Festnahme eines Verdächtigen im Briefbombenfall heizt politische Kriegsführung in Washington an

Nach einer massiven Operation von Polizei und Geheimdiensten verhaftete das Federal Bureau of Investigation (FBI) am Freitag einen Verdächtigen, der die Briefbomben an prominente Politiker der Demokraten und Kritiker von Präsident Trump geschickt haben soll. Cesar Sayoc, 56, der aus Aventura in Florida stammt, wurde in der Stadt Plantation festgenommen und wegen fünf Straftaten angeklagt, die insgesamt mit einer Höchststrafe von 48 Jahren belegt sind.

Sayoc ist offenbar ein heruntergekommener Stripclub-Discjockey, Türsteher und begeisterter Trump-Anhänger. FBI-Agenten schleppten seinen weißen Kleinlaster, der rundum mit Pro-Trump- und antidemokratischen Aufklebern zugekleistert war, aus der Strip Mall, wo er am Freitagmorgen festgenommen worden war. Dieser Kleinlaster soll Sayoc, der 2012 Insolvenz angemeldet hatte und in Florida ein langes Vorstrafenregister hat, als Unterkunft gedient haben.

Im Twitter-Feed des Verdächtigen finden sich Beiträge gegen Hillary Clinton und den milliardenschweren George Soros, der die Demokraten finanziell unterstützt. Insgesamt wurden an 12 Personen 14 Rohrbomben geschickt, die alle abgefangen wurden und nicht detonierten. In einem Twitter-Beitrag ist Sayoc bei einer von Trumps Wahlkampfkundgebungen zu sehen.

Die übrigen Adressaten der Briefbomben waren der ehemalige Präsident Barack Obama, der ehemalige Vizepräsident Joe Biden, der ehemalige Generalstaatsanwalt Eric Holder, die demokratische Kongressabgeordnete Maxine Waters, die demokratischen Senatoren Kamala Harris und Cory Booker, der ehemaligen CIA-Direktor John Brennan und der ehemalige Direktor des Nationalen Nachrichtendienstes James Clapper (d.h. die beiden Spitzennachrichtendienstler unter Obama), der Schauspieler Robert De Niro und der milliardenschwere Aktivist der Demokraten Tom Steyer.

Trotz Sayocs Festnahme bleiben viele Fragen offen; und man sollte sich vor voreiligen Schlüssen hüten. Angesichts der prekären Lebensumstände des Verdächtigen sollte genau untersucht werden, auf welche Weise er an den Vorfällen beteiligt war und ob er möglicherweise von anderen manipuliert wurde.

Eines steht fest: Dieses Ereignis, am Vorabend einer großen nationalen Wahl, spiegelt die extreme Krise der amerikanischen Demokratie wider.

Die Briefbomben sind ein Symptom der sich vertiefenden sozialen und politischen Krise in den Vereinigten Staaten, dem Zentrum des Weltkapitalismus.

Trump hat die Wahlen zu einem Referendum über seine Person gemacht. Auf seinen Kundgebungen verbreitet er eine faschistische Gesinnung, die extremen Nationalismus, Rassismus und immigrantenfeindlichen Chauvinismus mit pseudo-populistischer Demagogie gegen die „Eliten“ verbindet. Es ist kein Zufall, dass alle Adressaten der potenziell tödlichen Briefbomben zuvor Zielscheiben von Trumps Hetztiraden waren.

Die Demokraten stellen keine echte Opposition gegen die drohende Diktatur dar, sondern einen alternativen Weg dorthin. Sie gründen ihre nominelle Opposition gegen Trump auf mächtige Teile des Militär- und Geheimdienstapparats, die durch Figuren wie Brennan und Clapper vertreten werden. Die Demokraten stimmen grundsätzlich mit Trumps wirtschaftsfreundlicher Politik überein: Steuersenkungen für die Reichen und Angriffe auf Medicaid und Lebensmittelhilfe. Sie lehnen die Angriffe seines Polizeistaats auf Einwanderer und den Angriff auf demokratische Rechte im Allgemeinen nicht ernsthaft ab. Im Gegenteil, sie stehen an der Spitze der Forderungen nach einer offeneren und systematischeren Zensur des Internets.

In der Außenpolitik unterstützen sie eine massive Ausweitung des Militärs und lehnen Trump weitgehend von rechts ab – indem sie erfundene Vorwürfe gegen Russland nutzen, um eine aggressivere Politik gegenüber Moskau und dem Nahen Osten zu fordern.

Beide Parteien haben nur eine schmale Basis in der Gesellschaft und werden von breiten Bevölkerungsschichten verachtet. Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Wirtschafts- und Finanzkrise und dem Wiederaufleben des Klassenkampfes bewegt sich die herrschende Klasse in Richtung Diktatur.

Obwohl die Briefbomben-Pakete abgefangen wurden und nicht detonierten, nimmt die Medienhysterie kein Ende. Die Demokraten und die mit ihnen verbundenen Medien, wie die New York Times, die Washington Post, CNN und NBC schlachten die Vorfälle aus, um bei den Halbzeitwahlen am 6. November nach Möglichkeit mehr Stimmen zu gewinnen.

Themen wie Trumps Hexenjagd gegen Immigranten wurden aus der Öffentlichkeit verbannt. Ebenso die Entsendung von Truppen an die US-amerikanische Grenze zu Mexiko und Trumps Pläne zur effektiven Abschaffung des Asylrechts für mittelamerikanische Flüchtlinge, sein Rückzug aus dem INF-Abkommen, das ein neues nukleares Wettrüsten mit Russland auslösen würde, sowie die anhaltende Massenschlächterei im Jemen. Die Demokraten hielten ebenfalls an ihrem Schweigen zu diesen Themen fest und warfen stattdessen Trump vor, die Gesellschaft zu spalten.

Rechtsgerichtete, Pro-Trump-Medien wie Breitbart News, die die Briefbomben als eine fingierte Operation der Demokraten und mit ihnen verbündeter Geheimdienste bezeichneten, schlossen sich Trump an und bezichtigten die Mainstream-Medien des Aufrufs zu Gewalt.

Bei einer Wahlkampfkundgebung am Freitagabend warf Trump den Medien vor, sie würden „eine Politik der persönlichen Vernichtung“ betreiben. Weiter machte er einen „Bernie-Sanders-Anhänger“ für den Angriff auf republikanische Kongressabgeordnete im Juni 2017 verantwortlich, bei dem der Abgeordnete Steve Scalise schwer verletzt wurde. Er fügte hinzu: „Wir machen nicht jedes Mal die Demokratische Partei verantwortlich, wenn radikale Linke öffentliches Eigentum stehlen und zerstören und Gewalt und Chaos entfesseln.“

Keine der beiden Seiten thematisiert die massive Mobilisierung der Polizei weniger als zwei Wochen vor einer bundesweiten Wahl. Nach dem Abfangen der Briefbomben waren innerhalb von einer Woche zwei Mal ganze Straßenzüge von Manhattan abgeriegelt worden. Erstmals wurde ein neues Programm umgesetzt, mit dem der Staat die Kontrolle über das Mobilfunksystem übernimmt. Nachdem eine Bombe abgefangen worden war, die an Brennan bei CNN adressiert war, erhielten alle Personen eine Textnachricht, die sich in einem bestimmten Umkreis um den Hauptsitz von Time Warner in Manhattan befanden.

Sowohl Trump als auch die Demokraten lobten das FBI, das New York Police Department und die Polizei in Florida und Kalifornien. Sie ließen keinen Zweifel daran, dass die Bombenhysterie dazu genutzt werden wird, die Angriffe auf demokratische Rechte zu verstärken. Dazu gehören eine verschärfte Internetzensur und eine weitere Stärkung der Polizeibefugnisse und der Massenüberwachung.

Typisch waren die Bemerkungen der MSNBC-Moderatorin Stephanie Ruhle, die unter Hinweis auf die provokanten Aufkleber auf Sayocs Kleinlaster fragte, warum er deswegen nicht sofort verhaftet worden sei. Auf einem anderen Kabelsender erklärte ein „Experte“ für nationale Sicherheit, dass das amerikanische Volk sich rund um die Uhr auf dem Laufenden halten müsse, um terroristische Bedrohungen zu erkennen. Dies sei der „neue Normalzustand“.

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