Nach den Zwischenwahlen

Rechtes Führungstrio der US-Demokraten im Kongress wiedergewählt

Bei den US-Zwischenwahlen am 6. November 2018 errang die Demokratische Partei die Mehrheit im Repräsentantenhaus und hat den Republikanern nach jetzigem Stand 40 Sitze abgenommen. Das wäre ihr größter Vorsprung seit den Wahlen von 1974, die auf den Rücktritt des republikanischen Präsidenten Richard Nixon wegen des Watergate-Skandals folgten.

Mehr als 60 neue Abgeordnete der Demokraten sind auf dem Capitol Hill eingetroffen. 31 von ihnen besiegten republikanische Amtsinhaber; 12 eroberten frei gewordene Sitze von in den Ruhestand gewechselten Republikanern, 17 lösten in den Ruhestand getretene demokratische Abgeordnete ab, und zwei – Alexandria Ocasio-Cortez und Ayanna Pressley – hatten sich in den Vorwahlen gegen die bisherigen Abgeordneten der Demokraten durchgesetzt.

Doch obwohl mehr als ein Viertel der Abgeordneten ausgetauscht wurde, beriefen die Demokraten auf ihrer ersten Fraktionssitzung einmütig dieselben Personen auf ihre drei höchsten Führungsposten wie zuvor. Die 78-jährige Nancy Pelosi, die seit 2002 die Fraktion führt, wurde mit 203 zu 32 Stimmen für das Amt der Sprecherin des Repräsentantenhauses nominiert. Steny Hoyer, 79, seit 2002 Pelosis Stellvertreter, wurde per Akklamation zum Führer der Mehrheitspartei (House Majority Leader) im Repräsentantenhaus gewählt. James Clyburn, 78, der in der Rangfolge der Demokraten seit 2006 an dritter Stelle steht, wurde zum Majority Whip, also zum „Einpeitscher“ bestimmt.

Mit der Wiederwahl der Pelosi-Hoyer-Clyburn-Führung bekräftigen die demokratischen Abgeordneten, dass sie trotz der überwältigenden Anti-Trump-Abstimmung am 6. November ihr Programm, ihre Taktik oder ihre Strategie nicht erkennbar ändern werden. Bei einer Rekordbeteiligung von 111 Millionen Wählern haben die Demokraten einen Vorsprung von neun Millionen Stimmen gegenüber den Republikanern.

Weit entfernt davon, diese Abstimmung als Mandat zu nehmen, sich der reaktionären Politik der Trump-Regierung zu widersetzen – geschweige denn, Trump wegen seiner Angriffe auf demokratische Rechte, der Verfolgung von Einwanderern und der Schritte in Richtung Wirtschaftskrieg und militärische Konflikte anzugreifen – erklärt die Pelosi-Führung ihre Bereitschaft, wo immer möglich mit dem Weißen Haus zusammenzuarbeiten.

Kaum zeichnete sich das Ausmaß des Wahlsiegs der Demokraten ab, da predigte Pelosi auch schon die Versöhnung mit Trump. Sie hat wiederholt angeboten, mit der Regierung zusammenzuarbeiten: in Bezug auf Infrastrukturausgaben, Preiserhöhungen für rezeptpflichtige Medikamente und die Verteidigung der US-Wahlmaschinerie gegen angebliche Cyberangriffe durch Russland, China oder den Iran.

Hatte sie im Wahlkampf noch getönt, dass Trump mit der barbarischen Behandlung von Einwanderern von den eigentlichen Problemen „ablenken“ wolle, schweigt sie nun dazu, dass der Präsident Frauen und Kinder an der Grenze mit Tränengas beschießt, Konzentrationslager errichten lässt, die effektive Abschaffung des Asylrechts ankündigt und das Militär mobilisiert, um dieses Regime des Terrors und der Einschüchterung durchzusetzen.

Strategen der Demokraten stellen sogar Überlegungen an, Trump vom republikanisch geführten Senat abzuspalten, sofern es „Gemeinsamkeiten“ zwischen ihm und den Demokraten gibt, sei es bei protektionistischen Maßnahmen gegen China oder Bundesausgaben für Infrastrukturprojekte. Hier könnte die „überparteiliche“ Politik des Weißen Hauses unter Clinton in den 90er Jahren neu aufgelegt werden.

Wer die politische Bilanz von Pelosi und den Demokraten in den letzten 20 Jahren kennt, den wird all dies nicht überraschen. Pelosi ist eines der reichsten Mitglieder des Kongresses. Sie ist mit einem Immobilieninvestor verheiratet und hat ein Vermögen von fast 100 Millionen Dollar. Als treue Dienerin des amerikanischen Imperialismus wurde sie von der Führungsspitze der Demokraten in den Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses entsandt, in dem sie in die führende Position ihrer Partei aufrückte, bevor sie 2002 Richard Gephardt an der Fraktionsspitze im Repräsentantenhaus ablöste.

Eine detaillierte Darstellung der politischen Laufbahn Pelosis würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Ihre Spezialität besteht darin, die schlimmsten Grausamkeiten der republikanischen Regierungen in Worten anzuprangern, aber nichts zu unternehmen, um sie zu verhindern. Unter Barack Obama stellte sie sich hinter die reaktionärsten Maßnahmen der Regierung: Raketenangriffe mit Drohnen, die Kriege in Libyen, Syrien und Jemen, die Rettung der Wall Street und die Verhaftung und Abschiebung von mehr Einwanderern als unter allen Vorgängerregierungen zusammengenommen.

Eine nicht weniger üble Bilanz hat Pelosi in Fragen der nationalen Sicherheit, insbesondere der Inlandsspionage – wie es einem langjährigen Mitglied des Geheimdienstausschusses gebührt. Sowohl als Führerin der demokratischen Minderheitsfraktion als auch als Sprecherin des Repräsentantenhauses wurde sie regelmäßig über die antidemokratischen Aktionen der Regierungen unter Bush, Obama und Trump informiert. Im Jahr 2002 stimmte sie für die Gründung des Ministerium für Heimatschutz. Nachdem Bush im März 2003 den Einmarsch im Irak angeordnet hatte, stimmte sie für eine Resolution zur Unterstützung der Truppenentsendung und bewilligte wiederholt militärische Mittel für diesen Krieg, selbst nachdem die Demokraten 2006 die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewonnen hatten, weil sie in begrenztem Maße an die Antikriegsstimmung appelliert hatten.

Pelosi wandte sich gegen Forderungen nach dem sofortigen Abzug der US-Truppen aus dem Irak und nach der Amtsenthebung von George W. Bush, weil er einen Krieg auf der Grundlage von Lügen begonnen hatte. Im Dezember 2005, als die breit angelegte Inlandsspionage der NSA bekannt wurde, gab sie zu, in ihrer Funktion als ranghöchste Demokratin im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses jahrelang davon gewusst zu haben.

2007 veranstaltete sie ein gesetzgeberisches Manöver, um es einer Minderheit von Demokraten zu ermöglichen, gemeinsam mit den meisten Republikanern die Finanzierung der Bush-Militäroffensive im Irak zu verlängern. Die Folge war, dass sich rivalisierende sunnitische und schiitische Milizen gegenseitig abschlachteten. Pelosi wurde so sehr mit dem Verrat der Demokratischen Partei an der Antikriegsstimmung in der Bevölkerung identifiziert, dass Cindy Sheehan, die nach dem Tod ihres Sohnes im Irak eine prominente Antikriegsaktivistin wurde, beschloss, bei den Kongresswahlen 2008 gegen sie anzutreten.

Unter Obama wurde Pelosi die Verabschiedung des Affordable Care Act zugeschrieben. Mit diesem Gesetzespaket, das als „demokratische Reform“ ausgegeben wurde, wurden Gesundheitskosten vom Staat und den Unternehmen auf den einzelnen Arbeiter verlagert. Pelosi sorgte auch für die Verabschiedung des Dodd Frank Act, der als Bestrafung der Wall Street für den Finanzcrash 2008 dargestellt wurde. Allerdings wanderte kein einziger Banker ins Gefängnis, und die angebliche Regulierung der Finanzwelt stand nur auf dem Papier. Heute sind die größten Banken und Hedgefonds riesiger denn je, und an der Börse wird noch leichtsinniger spekuliert als 2008, sodass sich ein weiterer, größerer Crash anbahnt.

Angesichts dieser reaktionären Bilanz ist bemerkenswert, dass die einzige Opposition gegen die erneute Nominierung von Pelosi als Sprecherin des Repräsentantenhauses von rechts kam: von Demokraten, die versuchen, die Partei in eine noch engere Verbindung mit Trump und den Republikanern zu bringen, insbesondere bei den Themen Handelspolitik, Einwanderung und Aufrüstung. Der prominenteste Führer dieser Gruppe, Seth Moulton, ein Kongressabgeordneter aus Massachusetts, ist ein ehemaliger Kommandeur im Irakkrieg und Pate der politischen Operation, mit der elf Veteranen der nationalen Sicherheitsapparate – CIA-Agenten, Militärs, Zivilkriegsplaner – im Repräsentantenhaus Einzug gehalten haben.

Alexandria Ocasio-Cortez, gewählte Kongressabgeordnete aus New York und Mitglied der Demokratischen Sozialisten Amerikas (DSA), die von der Pseudolinken vergöttert und von den Wirtschaftsmedien unaufhörlich promoted wurde, unterstützt Pelosi mit dem Argument, dass ihre Widersacher die Partei weiter nach rechts drücken wollten. Das stimmt zwar, läuft aber auf eine vernichtende Selbstanklage der DSA hinaus, die ihrerseits behauptet, dass diese rechte imperialistische Partei, die sich auf ewig der Verteidigung der amerikanischen Konzerne und ihrer imperialistischen Interessen verschrieben hat, nach links gedrückt werden könne.

Das Pro-DSA-Magazin Jacobin unterstützt Pelosi indirekt, indem es Ocasio-Cortez mit den Worten zitiert, dass Pelosi nur von rechts herausgefordert werde: „Pelosis Wiederaufstieg ist keine Katastrophe – es wäre schlimmer, wenn der Zentrist Steny Hoyer an ihrer Stelle wäre.“ Wahrhaft ein Muster an politischer Kühnheit, mit einem politischen Mikroskop nach winzigen Unterschieden zwischen einer eingefleischten Kriegsverbrecherin und Dienerin des Kapitals und ihrem Stellvertreter in den letzten 16 Jahren zu forschen!

Die Demokratische Partei kann arbeitenden Menschen keinen Ausweg bieten. Der erste Schritt zu einem echten Kampf um Arbeitsplätze und einen angemessenen Lebensstandard, zur Verteidigung demokratischer Rechte und zum Widerstand gegen imperialistischen Krieg besteht darin, dass die Arbeiterklasse die Demokratische Partei abschüttelt und eine eigene politische Massenbewegung aufbaut, die für ein sozialistisches und gegen Krieg gerichtetes Programm eintritt.

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