Trump droht mit Eskalation des Handelskriegs gegen Europa

Am Freitag, den 22. Juni, verhängte die Europäische Union als Reaktion auf die amerikanischen Strafzölle auf Stahl und Aluminium eigene Strafzölle auf amerikanische Produkte im Wert von 2,8 Milliarden Dollar. Präsident Trump drohte daraufhin mit einer Eskalation des transatlantischen Handelskriegs.

Am Freitagmorgen erklärte Trump in einem Tweet, wenn die EU die bestehenden Zölle auf amerikanische Autos nicht aufhebe, „werden wir einen Zoll von zwanzig Prozent auf alle Autoimporte in die USA erheben“.

Die EU hat angekündigt, sie werde in zwei Phasen auf die amerikanischen Stahl- und Aluminiumzölle reagieren. Der Welthandelsorganisation (WTO) wurde eine Liste vorgelegt, laut der ein Zoll von fünfundzwanzig Prozent für eine Reihe von Produkten sofort in Kraft tritt, u.a. auf Erdnussbutter, Bourbon-Whiskey oder Motorrädern von Harley-Davidson. Weitere Zölle für amerikanische Waren im Wert von 3,6 Milliarden Dollar werden in spätestens drei Jahren eingeführt, falls die WTO zu Gunsten der EU entscheidet.

Die EU-Handelsbeauftragte Cecilia Malmström erklärte zur Einführung der Maßnahmen: „Wir wollten nicht in diese Lage kommen. Doch aufgrund der einseitigen und ungerechtfertigten Entscheidung der USA, Zölle auf Aluminium und Stahl gegen die EU zu erheben, bleibt uns keine andere Wahl.“

Sie erklärte: „Wir haben die Regeln des internationalen Handels gemeinsam mit unseren amerikanischen Partnern ausgearbeitet. Wir können nicht untätig bleiben, wenn sie jetzt verletzt werden.“

Die USA haben ihre Maßnahmen unter Berufung auf Abschnitt 232 des Trade Expansion Act von 1962 eingeführt und mit ihrer „nationalen Sicherheit“ begründet. Nachdem die europäischen Maßnahmen in Kraft getreten sind, wird Kanada nächsten Monat Zölle einführen, und Mexiko hat dies bereits getan. Ebenso wie die EU konnten diese beiden Länder keine Ausnahmen von den Maßnahmen der USA heraushandeln.

Trump begründet seine jüngste Drohung, Zölle auf Autos zu erheben, ebenfalls mit dem Vorwand der „nationalen Sicherheit“. Damit würde er einen noch größeren Konflikt, vor allem mit Deutschland, heraufbeschwören.

Die USA haben letztes Jahr fast 1,3 Millionen Fahrzeuge aus der EU importiert, 726.300 davon von den drei großen deutschen Autokonzernen BMW, Daimler und Volkswagen.

Das Wall Street Journal erklärte, Trumps jüngster Tweet zu den Zöllen zeige, „welche Bedeutung er der Untersuchung beimisst, die seine Regierung letzten Monat in Auftrag gegeben hat, um zu prüfen, ob im Namen der nationalen Sicherheit hohe Zölle auf importierte Fahrzeuge eingeführt werden können“.

Handelsminister Wilbur Ross, dessen Ministerium diese Untersuchung durchgeführt hat, erklärte letzte Woche vor einem Ausschuss des Senats, es sei noch keine Entscheidung über einen Vorschlag für Zölle gefallen. Er deutete an, die Untersuchung werde vermutlich im August abgeschlossen sein.

Als Ross die Untersuchung im Mai bekanntgab, betonte er vor allem die nationale Sicherheit. Er erklärte, „seit Jahrzehnten“ lägen Beweise vor, „dass Importe aus dem Ausland unsere eigene Autoindustrie zerstören. Wirtschaftliche Sicherheit ist gleichbedeutend mit militärischer Sicherheit. Und ohne wirtschaftliche Sicherheit gibt es keine militärische Sicherheit.“

Trumps jüngster Tweet macht deutlich, dass er seinen Kurs fortsetzen will. Zuvor hatte er der EU Anfang letzter Woche bei einer „Make America Great Again“-Kundgebung in Minnesota vorgeworfen, ihre Haltung gegenüber den USA sei diese: „Wir werden euch Millionen von Autos verkaufen, aber ihr dürft bei uns keine verkaufen.“

Die EU hat sich bisher geweigert, Trumps jüngste Drohung zu kommentieren. Ein Vertreter erklärte gegenüber dem Wall Street Journal: „Wir haben während der letzten Woche bereits alles gesagt, was wir dazu zu sagen hatten.“

Als das US-Handelsministerium letzten Monat die Untersuchung über die Autoindustrie bekanntgab, erklärte der EU-Pressesprecher Margaritis Schinas, es gebe keine Rechtfertigung für die Zölle auf Stahl und Aluminium. Weiter erklärte er: „Im Falle der Autoindustrie ist es noch abwegiger, sich auf die nationale Sicherheit zu berufen.“ Wirtschaftsvertreter warnten außerdem, dass Zölle die gesamte globale Autoindustrie schädigen würden.

Der Handelskrieg der USA gegen China und die Drohung mit Zöllen auf Autos wirkt sich bereits jetzt auf die deutsche Autoindustrie aus. Letzte Woche gab der Mercedes-Hersteller Daimler als Folge des zunehmenden Handelskriegs eine Gewinnwarnung heraus und erklärte, die Profite für 2018 würden „geringfügig niedriger“ liegen als im letzten Jahr. Zuvor hatte er noch eine Erhöhung prognostiziert.

Das Unternehmen ließ wissen, dass der „maßgebliche“ Faktor für die Korrektur seiner Gewinnerwartung die Einführung von Zöllen auf amerikanische Autoexporte nach China sei. Das Land stellt den größten Absatzmarkt für Daimler-Werke in den USA dar. In der Ad-Hoc-Mitteilung von Daimler heißt es: „[B]ei Mercedes-Benz Cars [ist] aus heutiger Sicht aufgrund der erhöhten Einfuhrtarife für US-Fahrzeuge in den chinesischen Markt von geringeren als bisher erwarteten SUV-Absätzen (…) auszugehen.“

Die Eskalation des US-Handelskriegs sorgt in den internationalen Finanzkreisen zunehmend für Besorgnis. Letzte Woche drohte die Trump-Regierung zusätzlich zu den Zöllen auf Hightech-Produkte in Höhe von 50 Milliarden Dollar mit Zöllen von bis zu 400 Milliarden Dollar auf chinesische Waren, die ab nächsten Monat in Kraft treten sollen.

Der Handelskrieg und seine Gefahren waren letzte Woche bei der Jahresversammlung der Zentralbanker im portugiesischen Sintra zwar nicht zentrales Thema, sie gaben jedoch Anlass für Kommentare und Warnungen. Das Treffen wird alljährlich von der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgerichtet.

Der Vorsitzende der amerikanischen Federal Reserve Jerome Powell erklärte während einer Podiumsdiskussion: „Veränderungen der Handelspolitik könnten uns dazu bringen, die Prognosen zu hinterfragen. Wir hören zum ersten Mal von Entscheidungen, Investitionen oder Einstellungen hinauszuschieben.“

EZB-Präsident Mario Draghi erklärte, es sei noch zu früh, um die wirtschaftlichen Auswirkungen zu bewerten, zeigte sich aber besorgt über die Erosion des Vertrauens bei den Unternehmen.

Er erklärte, es sei noch nicht abschätzbar, welche Folgen die Handelskonflikte auf die Geldpolitik der Zentralbanken haben werden, aber: „Es gibt keinen Grund, deshalb optimistisch zu sein.“

Weiter erklärte er, man müsse aus der Geschichte die Lehre ziehen, dass die Folgen von Handelskonflikten und Protektionismus immer „sehr negativ“ seien, und dass die Ausbreitung von Streitigkeiten „den multilateralen Rahmen“ beschädigt, „in dem wir alle aufgewachsen sind“.

Der Chef der japanischen Zentralbank Haruhiko Kuroda warnte, die Folgen des Handelskriegs könnten das gesamte Wirtschaftsnetz Ostasiens stören, von dem China abhängig ist.

Er erklärte: „Ich hoffe wirklich, dass diese Eskalation wieder zurückgefahren werden kann, sodass zwischen China und den USA wieder normale Handelsbeziehungen bestehen. Für Japan ist das eine sehr wichtige Angelegenheit.“

Die eindringlichste Warnung kam vom Gouverneur der Reserve Bank of Australia, Philip Lowe. Er erklärte, Zölle allein würden das globale Wachstum zwar nicht aus dem Gleis werfen, allerdings könnten sie Unwägbarkeiten auf den Märkten auslösen und dazu führen, dass Unternehmen Entscheidungen vertagten.

„Es gehört nicht viel dazu, dass die Finanzmärkte und Unternehmen daraus alle zusammen ein großes globales Ereignis machen. Ich hoffe, das findet nicht statt, aber die Ereignisse beunruhigen mich sehr.“

Lowe erklärte, noch kein Land sei reicher oder produktiver geworden, indem es Mauern gebaut habe: „Ich halte das, was jetzt passiert, für unglaublich beunruhigend.“

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