US-Außenminister Pompeo stellt dem Iran ein Kriegs-Ultimatum

Nach dem Rückzug der Trump-Regierung aus dem iranischen Atomabkommen stellte US-Außenminister Mike Pompeo am Montag vor, was Washington als seinen „Plan B“ bezeichnet. Das Abkommen war von den so genannten P5+1 – den USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, China und Russland – mit dem Iran geschlossen worden.

Pompeo hielt seine ungehobelte und kriegerische Rede unter der Überschrift „Nach dem Abkommen: Eine neue Iran-Strategie“ vor der rechten Heritage-Foundation in Washington. Sie kam einem Kriegs-Ultimatum an Teheran gleich. Pompeo forderte, dass die iranische Regierung vollständig vor dem kapituliert, was er als „die stärksten Sanktionen in der Geschichte“ ankündigte, sowie vor dem militärischem Druck an allen Fronten im Nahen Osten.

Die Rede war die erste, die Pompeo seit seinem Ausscheiden als CIA-Direktor hielt. Diese Position ging an Gina Haspel, der ehemaligen Direktorin einer CIA-Folterstätte. Haspel wurde am Montag von Trump vereidigt, nachdem ihre Nominierung mit Unterstützung der demokratischen Senatoren bestätigt wurde. Zusammen mit der Beförderung von John Bolton – einem fanatischen Rechtsaußen, der wiederholt die Bombardierung des Iran gefordert hat – zum nationalen Sicherheitsberater hat Trump ein antiiranisches Kriegskabinett zusammengestellt.

Der Außenminister stellte eine lange Liste mit Lügen und falschen Anschuldigungen gegen den Iran zusammen, nachdem er zunächst „Israels jüngste bemerkenswerte Geheimdienstoperation“ lobte. Dies bezog sich auf das absurde Bühnenstück des israelischen Premierministers Benjamin Netanyahu am Vorabend der Entscheidung von Trump vom 8. Mai, das Atomabkommen aufzukündigen. Netanyahu konnte keine Beweise dafür vorlegen, dass der Iran die Bedingungen des Atomabkommens verletzt hatte.

Pompeo machte den Iran für die Krise im Nahen Osten verantwortlich. In Wirklichkeit wurde die Region – vom Irak bis nach Libyen und Syrien – durch eine Reihe von US-Kriegen verwüstet, um Regimewechsel durchzusetzen. Pompeo schob die Verantwortung für den Krieg, der den Jemen an den Rand des Hungertods gebracht hat, auf Teheran und das noch während die USA die Bomben und die militärische Unterstützung liefern, die es seinem wichtigsten regionalen Verbündeten Saudi-Arabien ermöglichen, das Land zu massakrieren.

Er fügte eine Liste von Anklagen hinzu, die auf Phantasie und Fälschungen beruhen, und behauptete, dass Teheran den Führern von al-Qaida Zuflucht gewähren würde, d.h. einer Bewegung, deren Elemente sich durch einen fanatischen Hass gegen Schiiten auszeichnen. Pompeo versuchte, die Verantwortung für die katastrophale Situation in Afghanistan, wo das US-Militär seit 17 Jahren Krieg führt, auf angebliche iranische Unterstützung für die Taliban zu schieben, wofür keinerlei Beweise vorgelegt wurden.

In einem falschen und zynischen Appell an die iranische Bevölkerung beschuldigte er die iranische Regierung der „Korruption“. Das iranische Regime stecke „Hunderte Millionen Dollar in militärische Operationen.“ Diese Beschuldigung kommt von der Regierung in Washington, die von unzähligen Korruptionsskandalen heimgesucht wird und jährlich etwa eine Billion Dollar für das Militär abzweigt.

Pompeo lieferte dann eine Liste mit zwölf Forderungen, was der Iran "tun muss", darunter der Stopp des Atomprogramms sowie der Entwicklung von Raketen. Darüber hinaus forderte Pompeo das der Iran sämtliche seiner Streitkräfte aus Syrien abzieht, die Unterstützung für die Hisbollah im Libanon aufgibt und jeglichen Einfluss im Irak abbricht. Der US-Außenminister schwor, Irans „Agenten“ auf der ganzen Welt zu „zerquetschen“ und erklärte: „Der Iran wird nie wieder einen Freibrief haben, den Nahen Osten zu dominieren.“

Die Forderungen laufen auf ein Ultimatum hinaus, das den Iran auffordert, jegliche Rolle als Regionalmacht aufzugeben und sich der uneingeschränkten neokolonialen Herrschaft Washingtons zu unterwerfen.

Die iranische Regierung lehnte die Forderungen von Pompeo umgehend ab. „Die Welt von heute akzeptiert nicht, dass die Vereinigten Staaten für die Welt entscheiden. Länder haben ihre Unabhängigkeit“, sagte Präsident Hassan Rohani in einer Erklärung, die von den iranischen Medien gesendet wurde. „Wer sind Sie, dass Sie meinen, für den Iran und die Welt entscheiden zu können?“, fügte er hinzu.

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Bahram Qassemi, erklärte auf einer Pressekonferenz in Teheran: „Niemand kann den Iran zwingen, etwas zu tun, und der Iran wird in Syrien bleiben, solange es dort Terroristengruppen gibt und solange die syrische Regierung es will.“ Er fügte hinzu: „Diejenigen, die ohne die Erlaubnis der syrischen Regierung nach Syrien gekommen sind, sollten das Land verlassen“, und bezog sich dabei auf mehr als 2.000 US-Truppen, die in den Osten des Landes und auf die dortigen Ölfelder geschickt wurden.

Pompeo ließ zudem keinen Zweifel daran, dass Washington seine Politik der Aggression gegen den Iran auf Kosten seiner nominalen Verbündeten in Westeuropa durch die Verhängung extraterritorialer oder „sekundärer“ Sanktionen fortsetzen will. Diese werden jedes Unternehmen in Europa oder anderswo auf der Welt bestrafen, das im Iran Geschäfte machen will.

„Wir verstehen, dass unsere Wiedereinführung von Sanktionen und die bevorstehende Druckkampagne auf das iranische Regime für eine Reihe unserer Freunde finanzielle und wirtschaftliche Schwierigkeiten mit sich bringen wird“, erklärte er. „In der Tat stellt es auch Amerika vor wirtschaftliche Herausforderungen. Das sind Märkte, in die unsere Unternehmen ebenfalls liebend gerne verkaufen würden.“

Das ist Unsinn. Der Umfang des US-Handels mit dem Iran belief sich 2017 auf nur 170 Millionen Dollar. Das Handelsvolumen der Europäischen Union und des Iran belief sich dagegen auf rund 25 Milliarden Dollar, wobei eine Reihe großer europäischer Unternehmen im Zuge des Atomabkommens von 2015 Handels- und Investitionsabkommen abgeschlossen haben.

Während Großbritannien, Frankreich und Deutschland die Entscheidung von Trump, das Atomabkommen aufzukündigen, ablehnten und versicherten, das Abkommen ohne die USA zu unterstützen, hat der Iran die Europäische Union aufgefordert, konkrete Schritte zu unternehmen. Es soll sichergestellt werden, dass die wesentliche Substanz des Abkommens, also die Befreiung der iranischen Wirtschaft von den Auswirkungen lähmender Sanktionen als Gegenleistung für strenge Beschränkungen des Atomprogramms des Landes, aufrechterhalten wird.

„Nach dem Rückzug Amerikas.... reicht die europäische politische Unterstützung für das Abkommen nicht aus“, sagte der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif am Sonntag dem EU-Energiekommissar Miguel Arias Canete. „Die Ankündigung des möglichen Rückzugs großer europäischer Unternehmen aus ihrer Zusammenarbeit mit dem Iran steht nicht im Einklang mit der Verpflichtung der Europäischen Union, das Abkommen umzusetzen“, so Zarif.

Die EU und die europäischen Großmächte versuchen zu verhindern, dass die Politik Washingtons ihnen die Möglichkeit nimmt, den potenziell lukrativen iranischen Markt auszunutzen. Gleichzeitig befürchten die europäischen Regierungen, während sie selbst tief in imperialistische Operationen im Nahen Osten verwickelt sind und den Iran unter Druck setzen, dass ein übereilter Krieg mit dem Iran verheerende Auswirkungen haben könnte, darunter die Erhöhung der Energiekosten, die Destabilisierung der gesamten Region und erneute große Fluchtbewegungen.

Der französische Energieriese Total hat bereits angekündigt, dass er sich aus einem fünf Milliarden Dollar schweren Deal zur Erschließung des Gasfeldes South Pars im Persischen Golf zurückziehen wird, wenn ihm von den US-Behörden keine Ausnahme von den Sanktionen gewährt wird. Der dänische Schifffahrtsriese Maersk Tankers erklärte am Donnerstag, er werde seine Aktivitäten im Iran einstellen, während der deutsche Versicherungskonzern Allianz und das Unternehmen Siemens, das Gasturbinen in den Iran verkauft hat, ebenfalls angekündigt haben, ihre Aktivitäten dort einzustellen. Airbus, das dem Iran bereits Flugzeuge im Rahmen eines Multimilliarden-Dollar-Vertrags zur Verfügung gestellt hat, gab zu erkennen, dass das Unternehmen die Einhaltung der US-Sanktionen in Erwägung ziehe.

Unterdessen kündigte Chinas staatseigener Ölkonzern CNPC an, dass er bereit sei, den Vertrag für das iranische Gasfeld zu übernehmen, falls sich Total zurückzieht. China ist der wichtigste Handelspartner des Iran. Die russische Regierung hat die Bereitschaft signalisiert, den Iran in eine Freihandelszone einzubeziehen.

Während das einseitige Vorgehen der USA die Beziehungen zwischen Europa und Amerika in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg auf einen beispiellosen Tiefpunkt gebracht hat, an dem europäische Regierungsvertreter eine unabhängige Politik und die Verteidigung der „wirtschaftlichen Souveränität“ fordern, haben sich die EU und ihre Mitgliedstaaten noch nicht auf eine konkrete Politik geeinigt, um Washington zu trotzen.

Zu den Vorschlägen aus Brüssel gehören Berichten zufolge die Fortsetzung der iranischen Ölimporte durch direkte Zahlungen in Euro an die iranische Zentralbank unter Umgehung des US-Finanzsystems sowie die Zahlung von Schadenersatz an Unternehmen, die von US-Sanktionen betroffen sind. Im Gespräch ist auch die Neuauflage eines „Blockierungsstatuts“ aus dem Jahr 1996, das als Reaktion auf US-Sanktionen gegen Iran, Libyen und Kuba ausgearbeitet wurde und das es europäischen Unternehmen verbietet, extraterritoriale Sanktionen einzuhalten. Damals hat die Clinton-Administration die europäischen Unternehmen, die in diesen Ländern tätig sind, entlastet und das Statut damit überflüssig gemacht.

Es gibt kein Indiz dafür, dass die Trump-Regierung beabsichtigt, solche Ausnahmen zu gewähren. Das bedeutet, dass sich unabhängig von den Spaltungen zwischen den europäischen Mächten der Handelskrieg und die politischen Spannungen vor dem Hintergrund der wachsenden Kriegsgefahr im Nahen Osten weiter verschärfen werden.

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