Perspektive

Flüchtlinge im Fahndungsnetz der EU

Heute stellt Innenminister Horst Seehofer (CSU) seinen berüchtigten „Masterplan Migration“ vor, der den Terror der Großen Koalition gegen Flüchtlinge in Deutschland und ganz Europa weiter verschärfen wird.

Am Freitag hat bereits die SPD beschlossen, die von der CDU und ihrer Schwesterpartei CSU ausgehandelten heftigen Maßnahmen gegen Flüchtlinge zu unterstützen. Die Vereinbarung läuft auf die Übernahme der rassistischen und kriminellen Flüchtlingspolitik der AfD durch die Parteien des politischen Establishments hinaus, vertreten durch die Große Koalition von SPD und CDU/CSU.

Die Bundesregierung hat in Ergänzung zur Schleierfahndung nach Einwanderern die Einrichtung von Masseninternierungslagern für Flüchtlinge in Deutschland und Europa beschlossen. In den so genannten „Ankerzentren“, die im ganzen Land aufgebaut werden sollen, werden potentiell Zehntausende oder sogar Hunderttausende von Menschen hinter Stacheldraht und unter Polizeischutz für achtzehn Monate oder länger interniert werden.

Die Lager werden außerhalb der grundlegenden rechtlichen Rahmenbedingungen existieren und jedes demokratische Grundrecht der Männer, Frauen und Kinder verletzen, die tragischerweise in ihnen gefangen sind. Die Häftlinge werden wie Kriminelle behandelt, weil sie ihr Recht auf Asyl beantragt haben, und sie werden der erniedrigendsten und unmenschlichsten Behandlung unterzogen.

Die deutsche Regierung hat versucht, sich von historischen Parallelen zu den bisherigen Erfahrungen Deutschlands mit der Masseninternierung zu distanzieren und erklärt, dass es sich bei den neuen Internierungslagern, in denen Häftlinge gegen ihren Willen festgehalten werden, nicht um „geschlossene Lager“ handle.

Sie versteckt ihre Verbrechen hinter bürokratischen Phrasen. In einem Regierungspapier zu den Resolutionen des letzten EU-Gipfels heißt es: „Durch einen verstärkten Einsatz von Schleierfahndungen und sonstige intelligente grenzpolizeiliche Handlungsansätze kann die Zahl derer deutlich erhöht werden, die mit einem EURODAC-Eintrag grenznah erfasst und einer sofortigen Bearbeitung in den Besonderen Aufnahmeeinrichtungen zugeführt werden.“

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen auch die geschlossenen Flüchtlingslager in Griechenland und Italien, die im offiziellen Sprachgebrauch euphemistisch „Hotspots“ genannt werden, auf ganz Europa ausgedehnt werden. In einem vorab bekannt gewordenen Entwurf von Seehofers „Masterplan Migration“ heißt es, dass die „Erstaufnahmezentren in Italien und Griechenland (Hotspots) durch ausreichend Personal der Mitgliedstaaten“ unterstützt und ausgeweitet werden sollen.

„Hotspots“, „Schleierfahndung“, „Masterplan“ – diese abscheulichen Euphemismen für die Masseninternierung unschuldiger Menschen sind nur ein Hinweis auf die Schrecken, die für ihre Häftlinge vorbereitet werden.

„Eisendraht verwoben zu Quadraten, bis zu vier, fünf Meter hoch. Über den Zaun ist Stacheldraht gerollt, an allen Eingängen ins Lager stehen Wachtürme und Wachleute, die Gewehre über die Brust geschnallt“, schreibt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung über das seit 2015 auf der griechischen Insel Lesbos existierende Lager Moria. Auch im Inneren gleiche das mit 7500 Menschen völlig überfüllte Lager einer regelrechten „Hölle“, in der die Genfer Konvention und elementare Grundrechte außer Kraft gesetzt seien.

Wenn Seehofer solche Schrecken als „Masterplan“ und „Ankerzentren“ bezeichnet, dann deshalb, weil Hitler bereits die Begriffe „Endlösung“ und „Konzentrationslager“ verwendet hat.

In Deutschland wird mit dem Asylpaket der Großen Koalition nun ebenfalls die praktische und „legale“ Grundlage für die Schaffung rechtsfreier Gefangenen- und Folterlager gelegt. Im Koalitionspapier heißt es, dass die Personen im Zuge der geplanten ‚Transitverfahren‘ „rechtlich nicht nach Deutschland einreisen“. Mit diesem reaktionären juristischen Konstrukt („Fiktion der Nichteinreise“) werden ganz ähnlich wie beim US-Gefangenenlager Guantanamo exterritoriale Zonen geschaffen, die juristisch nicht als Staatsgebiet gelten und de facto einen rechtsfreien Raum darstellen. Staatlicher und polizeilicher Willkür werden damit Tür und Tor geöffnet.

Die völlige Gleichgültigkeit gegenüber der Menschenwürde, die schamloseste Verletzung der Menschenrechte, der Gebrauch einer abschreckenden bürokratischen Sprache, um noch mehr abschreckende Verbrechen zu verbergen – all das hat den Gestank der 1930er Jahre. Die bürgerliche Demokratie in Europa zerfällt und wird zunehmend durch diktatorische Herrschaftsformen ersetzt.

Was für Deutschland mit seiner angeblichen „Willkommenskultur“ unter der Leitung von „Mutti“ Angela Merkel gilt, gilt für die ganze Welt. In Italien führt die Regierung mit dem neofaschistischen Innenminister Matteo Salvini eine Volkszählung der Roma durch. In den Vereinigten Staaten werden Einwandererkinder von ihren Eltern getrennt und in Käfigen gehalten. In Griechenland werden unter der „linksradikalen“ Regierung von Syriza Flüchtlinge aus ganz Europa in Masseninternierungslagern zusammengetrieben.

Überall auf der Welt strömt aus den Poren jedes kapitalistischen Nationalstaates derselbe Schmutz und dieselbe Fäulnis, derselbe Gestank der Kriminalität. Israels Abschlachten von Hunderten unbewaffneter palästinensischer Demonstranten wird offen verteidigt, und das Massaker an Hunderttausenden jemenitischer Zivilisten durch Saudi-Arabien, das von den Vereinigten Staaten unterstützt wird, wird einfach ignoriert.

Die herrschenden Klassen, wie Leo Trotzki in den 1930er Jahren sagte, verwandeln die Welt in ein „widerwärtiges Gefängnis“.

Diese kriminelle Politik der kapitalistischen Parteien steht in krassem Gegensatz zu den menschlichen Gefühlen der Arbeiter und Jugendlichen in der ganzen Welt. Gegen die Zustimmung der Großen Koalition zur Flüchtlingspolitik der Rechtsextremen protestierten am Samstag Zehntausende in ganz Deutschland, während Hunderttausende an Demonstrationen in den Vereinigten Staaten gegen die barbarische Behandlung von Flüchtlingen durch die Trump-Regierung teilgenommen haben.

Die Aufgabe besteht nun darin, die menschliche und demokratische Einstellung der Arbeiter auf der ganzen Welt mit einem politischen Programm zu verbinden, das ihre sozialen Interessen zum Ausdruck bringt. Die Verteidigung von Einwanderern und Flüchtlingen auf der ganzen Welt muss mit der Opposition gegen Krieg, soziale Ungleichheit, sinkende Löhne und dem Angriff auf Sozialprogramme verbunden sein.

Vor vier Jahren hat die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP), die deutsche Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, nach der offiziösen Hofierung von Professoren wie Jörg Baberowski, der erklärte, Hitler sei „nicht grausam“, erstmals Alarm geschlagen.

Jetzt organisiert die SGP den Widerstand gegen die Große Koalition, die von der gesamten bürgerlichen „Linken“ unterstützt wird. Die Verteidigung der Rechte der Flüchtlinge ist ein zentrales Element des sozialistischen Programms zum Sturz des kapitalistischen Systems, das die Menschheit in den faschistischen Moloch der 1930er Jahre zurückreißt.

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