Sri Lanka: Konflikte in Elite unterstreichen Gefahren für die Arbeiterklasse

Die Entlassung des srilankischen Premierministers Ranil Wickremesinghe durch Präsident Maithripala Sirisena und seine Ablösung durch den ehemaligen Präsidenten Mahinda Rajapaksa hat eine politische Krise ausgelöst, die noch immer andauert. Der Konflikt zwischen der Sri Lanka Freedom Party (SLFP), die von Sirisena und Rajapaksa geleitet wird, und Wickremesinghes United National Party (UNP) verdeutlicht die Gefahren für die Arbeiterklasse.

Beide Fraktionen der politischen Elite haben grundlegende Rechte der arbeitenden Bevölkerung und der Armen immer unterdrückt. Fälschlicherweise stellen sie sich heute als Verteidiger der Demokratie dar. Tatsächlich geht es ihnen jedoch um die Kontrolle über die Regierung und ihren Bestrebungen, der breiten Masse die Last der Wirtschaftskrise des Landes aufzubürden.

Um eine Regierung zu bilden, haben Sirisena und Rajapaksa fast täglich neue Minister ernannt und planen ein Kabinett mit insgesamt 30 Ministern. Der neue Regierungssprecher und Hafenminister Mahinda Samarasinghe erklärte am Donnerstag, die Ernennungen würden bis zum 14. November abgeschlossen sein.

Sirisena hatte das Parlament ursprünglich bis zum 16. November ausgesetzt, dieses Datum aber als Reaktion auf internationalen Druck um zwei Tage vorverlegt. Die Aussetzung sollte Rajapaksa die Zeit geben, sich durch die Ernennung von neuen Ministern und weiteren Hinterzimmerdeals eine Mehrheit im Parlament zu sichern.

Die Vorsitzenden der Parlamentsfraktionen der Parteien trafen sich am Donnerstag mit dem Parlamentssprecher Karu Jayasuriya, um über das Vorgehen am 14. November zu diskutieren. Jayasuriya erklärte, seine Priorität sei ein Misstrauensvotum gegen Rajapaksa, das 116 Abgeordnete eingereicht hatten. Dieses Votum würde darüber entscheiden, welche Fraktion die Mehrheit haben wird.

Die Abgeordneten der SLFP betonten, Präsident Sirisena sollte zuerst seine Rede halten und danach über kurzfristige Etatzuteilungen an die Ministerien abstimmen, notfalls auch über einen Misstrauensantrag.

Sirisena versucht verzweifelt, im Parlament Unterstützung für eine Regierung unter Rajapaksa zu finden und hat sich dafür mit der Führung der Tamil National Alliance (TNA) getroffen, u.a. mit dem Vorsitzenden R. Sampanthan. Da die TNA 16 Abgeordnete hat, ist ihre Unterstützung von entscheidender Bedeutung für eine Parlamentsmehrheit. Bisher wird Rajapaksa jedoch nur von einem TNA-Abgeordneten unterstützt, der dafür einen Ministerposten erhielt.

Die TNA-Führung erklärte Sirisena, sie lehnten Rajapaksas Ernennung ab und forderten die Wiedereinberufung des Parlaments zu einem früheren Zeitpunkt, um die Mehrheitsverhältnisse zu klären. Die TNA ist eine bürgerlich-nationalistische Organisation und orientiert sich grundsätzlich an den politischen Signalen aus Washington und Neu-Delhi, um die Interessen und Privilegien der tamilischen Eliten zu garantieren.

Sirisena nutzt die Krise, um die autokratischen und repressiven Befugnisse des Präsidenten zu stärken. Abgesehen von seiner verfassungsgemäßen Position als Verteidigungsminister kontrolliert Sirisena auch das Ministerium für Recht und Ordnung – und damit die Polizei – sowie das Ministerium für Medien.

Viele von Rajapaksas und Sirisenas Beratern behaupten, die Ernennung eines neuen Premierministers durch den Präsidenten sei verfassungsgemäß. Sie erklären zudem offen, er habe die Befugnis, das Parlament aufzulösen, wenn er dies für notwendig halte. Diese Behauptungen sind eine Farce auf den 19. Zusatzartikel zur Verfassung, der zuvor von Sirisena selbst eingeführt wurde. Dieser hat gerade einige dieser Befugnisse eingeschränkt.

Diese eigennützigen Auslegungen zielen darauf ab, die Exekutivbefugnisse des Präsidenten für weitere undemokratische Maßnahmen zu benutzen. Damit soll nicht nur die Fraktion von Sirisena und Rajapaksa gestärkt, sondern auch grundlegende Rechte der arbeitenden Bevölkerung unterdrückt werden.

Wickremesinghes UNP wird am Montag eine weitere Kundgebung in Colombo abhalten, bei der sie die sofortige Wiedereinberufung des Parlaments und ein Misstrauensvotum fordern wird.

Am Donnerstag hielt Wickremesinghe eine kurze Ansprache an seine Unterstützer und erklärte, sie würden für die Verteidigung der Demokratie und die Freiheit der Nation kämpfen. Das ist eine offensichtliche Lüge. Wickremesinghe ist Vorsitzender der ältesten bürgerlichen Partei in Sri Lanka. Sie hat schon immer den Interessen des Großkapitals gedient und ist auf den demokratischen Rechten der Massen herumgetrampelt.

Die UNP ist abhängig von der Unterstützung durch die „internationale Staatengemeinschaft“, vor allem von den USA. Ihre ständigen Appelle an die Großmächte zeigten sich zuletzt am Montag in einem Brief, den Parlamentssprecher Jayasuriya an die ausländischen Diplomaten in Colombo geschickt hat.

Laut Verfassung soll der Parlamentssprecher unparteiisch sein. Jayasuriya ist jedoch ein langjähriges Mitglied der UNP. Die Nachrichtenagentur Reuters veröffentlichte am Mittwoch Teile des Briefs in einem Bericht.

In Jayasuriyas Brief hieß es: „Die Kette von Ereignissen [d.h. Sirisenas Aktionen] kann nur als Putsch bezeichnet werden, allerdings ohne Panzer und Kanonen“. Weiter hieß es, die „ganze Sache war im Vorhinein geplant worden“. Er warf Sirisena vor, er handle „entgegen aller Normen von Transparenz, Anstand, Demokratie und guter Regierungsfähigkeit, und gegen die Verfassung, die zu beschützen und zu verteidigen er geschworen hat.“

Der Brief ist praktisch ein direkter Appell an die Großmächte, in Sri Lanka zu intervenieren. Sirisena und Rajapaksa werfen der UNP zwar vor, dass sie sich an die ausländischen Mächte wendet, doch ihre Regierung würde sich genauso den Diktaten der Großmächte und ihrer Finanzinstitute, wie dem IWF und der Weltbank, unterwerfen.

Die USA haben Rajapaksas Ernennung von Anfang an abgelehnt. Während der Präsidentschaftswahl im Januar 2015 organisierte Washington einen Regimewechsel, um den damaligen Präsidenten Rajapaksa zu stürzen und Sirisena als seinen Nachfolger einzusetzen.

Während die USA Rajapaksas brutalen Krieg gegen die separatistischen Befreiungstiger von Tamil Eelam unterstützt und seine undemokratische Herrschaft toleriert haben, lehnten sie seine engen Beziehungen zu Peking ab und betrachtet sie als Hindernis für ihre eigenen strategischen Interessen.

Die neu ernannte amerikanische Botschafterin Alaina B. Teplitz traf sich am 6. November mit Jayasuriya. Über Twitter erklärte sie, sie hätten über „die Bedeutung der Wiedereinberufung des Parlaments bei der Beendigung dieser politischen Krise“ diskutiert. Am Dienstag traf sie sich außerdem mit dem Vorsitzenden der TNA R. Sampanthan in dessen Wohnsitz.

Während der letzten Woche hat sich Washington verstärkt in den Konflikt eingeschaltet. Die Sprecherin des US-Außenministeriums Heather Nauert erklärte am Mittwoch in einem Tweet: „Wir rufen den srilankischen Präsidenten auf, das Parlament sofort wieder einzuberufen, um die politische Krise zu lösen.“ Sie warnte, jede Verzögerung „verstärkt die Unsicherheit in Sri Lanka und schadet seinem internationalen Ruf.“

Die Trump-Regierung hat kein Interesse an Demokratie in Sri Lanka oder sonstwo auf der Welt, einschließlich der USA selbst. Ihre einzige Sorge ist es, Washingtons geopolitische Interessen gegen China durchzusetzen.

Anfang der Woche traf sich eine Delegation unter Führung des Vorsitzenden von der Partei Janatha Vimukthi Peramuna (JVP), Anura Kumara Dissanayake, mit der TNA-Führung, um über ihre Haltung zu diskutieren. R. Sampanthan war bei dem Treffen anwesend. Beide Parteien erklärten, sie hätten sich darauf geeinigt, im Parlament gegen Sirisenas verfassungswidrige Handlungen zu stimmen.

Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag bedankte sich Dissanayake beim Parlamentssprecher Jayasuriya für seine Opposition gegen Sirisenas Aktionen und bezeichnete seinen Brief als „sehr stark“. Laut Medienberichten soll die JVP erklärt haben, sie werde eine Parlamentsabstimmung gegen „Verfassungsverstöße“ und einen Misstrauensantrag der UNP unterstützen.

Die JVP ist Teil des politischen Establishments und hat sich bisher immer auf die Seite der einen oder der anderen Fraktion der Bourgeoisie gestellt. Jetzt verschärft sie ihre Versuche, Illusionen in die bröckelnde Fassade der parlamentarischen Demokratie zu schüren. Sie plant eine weitere Kundgebung in Colombo abzuhalten, um für ihre Position zu werben.

Angesichts des Wiederauflebens des Klassenkampfs, der zunehmenden Wirtschaftskrise und der geopolitischen Spannungen sind alle Fraktionen der herrschenden Elite weiter nach rechts gerückt und bereiten einen umfassenden Angriff auf die sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiter und der Armen vor.

Am 1. November veröffentlichte die Socialist Equality Party (SEP) eine Erklärung zu der politischen Krise. Darin schrieben wir: „Wir appellieren an die Arbeiterklasse, sich mit der politischen Situation zu konfrontieren und ihren eigenen unabhängigen Kurs auf Grundlage der Theorie der permanenten Revolution zu entwickeln.“

„Arbeiter sollten die Initiative zum Aufbau unabhängiger Aktionskomitees in Fabriken, Wohngebieten und den Ländereien ergreifen und die ländlichen Armen und Jugendlichen für den Kampf um ihre demokratischen Rechte und Klasseninteressen mobilisieren. Der Kampf für Demokratie ist untrennbar verbunden mit dem Kampf um die Staatsmacht und für eine Arbeiter- und Bauernregierung, die für sozialistische Politik eintritt.“

Wir rufen alle Arbeiter und Jugendlichen auf, sich der SEP anzuschließen und für diese Perspektive zu kämpfen.

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