Perspektive

Der Weg nach vorn für die Arbeiter in Frankreich

Baut Aktionskomitees gegen Macrons Sparmaßnahmen auf!

Die Beschäftigten der französischen Staatsbahn (SNCF) haben in einer unternehmensweiten Abstimmung mit überwältigender Mehrheit gegen die geplante Privatisierung des nationalen Eisenbahnsystems durch Präsident Emmanuel Macron gestimmt. Die Eisenbahner trotzten dem Management, das die Beschäftigten unter Druck setzte, um sie von der Abstimmung fernzuhalten, und der Presse, die Macron mit einer Kampagne den Rücken stärkte. 94,97 Prozent der SNCF-Beschäftigten stimmten bei einer Beteiligung von 61,15 Prozent gegen die Maßnahme.

Arbeiter und Jugendliche sind weit davon entfernt, sich vor Macron zurückzuziehen. Sie sind im Gegenteil zunehmend kämpferisch. Die Abstimmung erfolgte unmittelbar nach einem eintägigen Streik des öffentlichen Dienstes gegen Macron und zwei Wochen, nachdem die Beschäftigten von Air France die Unternehmensleitung und die Gewerkschaften dadurch in Schock versetzt hatten, dass sie einen Vertrag mit Zugeständnissen abgelehnt haben. Studenten protestieren gegen die selektiven Zulassungsverfahren an den Universitäten, die von Macron eingeführt wurden und Studenten aus wohlhabenden Familien bevorzugen.

Die wichtigste Aufgabe besteht jetzt darin, die immer breiteren Teile der Arbeiterklasse zusammenzubringen, die in den Kampf gegen die Macron-Regierung eintreten, dabei gleichzeitig den Bemühungen, diese Kämpfe zu isolieren und zu zerstreuen, entgegenzutreten und sie mit der wachsenden Bewegung der Arbeiterklasse auf internationaler Ebene zu verbinden.

Im Jahr 1935 rief Leo Trotzki, der Gründer der Vierten Internationale, vor dem Hintergrund der Radikalisierung der Arbeiterklasse vor dem Ausbruch des französischen Generalstreiks 1936 zur Bildung von Aktionskomitees auf. Trotzki schrieb, dass diese Aktionsgremien von den Gewerkschaftsbürokratien unabhängig organisiert und die „revolutionäre Repräsentation der kämpfenden Massen“ sein sollten.

Heute, wo Massen von Arbeitern und Jugendlichen zum Jahrestag des französischen Generalstreiks von 1968 einen Weg suchen, den Kampf voranzutreiben, ist es von großer Bedeutung, die Aufforderung zur Bildung von Aktionskomitees erneut auf die Tagesordnung zu setzen.

Die Militanz der Arbeiterklasse ist durch einen tiefen Graben von der rückgratlosen Politik der Gewerkschaftsbürokratien und ihrer politischen Verbündeten getrennt. Letztere sehen das SNCF-Referendum nicht als Ausdruck davon, dass die Arbeiterklasse die Sparpolitik und den Militarismus der Macron-Regierung und der Europäischen Union ablehnt, sondern vielmehr als Hebel in ihren Verhandlungen mit der Regierung, um den Streik zu beenden und die sozialen Privilegien der Gewerkschaftsbürokratie auf Kosten der Arbeiter zu sichern.

Die Bahngewerkschaften haben Verhandlungen mit Premierminister Edouard Philippe aufgenommen. Philippe erklärte, er werde nur dann Gespräche führen, wenn die Gewerkschaften zustimmen, dass die Eisenbahnen entsprechend einer EU-Verordnung für den Wettbewerb geöffnet, die SNCF privatisiert und das Statut der Eisenbahner, das deren Beschäftigung regelt, abgeschafft wird. Das einzige Thema, das laut Philippe zur Diskussion stehe, sei die staatliche Finanzierung der SNCF-Schulden.

Am Mittwoch erklärte Laurent Brun, der Vorsitzende des Eisenbahnverbandes der stalinistischen Gewerkschaft CGT, das Management der SNCF sei „völlig diskreditiert“. Er forderte die Regierung auf, „ihre Reformen zu überdenken“, obwohl Macrons Partei La République En Marche (LRM) bereits deutlich gemacht hat, dass sie beabsichtigt, das Referendum der SNCF zu ignorieren. Stattdessen wird sie in ihren Gesprächen mit der CGT die besten Mittel ausarbeiten, um die Kürzungen durchzusetzen.

Während des Referendums der SNCF machte sich der LRM-Abgeordnete Gilles Le Gendre über „Illusionen“ lustig, dass „wir, nur weil es massiven Widerstand gegen die Reform gibt, wieder Schritte zurück machen könnten“. Er erklärte: „Das ist nicht wahr.“

Der Staat, das Management der SNCF und die Gewerkschaften würden zusammenarbeiten, betonte er. „Wir suchen nach einem Ausstiegsszenario aus dieser Krise, bei dem niemand das Gesicht verliert“, sagte er. „Das ist unser Ziel. Das ist es, was wir wollen, aber im Kontext einer Reform, deren Inhalt sich nicht ändern wird.“

Mit anderen Worten, je größer die Opposition der Arbeiter gegen die Regierung, desto größer der Verrat, den die Regierung von den Gewerkschaften fordern wird.

Die Parteien der wohlhabenden Mittelschicht decken diese reaktionäre Operation ab, indem sie die Bevölkerung auffordern, eine nationale Bewegung gegen Macron unter Führung der CGT aufzubauen. Mit Unterstützung der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) und Lutte Ouvrière (LO) fordert Jean-Luc Mélenchons Partei La France insoumise (LFI) zu einer „neuen Volksfront“ und einem „Human Wave“-Protest auf, angeblich um den Gewerkschaften zu helfen, Macron zu Zugeständnissen zu bewegen.

Das ist eine Falle für die Arbeiter. LFI, NPA, LO und andere kleinbürgerliche Parteien geben den Bemühungen der Gewerkschaften, die Arbeiter zu spalten, Streiks zu isolieren und den Kampf gegen Macron zu sabotieren, damit ihren Segen. Die Gewerkschaften haben die Streiks bei Air France abgesagt, bis ein neuer Vorstandschef benannt worden ist. Sie haben die Streiks im öffentlichen Dienst auf rein symbolische, eintägige Aktionen beschränkt und die Streiks im Schienenverkehr von den anderen Streiks im öffentlichen Dienst getrennt.

Bittere historische Erfahrungen zeigen, dass man den Gewerkschaften und ihren politischen Verbündeten nicht erlauben darf, der Arbeiterklasse die Bedingungen des Klassenkampfes zu diktieren.

Heute vor 50 Jahren, auf dem Höhepunkt des Generalstreiks von 1968, hat die CGT die Gespräche mit Staatsbeamten und Unternehmerverbänden aufgenommen, deren Ergebnis das Abkommen von Grenelle war. Der Generalstreik war nicht unter der Führung der CGT ausgebrochen, sondern als Rebellion gegen sie. Weniger als zwei Wochen später hatte der Streik den französischen Kapitalismus in die Knie gezwungen.

Die Grenelle-Gespräche waren das Mittel der CGT, um die revolutionäre Chance zu verraten. Sie führten zu Lohnzugeständnissen, die die CGT dazu benutzte, die Arbeiter in die Werke und an die Arbeitsplätze zurückzubringen. Sie rettete damit die Regierung von Charles de Gaulle.

Heute wird es für den Klassenkampf keine reformistische Lösung geben. Der Generalstreik von 1968 brach auf dem Höhepunkt des Nachkriegsbooms aus. Seitdem wurde die Industrie in Frankreich und in weiten Teilen Europas durch jahrzehntelange Sparmaßnahmen und Steuervergünstigungen für die Reichen verwüstet. Der französische Kapitalismus verfügt nicht länger über die Mittel, um soziale Zugeständnisse zu machen. Da Macron vor dem Hintergrund wachsender Kriegsdrohungen der NATO gegen Iran, Syrien und Russland bis zum Jahr 2024 einen Militärhaushalt von 300 Milliarden Euro anstrebt, wird er Vereinbarungen nur auf Kosten der Arbeiter treffen.

Unter diesen Bedingungen bekommt der Kampf für den Aufbau von Aktionskomitees eine enorme Dringlichkeit. 1935 betonte Trotzki in Wohin geht Frankreich, solche Komitees seien „das einzige Mittel, den antirevolutionären Widerstand der Partei- und Gewerkschaftsapparate zu brechen.“ Er verglich sie mit den Sowjets, die 1917 von den russischen Arbeitern, die in der Oktoberrevolution unter der Führung der Bolschewiki die Macht übernahmen, gebildet wurden. Trotzki erklärte:

„Die Aktionskomitees in ihrem heutigen Stadium sollen dazu dienen, den Abwehrkampf der werktätigen Massen Frankreichs zusammenzufassen und ihnen so das Bewusstsein ihrer eigenen Kraft für den künftigen Angriff zu vermitteln. Ob es zu echten Sowjets kommen wird, das hängt davon ab, ob die heutige kritische Situation in Frankreich sich bis zu den letzten revolutionären Schlussfolgerungen entwickeln wird.“

Die Parti de l'égalité socialiste (PES), die französische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (ICFI), regt eine ausführliche Diskussion über diese Perspektive an Arbeitsplätzen, in Schulen und im Internet an. Sie ruft alle, die sich an diesem Kampf beteiligen wollen, dazu auf, sich der PES anzuschließen und sie aufzubauen.

Um das größtmögliche Bewusstsein über den Charakter und die Ziele der entstehenden Bewegung zu vermitteln, wird die PES für die Bildung von Aktionskomitees in Fabriken und an anderen Arbeitsstätten eintreten und diese unterstützen. Sie wird versuchen, die entstehende Streikbewegung mit allen Formen des Widerstands der Arbeiterklasse gegen Krieg, Kürzungspolitik und soziale Ungleichheit zu vereinen und eine sozialistische und internationalistische Bewegung der Arbeiterklasse zu entwickeln, die die Staatsmacht übernimmt und das Wirtschaftsleben auf der Grundlage sozialer Bedürfnisse und nicht des privaten Profits neu organisiert.

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