drei Viertel der zwischen Januar und Juni 2017 entfernten 300.000 Konten gelöscht wurden, noch ehe Inhalte darüber verbreitet werden konnten. Nach Angaben von YouTube wurden seit Juni 2017 mehr als 150.000 Videos entfernt. Sobald Facebook Kenntnis von terrorpropagandistischen Inhalten erlangt, werden 83 % der im Anschluss hochgeladenen Kopien innerhalb einer Stunde nach dem jeweiligen Upload vom Unternehmen entfernt.“

Die EU rechtfertigte ihre Politik mit fadenscheinigen Behauptungen über den Kampf gegen Terrorismus. „Obwohl mehrere Plattformen mehr illegale Inhalte entfernt haben als zuvor […] müssen wir nach wie vor schneller auf Terrorpropaganda und andere illegale Inhalte reagieren. Dies ist eine ernste Bedrohung der Sicherheit, des Schutzes und der Grundrechte unserer Bürger“, sagte der EU-Kommissar für den digitalen Binnenmarkt Andrus Ansip.

Presseveröffentlichungen über die jüngste Forderung der EU nach Zensurmaßnahmen sprachen von der Notwendigkeit „extremistische Inhalte im Netz“ zu bekämpfen, wie der britische Guardian sich ausdrückte. Diese hätten „Angriffe von Einzeltätern beeinflusst, die nach ihrer Radikalisierung in verschiedenen europäischen Städten Menschen töteten“.

Das Argument, die EU-Zensur sei gegen sogenannte terroristische Einzeltäter gerichtet, ist eine Lüge, weil diese überwiegend eine politische Fiktion sind. Die Terrorangriffe in Europa wurden hauptsächlich nicht von isolierten Individuen ausgeführt, sondern von Mitgliedern islamistischer Netzwerke, die als Nato-Stellvertretertruppen aktiv an Kriegen im Nahen Osten beteiligt sind und aus diesem Grund von europäischen Geheimdiensten rege beschattet und beschützt werden.

Die Organisatoren der Terrorangriffe in Frankreich im Jahr 2015 und in Belgien im Jahr darauf waren den Geheimdiensten bestens bekannt. Die Brüder Kouachi, die den Angriff auf Charlie Hebdo anführten, Abdelhamid Abaaoud, der Anführer des Anschlags vom 13. November 2015 in Paris sowie die Brüder El Bakraoui, die für die Anschläge vom 22. März 2016 in Brüssel verantwortlich sind, waren allesamt alte Bekannte der europäischen Geheimdienste.

Nicht anders steht es mit den Verbindungen zum Islamischen Staat, die der Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri und der Selbstmordattentäter von Manchester Salman Abedi unterhielten: Von diesen haben britische und deutsche Geheimdienste bereits vor den Anschlägen gewusst. Die EU-Mächte nutzten diese Anschläge, um ihre Polizeistaatsmaßnahmen zu intensivieren, mit denen demokratische Grundrechte außer Kraft gesetzt werden, unter anderem der Ausnahmezustand in Frankreich eingeführt wurde.

Jetzt dient das Ablenkungsmanöver des Kampfs gegen terroristische “Einzeltäter” als Vorwand für weitergehende Angriffe auf die Freiheit des Internets und die Meinungsfreiheit.

Diese Angriffe sind schon weit fortgeschritten. Die EU will, dass die selben IT-Unternehmen, die mit zahlreichen Staaten bei der Internetzensur zusammenarbeiten, in erster Linie mit Washington und den US-amerikanischen Geheimdiensten, die gleichen Methoden anwenden, um auch in Europa die Meinungsfreiheit und andere demokratische Rechte mit Füßen zu treten. Dies zeigt sich auch in den jüngsten Bemerkungen des EU-Sicherheitskommissars Julian King.

Die Zensur, wie sie von der EU empfohlen wird, sagte King, ist „nicht nur möglich, sie wird auch bereits von mehreren größeren Plattformen praktiziert“. Er forderte „proaktive Maßnahmen, um illegale Inhalte zu erkennen und zu löschen, darunter automatisierte Werkzeuge wie Upload-Filter, wo dies angemessen ist“. Er rief zudem die IT-Firmen zur Zusammenarbeit mit EU-„Mitgliedsstaaten, vertrauenswürdigen Hinweisgebern und untereinander auf, um von den besten Arbeitsweisen zu profitieren.“

Solche Kommentare sind eine Warnung. Amerikanische Politiker und IT-Firmen haben offen erklärt, dass sie gezielt politische Zensur betreiben, um „autoritative“ Nachrichtenquellen besonders zu fördern. Es handelt sich praktisch um nichts anderes als staatliche Propaganda. Diese Zensurmaßnahmen erschweren absichtlich insbesondere den Zugangs zu sozialistischen Newssites und Antikriegsplattformen wie der World Socialist Web Site in einer Zeit, da die Opposition gegen Krieg wächst und der Widerstand gegen Sparprogramme unter Arbeitern und Jugendlichen zunimmt.

Vergangenen Sommer bemerkte die WSWS einen dramatischen Rückgang ihrer Leserschaft, gleiches traf auf andere sozialistische, progressive und Antikriegs-Websites zu. Dahinter stand die Einführung neuer Algorithmen durch Google, welche „autoritative“ Nachrichtendienste den „alternativen“ Informationsquellen vorziehen.

Jetzt versucht die EU unter dem Deckmäntelchen des Kampfes gegen „terroristische Inhalte“ repressive Maßnahmen zur Internetzensur einzuführen, die sich direkt gegen die weltweite soziale und politische Unzufriedenheit richten. Auf nationaler Ebene führten europäische Großmächte bereits ähnliche Zensurgesetze ein. Am 1. Januar ist das deutsche Internetdurchsuchungsgesetz in Kraft getreten, das es Berlin gestattet, das Internet auf ähnliche Weise zu regulieren und zu zensieren wie dies die Trump-Regierung in den Vereinigten Staaten mit ihrem Angriff auf die Netzneutralität in die Praxis umsetzt.

Im Namen der Bekämpfung „illegaler” Inhalte nimmt die EU alle oppositionellen Ansichten ins Fadenkreuz, die sich den Plänen entgegenstellen, die Sozialausgaben zu kürzen, die Wiederaufrüstung zu finanzieren und auswärtige Kriege zu führen.

Die herrschende Elite in Deutschland bereitet die neue Große Koalition aus SPD und CDU/CSU vor, im Zuge dessen fordern neuen Regierungsvertreter die Stärkung der Bundeswehr, eine Ausweitung des deutschen Einflusses in der Welt sowie eine Steigerung der Militärausgaben.

In Frankreich kündigte Präsident Emmanuel Macron Militärausgaben in Höhe von 300 Milliarden Euro innerhalb der nächsten sechs Jahre an. Zudem sollen tiefe Einschnitte in grundlegende soziale Dienste vorgenommen und die Wehrpflicht wiedereingeführt werden.

Die verbreitete und tiefe Opposition gegen die von der EU verordneten Sparmaßnahmen und den Militarismus und die gleichzeitigen europaweiten Streiks, von deutschen Metallarbeitern und britischen Eisenbahnarbeitern bis hin zu rumänischen Autoarbeitern, bilden den Zusammenhang, in welchem die Versuche der EU stehen, das Internet und die sozialen Medien zu zensieren.

Der Autor empfiehlt außerdem:

Für ein internationales Bündnis gegen Internetzensur [25. Januar 2018]

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