Perspektive

Der Trotzkismus ist der Marxismus des 21. Jahrhunderts

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale veranstaltete am 5. Mai seine fünfte jährliche Online-Maikundgebung. Am 200. Geburtstag des Gründers der modernen sozialistischen Bewegung betonte die Kundgebung die Kontinuität zwischen dem Leben und den Ideen von Karl Marx und dem Aufbau der Vierten Internationale, die heute vom Internationalen Komitee als Weltpartei der Sozialistischen Revolution geführt wird.

Die Kundgebung verkörperte den Ruf von Marx und Engels vor mehr als 150 Jahren: "Proletarier aller Länder, vereinigt euch". Sie zog ein globales Publikum aus mehr als 50 Ländern an. Vierzehn Redner aus sechs verschiedenen Ländern und von vier verschiedenen Kontinenten präsentierten eine revolutionäre marxistische Perspektive zu allen entscheidenden politischen Fragen der internationalen Arbeiterklasse.

Zur Eröffnung der Kundgebung gab der internationale Chefredakteur der World Socialist Web Site, David North, einen Bericht, der die wesentlichen Elemente des Lebens und des politischen Denkens von Karl Marx zusammenfasst. Er betonte drei Punkte:

1) Dass die Philosophie des Marxismus der Materialismus ist, den Marx auf das Studium der sozioökonomischen und politischen Entwicklung der Menschheit anwandte. „Als Marx die materialistische Geschichtsauffassung erarbeitete und anschließend im Kapital konkretisierte, entdeckte er – inmitten des scheinbar unkoordinierten Handelns unzähliger Millionen Menschen, die alle ihre eigenen Interessen zu verfolgen glauben und ihren persönlichen Leidenschaften, Zielen und gegensätzlichen Bestrebungen folgen – die tiefer liegenden objektiven Kräfte, die getrennt und sogar unabhängig vom individuellen, subjektiven Bewusstsein die ökonomische Struktur der Gesellschaft formen.“

2) Dass die Errungenschaften von Marx auf dem Gebiet der Sozial- und Wirtschaftstheorie untrennbar mit dem Kampf von Marx und der marxistischen Bewegung zur politischen Organisation der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus verbunden sind. „Ein Großteil der Diskussion über die ‚Relevanz‘ von Marx ist von dieser starren Trennung geprägt, die ein verzerrtes Bild ergibt: Würdigung von Marx’ ökonomischer Kritik des Kapitalismus bei gleichzeitiger Ablehnung der heutigen Bedeutung des Marxismus als historische und internationale politische Bewegung der bewusstesten Teile der Arbeiterklasse für den revolutionären Sturz des kapitalistischen Systems.“

3) Dass der Marxismus des 21. Jahrhunderts der Trotzkismus ist, verkörpert im politischen Programm und in der Praxis der Vierten Internationale, gegründet 1938, und fortgesetzt im Kampf des Internationalen Komitees gegen Stalinismus, Sozialdemokratie und alle Formen von Opportunismus, Zentrismus und pseudolinker Politik. North: „Der Marxismus existiert nicht im Abstrakten oder als eine Reihe fertiger Schlussfolgerungen, die vor mehr als einem Jahrhundert formuliert wurden. Er existiert als reale Bewegung, die die Kontinuität des bewussten Kampfes verkörpert, innerhalb der internationalen Arbeiterklasse das Programm, die Perspektive und die Praxis der sozialistischen Weltrevolution zu entwickeln.”

Als politisches Ereignis war die Kundgebung die einzige Feier zum 1. Mai und des 200. Geburtstags von Marx, die eine umfassende Untersuchung der weltpolitischen Situation unter dem Gesichtspunkt des Kampfes für die Organisation der internationalen Arbeiterklasse im Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung, imperialistischen Militarismus und Krieg, gegen autoritäre Herrschaft und für den Aufbau einer globalen sozialistischen Gesellschaft bot.

Die Redner sprachen über die Eskalation geopolitischer Konflikte, die die Gefahr eines Weltkriegs aufwerfen, einschließlich der Offensive des amerikanischen Imperialismus im Nahen Osten, in Asien und gegen Russland. Sie sprachen über den Zusammenbruch demokratischer Herrschaftsformen in der ganzen Welt, einschließlich des Aufkommens rechtsextremer Bewegungen und der autoritären Politik der traditionellen kapitalistischen Parteien.

Die Kundgebung untersuchte den Zustand des kapitalistischen Weltsystems zehn Jahre nach dem Finanzkollaps von 2008, dem ein historischer Wohlstandstransfer von der Arbeiterklasse zur Unternehmens- und Finanzelite folgte. Die Redner stellten den Klassenkampf der herrschenden Parteien gegen die Arbeiterklasse heraus, der in dem eskalierenden Angriff auf Löhne, Arbeitsplätze und Sozialprogramme in der ganzen Welt und der brutalen Verfolgung von Einwanderern und Flüchtlingen zum Ausdruck kommt.

In den Reden wurde vor allem die Bedeutung des Wiederauflebens des Klassenkampfes in der ganzen Welt betont, von der wachsenden Welle von Lehrerstreiks in den USA, die sich gegen die korporatistischen und arbeiterfeindlichen Gewerkschaften entwickelt haben, bis zu einer Reihe von Protesten und Streiks in diesem Jahr in Lateinamerika, Europa, dem Nahen Osten, Asien und Afrika. Das Anwachsen des Klassenkampfes hat die reaktionären und antimarxistischen Behauptungen widerlegt, dieser sei durch Konflikte um Rasse, Geschlecht und sexuelle Orientierung abgelöst worden.

Die herrschende Klasse fürchtet den wachsenden Widerstand in der Arbeiterklasse und die Gefahr, dass sich diese Opposition zu einer bewussten politischen und revolutionären Bewegung gegen den Kapitalismus entwickelt. Aus diesem Grund haben kapitalistische Staaten in enger Abstimmung mit riesigen Internet- und Social-Media-Unternehmen wie Google und Facebook weitreichende Maßnahmen ergriffen, um das Internet zu zensieren und die freie Meinungsäußerung online zu unterdrücken.

Alle Reden auf der Kundgebung verbanden den Kampf um die Mobilisierung der

Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus mit den historischen Erfahrungen der marxistischen Bewegung aus fast 200 Jahren. In der Schlussrede ging Bill Van Auken, der Lateinamerika-Redakteur der WSWS, auf den Kampf der trotzkistischen Bewegung gegen kleinbürgerlichen Nationalismus und Revisionismus ein, der für eine Reihe schrecklicher Niederlagen in Lateinamerika im 20. Jahrhundert verantwortlich ist. Diese bitteren Erfahrungen, so Van Auken, „unterstreichen die Notwendigkeit, eine neue revolutionäre marxistische Bewegung zu schmieden, die auf der unabhängigen politischen Mobilisierung der Arbeiterklasse basiert...“

„Eine solche Bewegung“, schloss er, „kann nur durch die Assimilation der langen Geschichte des trotzkistischen Kampfes gegen den Revisionismus und, auf dieser prinzipiellen Grundlage, durch den Aufbau von Sektionen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale in jedem Land errichtet werden“.

Im Gründungsdokument der Vierten Internationale, Die Todeskrise des Kapitalismus und die Aufgaben der Vierten Internationale, schrieb Leo Trotzki: „Außerhalb dieser Kader gibt es auf unserem Planeten keine einzige revolutionäre Strömung, die diesen Namen wirklich verdient“.

Trotzkis Aussage ist heute noch zutreffender als vor 80 Jahren. Es gibt keine politische Tendenz außerhalb der Vierten Internationale, angeführt vom Internationalen Komitee, die die Kontinuität des Marxismus repräsentiert.

Vor dem Hintergrund einer Eskalation des Klassenkampfes und der ersten Anzeichen einer politischen Radikalisierung der internationalen Arbeiterklasse war die Maikundgebung der bewusste Ausdruck einer sich objektiv entwickelnden Bewegung. Die bei der Kundgebung skizzierte politische Perspektive muss in die Praxis der Arbeiterklasse hineingetragen werden. Die wesentliche Aufgabe ist der Aufbau einer revolutionären Führung, des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, der trotzkistischen Weltbewegung.

In den nächsten Tagen wird die WSWS den Text und das Audiomaterial aller Reden zur Maikundgebung veröffentlichen. Wir fordern unsere Leser auf, sie zu studieren und sich aktiv am Kampf für den Sozialismus zu beteiligen. Tretet dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale und seinen Sektionen bei, den Sozialistischen Gleichheitsparteien in der ganzen Welt, und seiner Jugendbewegung, den International Youth and Students for Social Equality.

Loading