Die USA verschärfen mittlerweile fast täglich ihren Wirtschaftskrieg gegen China. Diese Woche vollzogen sich in nur zwei Tagen drei umfassende Entwicklungen: die Drohung mit einer Ausweitung bereits eingeführter Zölle, das Verbot von Geschäften mit einem chinesischen Hightech-Konzern und die Anklagen gegen zehn Personen aus China wegen angeblichen Diebstahls von Luftfahrttechnologie.
Am Dienstag bestätigte Präsident Trump faktisch einen Bericht von Bloomberg, laut dem er Zölle auf weitere Waren im Wert von 267 Milliarden Dollar einführen werde, falls er bei seinem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Rande des G20-Gipfels in Buenos Aires Ende November kein zufriedenstellendes Angebot erhalte.
In einem Interview auf Fox News gab sich Trump zuversichtlich, er könne einen „großartigen Deal“ mit China abschließen. Er fügte hinzu: „Es warten weitere 267 Milliarden, wenn wir zu keinem Ergebnis kommen.“ Die Maßnahmen kämen zu den bisherigen Zöllen von 25 Prozent auf Industriegüter im Wert von 50 Milliarden Dollar sowie den 10-prozentigen Zoll auf Exportgüter im Wert von 200 Milliarden Dollar hinzu, die Anfang nächsten Jahres auf 25 Prozent steigen sollen.
Einen Tag vor Trumps Drohung mit einer Eskalation des Zollkriegs hatte das US-Handelsministerium mit empfindlichen Einschränkungen für US-Konzerne gedroht, die mit dem chinesischen Halbleiterhersteller Fujian Jinhua Geschäfte machen. Als Gründe für dieses Verbot nannte das Ministerium Erwägungen zur „nationalen Sicherheit“.
Das Handelsministerium erklärte bei der Bekanntgabe seiner Entscheidung, es habe sich für eine Begrenzung der Exporte an Fujian Jinhua entschieden, weil von dem Unternehmen „ein beträchtliches Risiko ausgeht“. Es könne künftig „in Aktivitäten verwickelt sein, die den Sicherheitsinteressen der USA abträglich sind.“
Weiter erklärte das Ministerium, das Unternehmen „werde bald beträchtliche Produktionskapazitäten für Random-Access-Memory-Schaltkreise (DRAM) aufgebaut haben“. Zudem bedrohe auch die sonstige Produktion, die „wahrscheinlich“ auf „ursprünglich amerikanischer Technologie“ basiere, langfristig „die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit von amerikanische Produzenten dieser essenziellen Komponenten amerikanischer Militärsysteme“.
Handelsminister Wilbur Ross erklärte: „Wenn ein ausländisches Unternehmen Aktivitäten nachgeht, die unseren nationalen Sicherheitsinteressen schaden, werden wir entschlossen handeln, um unsere nationale Sicherheit zu schützen.“
Das Handelsministerium hat Fujian Jinhua auf eine spezielle Liste von „Körperschaften“ gesetzt. Das bedeutet, dass „für alle Exporte, Rückexporte und Transfers von Waren, Software und Technologie“ eine Lizenz notwendig ist. Bei diesbezüglichen Anfragen werde man grundsätzlich „von der Annahme ausgehen, dass eine Ablehnung erfolgen wird“.
Das Verbot von Fujian Jinhua wurde mit einem früheren Verbot von Anfang des Jahres gegen das chinesische Telekommunikationsunternehmen ZTE verglichen, das später von Trump aufgehoben wurde. Tatsächlich ist der aktuelle Fall jedoch etwas ganz anderes. Der Grund für das Vorgehen gegen ZTE war die Behauptung, das Unternehmen habe nicht in ausreichendem Maße Strafmaßnahmen gegen leitende Mitarbeiter verhängt, die in Verstöße gegen amerikanische Verbote von Geschäften mit dem Iran und Nordkorea verwickelt gewesen seien.
Das Vorgehen gegen Fujian Jinhua hingegen richtet sich gegen Pekings Bemühungen, im Rahmen des Programms Made in China 2025 Hightechfirmen aufzubauen. Das Programm ist einer der zentralen Pfeiler von Pekings Wirtschaftspolitik.
Alicia Garcia Herrero, eine auf China spezialisierte Ökonomin der französischen Investmentbank Natxis, erklärte gegenüber dem Wall Street Journal: „Was die USA jetzt tun, könnte sich auf alles erstrecken, was als hochmoderne Technologie wahrgenommen wird. Nach dem Willen der USA sollte China über solche Technologie nicht mehr verfügen. Das ist etwas ganz anderes als der Fall von ZTE.“
Fujian Jinhua ist eines von drei Unternehmen, die von der chinesischen Regierung umfangreiche Fördergelder beziehen. Es wird im Rahmen eines Plans gefördert, der eine Produktionssteigerung von hochmodernen Chips zum Ziel hat. Das Unternehmen wurde 2016 mit Unterstützung durch die Provinzregierung von Fujia gegründet und hat eine Fabrik mit über 1.000 Beschäftigten aufgebaut, um Speicherchips in Massenproduktion herzustellen. Allerdings ist bei Design und Entwicklung seiner Komponenten von mehreren amerikanischen Konzernen abhängig. Das Verbot bedeutet, dass diese Operationen de facto auf Eis liegen.
Auf seiner Website erklärt das Unternehmen, es sei in eine Blaupause für die Entwicklung der Halbleiterindustrie unter Chinas jüngstem Fünfjahresplan einbezogen, der im Jahr 2016 auf direkte Anregung von Xi Jinping begann. Es befindet sich in einer juristischen Auseinandersetzung mit dem US-Konzern Micron, der das Unternehmen des Diebstahls seiner Technologie bezichtigt.
Die chinesische Regierung will bis 2027 schätzungsweise 150 Milliarden Dollar in die Chipproduktion des Landes stecken. Eines ihrer unmittelbaren Ziele besteht darin, den Import von Halbleitern bis 2020 um die Hälfte zu senken.
Die Umstände des Vorgehens gegen Fujian Jinhua stehen beispielhaft für die Absichten der Trump-Regierung. Das Werk des Unternehmens, dessen Wert auf etwa 5,7 Milliarden Dollar geschätzt wird, entsteht in Jinjiang, einer Stadt im Osten der Provinz Fujian, die bisher für ihre Schuhproduktion bekannt war.
Ginge es nach der Trump-Regierung, so könnte China weiterhin eine Rolle in der Weltwirtschaft spielen, solange es sich auf billige Verbrauchsgüter wie Schuhe, Kleidung und Möbel beschränkt und sich weiterhin als eine Art Halbkolonie den USA unterwirft.
Im Mittelpunkt der Politik des Xi-Regimes steht es jedoch, China aus dieser Abhängigkeit zu befreien und Hightech-Bereiche wie Telekommunikation, Robotik und künstliche Intelligenz zu entwickeln und das Land auf eine höhere Position in der Wertschöpfungskette zu bringen. Die USA betrachten dies als existenzielle Bedrohung für ihre wirtschaftliche und militärische Überlegenheit und haben deshalb beschlossen, gegen einen der vermeintlichen Schwachpunkte der chinesischen Wirtschaft und der langfristigen Pläne des Regimes vorzugehen.
Zwar stammen 50 Prozent der weltweiten Smartphone-Exporte aus China, doch das Land importiert 90 Prozent der benötigten Halbleiter. Letztes Jahr hat China 260 Milliarden Dollar für den Import von Chips ausgegeben. Die USA sind entschlossen zu verhindern, dass es sich aus dieser Abhängigkeit befreit.
Während das Handelsministerium seine Strafmaßnahmen gegen Fujian Jinhua ankündigte, verschärfte das Justizministerium die Offensive an einer anderen Front. Es begann Verfahren gegen zehn chinesische Geheimdienstoffiziere und angebliche Mitverschwörer bei Hacker-Operationen, die auf amerikanische und europäische Technologie für Flugzeugturbinen abzielten. Darüber hinaus wurde letzten Monat ein angeblicher chinesischer Spion aus Belgien ausgewiesen, weil er angeblich versucht habe, Handelsgeheimnisse im Zusammenhang mit Flugzeugturbinen zu stehlen.
Der Vorsitzende der Abteilung für nationale Sicherheit im Justizministerium, John Demer, erklärte zu den jüngsten Anklagen: „Das ist nur der Anfang. Gemeinsam mit unseren staatlichen Partnern werden wir unsere Bemühungen verdoppeln, um Amerikas Erfindergeist und Investitionen zu schützen.“
Die Tatsache, dass es in nur zwei Tagen zu Drohungen mit weiteren Zöllen, umfangreichen Maßnahmen gegen ein Hightech-Unternehmen und zu Anklagen gegen mutmaßliche Technologiespione kam, ist kein Zufall. Vielmehr deutet es darauf hin, dass die Regierung beschlossen hat, den Wirtschaftskrieg gegen den aus ihrer Sicht wichtigsten Rivalen zu verschärfen.
US-Vizepräsident Mike Pence deutete diese Eskalation bereits in einer Rede am 4. Oktober an. Der Wirtschaftskommentator der Financial Times, Martin Wolf, bezeichnete diese Rede in seiner Kolumne vom 31. Oktober als „das bisher wichtigste Ereignis im Jahr 2018“.
Er erklärte, Pence habe darin Amerikas Absicht ausgedrückt, sich China „in allen Fragen“ entgegenzustellen, von der Einmischung in die amerikanische Politik über den angeblichen Diebstahl geistigen Eigentums bis hin zur Handels- und Investitionspolitik, zu Cyberangriffen, Schuldendiplomatie, Sicherheit und Zensur. Das Ziel dabei sei es, „Amerikas wirtschaftliche und strategische Beziehung zu China neu zu definieren“ und „Amerika endlich an erste Stelle zu setzen.“
Wolf ging zurück bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs, der das Ergebnis von Großmachtpolitik war, und zitierte mehrere Autoren, laut denen der derzeitige Konflikt zwischen China und den USA zum Krieg führen werde. Diese Prophezeiungen seien, laut Wolf, möglicherweise „realistisch“.
Dann nannte er eine Reihe von Möglichkeiten, wie man mit der globalen Rivalität umgehen könne. Doch sämtliche dieser Möglichkeiten beinhalten Zugeständnisse vonseiten der USA an das Wirtschaftswachstum und die Expansion Chinas. Wie die Ereignisse selbst zeigen, ist dies das unrealistischste aller Szenarien.
Wolf schrieb, es wäre „wahnsinnig“, das gleiche Verhalten an den Tag zu legen, das zum Ausbruch des Kriegs führte. Doch die Ursache dieses Wahnsinns ist nicht die Geisteshaltung von Donald Trump und anderen in seiner Regierung, deren Politik durch eine intelligentere ersetzt werden könnte. Er ist das Ergebnis objektiver Prozesse, deren Ursache im Wahnsinn des globalen kapitalistischen Systems liegt. Der Widerspruch zwischen der globalen Entwicklung der Produktivkräfte und der Aufteilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten und Großmächte, die um Profite, Märkte und Rohstoffe kämpfen, nimmt immer explosivere und bedrohlichere Formen an.