Perspektive

Ende der Netzneutralität: USA treiben Internet-Zensur voran

Die Netzneutralität, nach der Internet Service Provider (ISP) alle Kommunikation als gleichwertig behandeln müssen, wurde am Montag in den USA offiziell beendet. Dieser Schritt bedeutet einen heftigen Angriff auf ein freies und offenes Internet sowie auf die Meinungsfreiheit.

Seit der Entstehung des öffentlichen Internets agierten die ISP als sogenannte "Common Carrier" und wurden als öffentliche Versorgungsunternehmen effektiv reguliert. Es war ihnen gesetzlich verboten, ihre Nutzer oder Websites zu diskriminieren, indem sie den Internetverkehr blockierten, manipulierten oder verlangsamten.

Im Jahr 2015 bekräftigte die Federal Communications Commission (FCC) in den USA diese Grundsätze und stellte fest: "Eine Person, die an der Bereitstellung von Breitband-Internetzugangsdiensten.... beteiligt ist, darf rechtmäßige Inhalte, Anwendungen, Dienste oder nicht schädliche Geräte nicht blockieren". Die ISP durften "den rechtmäßigen Internetverkehr auf der Grundlage von Internetinhalten nicht beeinträchtigen oder einschränken".

Mit dem Beschluss der FCC zur Beendigung der Netzneutralität vom vergangenen Dezember, die am Montag in Kraft trat, wurden den ISP umfassende Befugnisse übertragen, um als Pförtner für das Internet zu fungieren. Nach den neuen Regeln werden diese privaten Großunternehmen die Möglichkeit haben, ausgewählte Inhalte gegenüber anderen zu privilegieren, den Zugang zu Websites auf Grundlage der Finanzkraft von Kunden zu ermöglichen, oder Websites und Dienste insgesamt zu blockieren.

Der FCC-Vorsitzende Ajit Pai spricht im Namen derjenigen, die das Ende der Netzneutralität verteidigen. Er argumentiert, dass die umfangreichen Befugnisse, die ISP eingeräumt werden, irrelevant sind, weil die Nutzer den ISP wechseln können, wenn sie mit den Handlungen des Providers nicht zufrieden sind. Dieses Argument ist so absurd, dass es kaum eine Widerlegung verdient.

Der Internet-Service-Markt wird in den USA von nur vier Unternehmen (Comcast, AT&T, Time Warner und Verizon) beherrscht. Fünfzig Millionen Amerikaner haben Zugang zu nur einem Internet Service Provider, und mehr als die Hälfte hat nur zwei zur Auswahl. Diese Zahl wird sich mit der möglichen Fusion von AT&T und Time Warner, die noch in dieser Woche genehmigt werden soll, noch weiter verringern.

Das Ende der Netzneutralität stößt auf überwältigenden Widerstand in der Bevölkerung. Nach einer Erhebung der Universität Maryland sind 83 Prozent der amerikanischen Bevölkerung gegen den FCC-Beschluss, die Netzneutralität zu beenden. Als die FCC selbst öffentlich um Stellungnahme bat, stimmten 98,5 Prozent der Befragten dagegen.

Trotz dieser überwältigenden Opposition war das Ende der Netzneutralität am Montag kein Thema in den Leitmedien oder bei der Demokratischen Partei. Dieser Großangriff auf die demokratischen Rechte wurde in den Abendnachrichten nicht einmal erwähnt. In Amerika wird auf die öffentliche Meinung gepfiffen.

Keinen Glauben sollten man der Demokratischen Partei oder den Technologieriesen wie Google und Facebook schenken, wenn sie sich als Wahrer der Netzneutralität gebärden. Tatsächlich stehen die Demokraten und Social Media-Unternehmen an der Spitze, wenn es um Zensur im Internet geht.

Im vergangenen Jahr haben Google und die Social Media-Monopole Facebook und Twitter in enger Abstimmung mit den US-Geheimdienste ein Regime der Internet-Zensur eingeführt. Die Unternehmen bemühen sich eifrig, die Leserschaft linker und sozialistischer Websites - einschließlich der World Socialist Web Site - im Namen des Kampfes gegen "Fake News" und "russische Einmischung" erheblich zu verringern.

Die Social-Media-Unternehmen hingegen sind allein aus kommerziellen Gründen gegen das Ende der Netzneutralität. Sie wollen nicht, dass sich ihre potenziellen Konkurrenten unter den ISP einen Vorteil verschaffen, indem sie ihre eigenen Content-Distributionsdienste fördern. Zudem möchten sie ihr Zensurmonopol erhalten, damit sie für Ihre Dienste von der US-Regierung weiterhin lukrative Aufträge bekommen.

Die symbolischen Oppositionsmaßnahmen der Demokratischen Partei bestehen aus einer wirkungslosen Abstimmung im Kongress, Appellen an die Bundesstaaten zur Durchsetzung der Netzneutralität und einer Reihe von initiierten Gerichtsverfahren. Dies ist kaum mehr als eine politische Tarnung für ihre Zustimmung und Umsetzung der Internetzensur.

Das Ende der Netzneutralität ist ein großer Schritt, um das Internet zu zensieren. Da schriftliche Kommunikation (und ein beständig wachsender Anteil der Gesamtkommunikation) nunmehr hauptsächlich online stattfindet, ist jeder Schritt in Richtung Internetzensur ein Schritt zur Abschaffung der Meinungsfreiheit.

Dies ist nicht nur das Ergebnis des Regierungswechsels in den USA. Es markiert vielmehr eine Veränderung in der Klassenpolitik der herrschenden Elite. Bei der Wahl 2016 enthielten sich große Teile der Arbeiterklasse, da sie der Demokratischen Kandidatin Hillary Clinton als favorisierter Kandidatin der Wall Street feindlich gegenüberstanden. Dies und auch die jüngste Streikbewegungen in den USA, die unabhängig von den Gewerkschaften stattfinden, überzeugen die herrschende Elite, dass die Einführung der Internetzensur für die Verteidigung ihrer Stellung in der Gesellschaft notwendig ist.

Darüber hinaus zeigt sich in der Entwicklung auch die zunehmende Monopolbildung in der amerikanischen Wirtschaft, in der eine kleine Zahl von Großunternehmen immer größeren Einfluss ausüben. Dieser Prozess ist untrennbar mit der Zunahme der sozialen Ungleichheit und dem Angriff auf die demokratischen Rechte verbunden. Bei aller Verherrlichung des "freien Marktes" bekämpfen Demokraten und Republikaner jedoch rücksichtslos jede Opposition gegen die wenigen Banken und Unternehmen, die die Gesellschaft zunehmend dominieren.

Die Kontrolle über das Internet durch eine Handvoll Social Media-Monopole und Internet Service Provider steht den demokratischen Rechte der Bevölkerung entgegen. Es zeigt sich darin, dass die Verteidigung der demokratischen Rechte untrennbar mit dem Ende des Privateigentums an der Internet-Infrastruktur verbunden ist. Der Internetzugang ist ein soziales Grundrecht, das allen frei zugänglich sein muss, ohne Einmischung von Unternehmen oder durch den Staat.

Um die Internetfreiheit zu verteidigen und Zensur zu bekämpfen, müssen die Großunternehmen in öffentliche Versorgungsunternehmen verwandelt und unter die demokratischen Kontrolle der Arbeiterklasse gestellt werden.

Die einzige gesellschaftliche Kraft, die die Netzneutralität verteidigen kann, ist die Arbeiterklasse. Der Kampf der Arbeiter auf der ganzen Welt zur Verteidigung ihrer wirtschaftlichen Grundrechte geht einher mit dem Kampf zur Verteidigung von Meinungsfreiheit. Der Kampf gegen Internetzensur ist dabei von herausragender Bedeutung.

Loading