Kein Geld für Löhne, Schulen, Gesundheitsversorgung, aber...

Aktienrückkäufe in Billionenhöhe im Jahr 2018

US-Konzerne werden in diesem Jahr eine Billion Dollar ausgeben, um ihre eigenen Aktien zurückzukaufen, so eine Analyse von Goldman Sachs, die am Montag veröffentlicht wurde. Der Wall-Street-Riese führt diesen Anstieg auf die boomenden Unternehmensprofite und die Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche in Höhe von 1,5 Billionen Dollar zurück, die letzten Dezember vom Kongress verabschiedet und von US-Präsident Donald Trump unterzeichnet wurden.

Goldmans oberster Kapitalstratege David Kostin schwärmte in einer Mitteilung an die Investoren, sie würden vermutlich sehr schnell die Auswirkungen der Rückkäufe in Form von höheren Aktienkursen und dickeren Portfolios merken.

Die Rückkauforgie nimmt gewaltige Ausmaße an. Der Wert der Rückkäufe im zweiten Quartal ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 57 Prozent gestiegen, in der Technologiebranche sogar um 130 Prozent.

Der Anstieg der Aktienrückkäufe fällt in eine Zeit, in der die Umsätze und Profite auf Rekordniveau oder knapp darunter liegen. Die Umsätze der Firmen im Aktienindex Standard & Poor’s 500 stiegen im zweiten Quartal um zwölf Prozent, die Erträge pro Aktie um 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. 56 Prozent der Unternehmen übertrafen die Prognosen der Marktexperten und Ökonomen.

Aktienrückkäufe sind 2018 in die Höhe geschnellt

Billionen Dollar werden dafür verschleudert, mit Finanzmanipulationen wie Rückkäufen, Dividendenerhöhungen, Fusionen und Übernahmen die Aktienpreise und die Vermögen der Vorstandschefs und der Großinvestoren zu erhöhen, die einen Großteil der Wertpapiere kontrollieren.

Gleichzeitig sind Millionen Arbeiter in den USA und überall auf der Welt mit sinkenden Reallöhnen konfrontiert. Ihre meist schlecht bezahlte und schwere Arbeit ist die Quelle des Reichtums und aller Profite, die die Kapitalisten abschöpfen. Letzte Woche meldete das US-Arbeitsministerium, dass die Löhne in den USA im Juli im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um nur 2,7 Prozent gestiegen sind, die Verbraucherpreise hingegen um 2,9 Prozent. Das bedeutet, die Kaufkraft der Arbeiter ist unterm Strich gesunken.

Diese Entwicklung findet statt, obwohl die offizielle Arbeitslosenquote von 3,9 Prozent unter dem Wert liegt, den Ökonomen traditionell als „Vollbeschäftigung“ definieren und viele Bereiche der amerikanischen Wirtschaft über fehlende Arbeitskräfte klagen. Die offizielle Arbeitslosenquote ist in den letzten zwei Jahren um einen vollen Prozentpunkt gesunken, doch das Lohnwachstum ist im gleichen Zeitraum von 2,8 auf 2,7 Prozent gesunken.

Zehn Jahre nach dem Wall Street-Crash im September 2008 hat die herrschende Klasse in den USA und im Rest der Welt das Ausmaß der Spekulationen und des Parasitentums, die die schwerste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression der 1930er Jahre ausgelöst haben, noch verdoppelt. Der „Aufschwung“ nach dem Crash wurde möglich durch massive Geldspritzen für die Finanzmärkte und ein bewusstes Aufblähen der Aktienkurse. Diese Politik ist jedoch kein Zeichen der „Stärke“ oder „Belastbarkeit“ des kapitalistischen Systems, sondern seines historischen Bankrotts.

Anfang der 1980er Jahre machten Aktienrückkäufe weniger als fünf Prozent der Gesamteinnahmen aus; im Jahr 2012 waren es bereits 54 Prozent, und heute sind es fast 60 Prozent. Sie zeigen das Ausmaß, in welchem das gesamte kapitalistische System davon abhängig geworden ist, Mittel in die Aktienmärkte umzuschichten, die zu den wichtigsten Mechanismen für die Umverteilung des Reichtums von der Arbeiterklasse an die Reichen und Superreichen geworden sind. Der Dow Jones Index hat sich nach seinem Tiefststand im März 2009 aufgrund der Rettungsaktionen der Regierung und der Zentralbanken, der Gelddruck-Operationen und der extrem niedrigen Zinssätze vervierfacht.

Die New York Times schrieb am Montag: „Laut der Federal Reserve haben die Konzerne in den letzten vier Jahren Anleihen in Höhe von über 1,3 Billionen Dollar herausgegeben und [Aktien] im Wert von 1,9 Billionen Dollar aus dem Verkehr gezogen. Dass sich amerikanische Unternehmen Geld leihen, um ihre eigenen Aktien zurückzukaufen, kommt einer riesigen fremdfinanzierten Übernahme in Zeitlupe gleich.“

Dieser Prozess vollzog sich unter Bush, Obama und jetzt auch unter Trump, d. h. gleichermaßen unter demokratischen wie unter republikanischen Regierungen, und basierte auf einer sozialen Konterrevolution gegen die Arbeiterklasse. Das ganze Gebilde aus aufgeblähten Aktienkursen und Bankkonten der Milliardäre sowie Rekordprofiten der Konzerne erfordert die weitere Senkung der Arbeiterlöhne und rücksichtslose Kürzungen im Gesundheits- und Bildungswesen, im Wohnungsbau und anderen Sozialprogrammen.

Gleichzeitig wird grundlegende soziale Infrastruktur wie Straßen, Brücken, Wasserleitungen, Dämme oder Verkehrsmittel dem Verfall preisgegeben.

Es gibt zahlreiche Anzeichen für eine soziale Krise: die Zahl der insolventen Rentner, der Drogensüchtigen und die Selbstmordrate unter Jugendlichen liegen auf Rekordniveau, die Lebenserwartung sinkt, Kinder- und Müttersterblichkeit steigen. Laut einer aktuellen Umfrage haben die unteren 40 Prozent der Haushalte in den USA im Durchschnitt ein negatives Einkommen von jährlich 11.600 Dollar, d. h. sie haben in der Summe mehr steuerlich absetzbare Ausgaben als Einkünfte. Diese soziale Katastrophe ist die Kehrseite des erschütternden Anwachsens sozialer Ungleichheit in den USA und weltweit.

Die bürgerliche Presse hat sich in vielen Artikeln und Kolumnen mit dem „Rätsel“ beschäftigt, dass trotz niedriger Arbeitslosigkeit und wachsender Wirtschaft die Löhne stagnieren. Allerdings geht fast keiner dieser Kommentare auf das grundlegende Problem ein: die Unterdrückung des Klassenkampfes.

Dies ist der wahre Grund, warum die Oligarchen und ihre Marionettenregierungen die Weltwirtschaft ausplündern können und die globalen Aktienkurse in so spektakulärem Ausmaß angestiegen sind. Die Gewerkschaften sind für die Kapitalisten unverzichtbare Instrumente bei der Unterdrückung des Klassenkampfes.

Jahrzehntelang haben die Gewerkschaften Streiks faktisch verboten, vor allem nach der Finanzkrise von 2008. Im Jahr 2017 sank die Zahl größerer Arbeitsniederlegungen in den USA auf sieben, was der zweitniedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1947 war. Dies ermöglichte eine grundlegende Umstrukturierung der Klassenbeziehungen, durch die in den USA der Anteil der nicht in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter am Nationaleinkommen von 66,4 Prozent im Jahr 2000 auf 58,9 Prozent im Jahr 2018 zurückging. Allein im Jahr 2018 kommt dies einer Umverteilung von Vermögen in Höhe von 1,4 Billionen Dollar gleich.

Vor kurzem beschrieben die Gewerkschaften in ihrer juristischen Argumentation vor dem Obersten Gerichtshof im Fall Janus v. AFSCME ihre Funktion äußerst treffend. Bei dem Prozess klagte der Kinderbetreuer Mark Janus gegen die größte Gewerkschaft des öffentlichen Diensts in den USA, AFSCME, weil sie auch von Arbeitnehmern, die nicht in der Gewerkschaft sind, Gebühren einforderte. Der Gewerkschaftsanwalt argumentierte vor Gericht dafür, diese Pflichtbeiträge weiterhin aufrechtzuerhalten, und erklärte, die Gebühren seien die „Gegenleistung dafür, dass es keine Streiks gibt“.

Doch seit Anfang des Jahres hat sich die Zahl der Streiks weltweit deutlich erhöht. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 kam es in den USA zu zwölf großen Arbeitsniederlegungen, an denen sich 444.000 Arbeiter beteiligten, d. h. mehr als die Gesamtzahl der Teilnehmer an den Streiks der letzten sechs Jahre zusammen. Das Aufleben der Streikaktivität und die Tatsache, dass die Lehrer in West Virginia, Oklahoma und Arizona ihre bundesstaatsweiten Streiks unabhängig von den Gewerkschaften begonnen haben, hat die amerikanische herrschende Klasse aufgeschreckt. Ihre Angst vor der Arbeiterklasse ist der Hauptgrund für die zunehmende Zensur linker Internetseiten und der Angriffe der Polizei auf so genannte „Linksextremisten“.

Die herrschende Klasse befürchtet ein Aufleben des Klassenkampfs und eine Rebellion gegen die wirtschaftsfreundlichen Gewerkschaften. Sie weiß vor allem, dass ein Ausbruch des Widerstands in der Arbeiterklasse vermutlich eine neue Finanzkrise auslösen wird, und dies unter Bedingungen, in denen die derzeitige Finanzblase nicht mehr lange anhält.

Das Anfangsstadium der wiederauflebenden Opposition der Arbeiterklasse hat gezeigt, dass sich die Arbeiter aus der Kontrolle der korporatistischen Gewerkschaften befreien und neue demokratische Kampforganisationen aufbauen müssen. Die Lehrerstreiks scheiterten letztlich daran, dass die Gewerkschaften die Kontrolle über sie erlangen, sie isolieren und beenden konnten, ohne dass eine einzige Forderung der Streikenden erfüllt worden wäre.

Bei dem Paketzusteller UPS stimmte die deutliche Mehrheit der 230.000 Arbeiter für einen Streik nach dem Auslaufen des derzeitigen Tarifvertrags am 31. Juli. Allerdings kündigte die Gewerkschaft Teamsters ein Tarifabkommen an, durch das eine neue Kategorie von Billiglohnfahrern eingeführt und der alte Tarifvertrag verlängert wird, um die Wut und Militanz der Basis zu unterdrücken.

Die Socialist Equality Party ruft die Arbeiter zur Bildung von Basiskomitees an ihren Arbeitsplätzen und in ihren Wohnvierteln auf, die unabhängig von den Gewerkschaften und beiden Parteien des Großkapitals Streiks und Massenkämpfe für angemessene Löhne, Arbeitsplätze, Bildung, Gesundheitsversorgung und alle grundlegenden sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiter in den USA und international koordinieren.

Um die Ausplünderung der Gesellschaft durch die Superreichen zu beenden, kämpfen wir für den Aufbau einer sozialistischen Massenbewegung, die die Oligarchen enteignet und die Konzerne und Banken in demokratisch kontrolliertes öffentliches Eigentum umwandelt. Der Reichtum, den die Arbeiterklasse produziert, muss zur Erfüllung sozialer Bedürfnisse statt für privates Profitstreben benutzt werden. Wir fordern die Schließung der Wall Street-Casinos und die Etablierung der Arbeiterkontrolle, um den Lebensstandard zu erhöhen und soziale Gleichheit zu schaffen.

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