Parti de l’égalité socialiste organisiert in Paris Veranstaltung zu den „Gelbwesten“-Protesten

Unter dem Titel „Wie weiter im Kampf der ‚Gelbwesten‘?“ organisierte die Parti de l’égalité socialiste (PES) am Sonntag eine öffentliche Veranstaltung in Paris zu den anhaltenden Protesten der „Gelbwesten“ in Frankreich. Es sprachen Redner der britischen Socialist Equality Party (SEP), der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) aus Deutschland und der PES. Die Veranstaltung wurde live nach Berlin und Montreal übertragen.

Mehrere Dutzend Teilnehmer kamen zu der Veranstaltung, darunter mehrere „Gelbwesten“ und Mitglieder der tamilischen Bevölkerung in Paris. Es gab eine lebhafte Diskussion, mit Fragen und Beiträgen aus dem Publikum nach jeder Rede.

Alex Lantier, der nationale Sekretär der PES, gab einen Überblick über die Gelbwesten-Proteste. In nur wenigen Wochen entwickelte sich der Protest gegen die Kraftstoffsteuer des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu einer Bewegung der Arbeiterklasse gegen soziale Ungleichheit und die bestehende Ordnung sowie für Macrons Sturz. Lantier stellte die Gelbwesten-Proteste als Teil eines international auflebenden Klassenkampfs dar, bei dem die Arbeiter den Kampf gegen das gesamte politische Establishment aufnehmen, auch unabhängig vom und gegen den Willen der nationalen Gewerkschaftsbürokratien.

Dies bestätigt den Standpunkt des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), betonte Lantier, dass die Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie im Jahr 1991 nicht das „Ende der Geschichte“ und das Ende des Kampfs für den Sozialismus bedeutete. Vielmehr gehe jetzt die Periode zu Ende, in der die Kämpfe der Arbeiter von kleinbürgerlichen, „linken“ Parteien in Schach gehalten wurden.

Lantier schilderte, wie die Gelbwesten-Bewegung außerhalb der Gewerkschaften und des politischen Establishments entstanden, wie es seit dem Generalstreik im Mai 1968 vor einem halben Jahrhundert existiert. All diese Organisationen stehen den Protesten entweder mit Gleichgültigkeit oder mit offener Feindschaft gegenüber.

Die PES fordert die Gründung von Aktionskomitees in der Arbeiterklasse, mit denen sich die Arbeiter für den Kampf auf internationaler Basis unabhängig vom den überkommenen und feindseligen nationalen Gewerkschaftsbürokratien organisieren können. Bei diesen Kämpfe und in Zusammenhang mit dem Aufbau solcher Organisationen greifen die PES und die anderen europäischen Sektionen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale ein und erläutern, warum die Arbeiterklasse notwendigerweise die Macht übernehmen muss.

Als nächstes sprach Christoph Vandreier, stellvertretender nationaler Sekretär der SGP in Deutschland und Autor des Buchs „Warum sind sie wieder da?“ über die Rückkehr des deutschen Faschismus. Er überbrachte die Grüße der SGP und erklärte, die Arbeiterinnen und Arbeiter in Deutschland und dem Rest Europas verfolgten die Gelbwesten-Proteste mit Sympathie und Solidarität. Auch in Deutschland wachse der Widerstand der Arbeiter gegen Lohnsenkungen und Werksschließungen.

Vandreier sprach über die Kampagne der SGP gegen die Wiederbelebung des deutschen Militarismus und die Versuche rechtsextremer deutscher Akademiker, die Verbrechen der Nazis zu beschönigen. Der Versuch des deutschen Imperialismus, den Widerstand der Bevölkerung gegen Krieg und Faschismus zu überwinden, so Vandreier, führe zur Rehabilitierung des Hitlerfaschismus. Dieser Prozess wiederhole sich jetzt in allen anderen europäischen Ländern, vor allem in Form von Macrons wohlwollenden Äußerungen über den faschistischen französischen Diktator Philippe Pétain.

Er verglich die Situation in Deutschland mit Frankreich: Auch die Politik der deutschen Regierung ist äußerst unpopulär, nur die SGP bemühe sich als einzige Partei, die immense Ablehnung unter der arbeitenden Bevölkerung und Jugendlichen mit einem sozialistischen- und Antikriegsprogramm in Verbindung zu bringen. Vandreier berichtete auch, dass die Kampagne der SGP unter Studenten und an Universitäten in ganz Deutschland großen Rückhalt gewinnt.

Zuletzt sprach der nationale Sekretär der britischen SEP Chris Marsden. Die Gelbwesten-Proteste nach zehn Jahren Krieg und in einer tiefen Krise des Kapitalismus bestätigen die grundlegenden Auffassungen Leo Trotzkis. Wie Trotzki im Übergangsprogramm für die Gründung der Vierten Internationale vor 80 Jahren in Paris schrieb, befindet sich der Kapitalismus in einer tödlichen Krise. Die entscheidende Frage ist die Frage der revolutionären Führung der internationalen Arbeiterklasse.

Marsden wies darauf hin, dass viele Gelbwesten beim Begriff „sozialistisch“ vielleicht an zynische Karrieristen wie Präsident François Hollande oder die Parti Socialiste denken. Doch wenn die Arbeiter den Kampf gegen die französische und internationale Finanzaristokratie aufnehmen, werden sie gezwungen sein, das Vermögen der Superreichen zu enteignen und einen Arbeiterstaat aufzubauen, der eine sozialistische Politik verfolgt.

Marsden gab einen Überblick über die Geschichte des Trotzkismus. Das IKVI stützt sich auf den Kampf gegen den Stalinismus, den Pablismus und den kleinbürgerlichen Radikalismus – es geht auf Basis dieser Geschichte auf die Arbeiterklasse zu und will sie für den Sozialismus gewinnen. Die Geschichte des IKVI zeigt, dass man die Bilanz der Sozialdemokratie, des Stalinismus und der kleinbürgerlich-linken Politik nicht dem Marxismus anlasten kann – vielmehr ist dies das Ergebnis der Feindschaft gegenüber dem Marxismus, dem Sozialismus und der Arbeiterklasse. Die wichtigste Aufgabe bestehe jetzt darin, das IKVI als die tatsächliche marxistische Avantgarde der Arbeiterklasse aufzubauen.

Die Redner beantworteten Fragen aus dem Publikum nach der Rolle, die Aktionskomitees in den Kämpfen der Arbeiter spielen können, nach der Haltung der Arbeiter in Deutschland zum scharfen Rechtsruck der offiziellen Parteien und nach der Entwicklung und dem politischen Charakter der Gelbwesten-Bewegung.

Nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung blieben Teilnehmer noch dort, um über politische Fragen zu diskutieren und Literatur der PES zu kaufen.

Eine Teilnehmerin namens Andréa erklärte, sie lebe zwar im Raum Paris und habe sich aufgrund der öffentlichen Verkehrsmittel anfangs kaum Sorgen wegen der Spritsteuer gemacht, betrachte sich aber trotzdem als „Gelbweste“. Sie erklärte: „Ich gehöre der gleichen Klasse an, ich habe die gleichen Probleme wie sie. Ich will tiefgreifende Veränderungen für die Arbeiterklasse. Wir müssen besser leben und arbeiten. Wir sind diejenigen, die arbeiten und den Reichtum schaffen, aber wir haben nichts zum Leben.“

Ihrer Ansicht nach kann die PES als einzige Partei erklären, wie die Gelbwesten-Bewegung entstanden ist und was sie politisch und historisch repräsentiert. Sie sagte: „Es war eine sehr konstruktive Veranstaltung. Sie ermöglichte es, die Bewegung zu verstehen und zu antizipieren können, was noch passieren könnte. Die Gelbwesten brauchen eine festere Organisation. Wir wollen nicht, dass daraus eine weitere Protestbewegung wird, die zwar für eine gute Sache kämpft, aber letzten Endes am Fehlen einer Organisation und des politischen Willens scheitert.“

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