Perspektive

Globale Verlangsamung: Der US-Handelskrieg trifft zu Hause ein

Der Begriff „Entkopplung“, der sich auf die Auflösung der Handelsbeziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und China bezieht, ist, um einen Kommentator zu zitieren, zum „Stadtgespräch in Washington“ geworden. Die beiden Länder sind in einen so genannten „neuen Kalten Krieg“ verwickelt, in dem nach den Worten des ehemaligen US-Finanzministers Hank Paulson ein „Eiserner Vorhang“ über dem Pazifik gefallen ist.

Anstelle dessen, was die Washington Post einen „parteiübergreifenden Konsens zugunsten eines breiten Engagements gegenüber China“ nannte, unterstützen wesentliche Teile des außenpolitischen Establishments in den USA die Politik der Trump-Regierung. Dabei geht es darum, die unzähligen wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt zu lösen – zeitgleich zum Anwachsen von Protektionismus und militärischen Konflikten.

Aber die Ereignisse am Donnerstag haben einen Hinweis darauf gegeben, wie eine solche „Entkopplung“ in der globalisierten Wirtschaft des 21. Jahrhunderts aussieht. Inmitten der Baisse an den Märkten in Deutschland, China und Japan, einem unerbittlichen Rückgang der Rohstoffpreise, Anzeichen für sinkende Konsumausgaben und zunehmende Entlassungen sowie Werksschließungen in der Automobilindustrie und anderen Branchen befürchtet die herrschende Klasse in den USA, dass sich die globale Verlangsamung auf die Vereinigten Staaten ausdehnt.

Zum ersten Mal seit 16 Jahren musste Apple, das profitabelste Unternehmen der Welt, seine Umsatzprognosen für das kommende Jahr senken, indem es auf den starken wirtschaftlichen Einbruch in China hinwies und ihn auf den US-Handelskrieg zurückführte.

Die Ankündigung führte zu einem 660-Punkte-Verkauf beim Dow. Nach dem Abschluss des schlimmsten Dezembers seit den 1930er Jahren hatten die US-Märkte den schlechtesten zweitägigen Start in ein neues Handelsjahr seit dem Zusammenbruch der Dotcom-Blase.

Apple CEO Tim Cook erklärte hierzu: „Während wir einige Herausforderungen in wichtigen Schwellenländern erwarteten, haben wir das Ausmaß der wirtschaftlichen Verlangsamung, vor allem auf dem chinesischen Festland, nicht vorhergesehen“. Und weiter: „Wir glauben, dass das wirtschaftliche Umfeld in China durch die zunehmenden Handelsspannungen mit den Vereinigten Staaten stärker beeinträchtigt wurde“.

Ein vom Wall Street Journal zitierter Händler war direkter: „Alles fällt auf die Vereinigten Staaten selbst zurück... die Verlangsamung ist da und eine Tatsache.“

Der Stimmungsumschwung ist bemerkenswert. „Nur wenige Wochen nachdem die US-Notenbank für das Jahr 2019 eine zweimalige Zinserhöhungen durchgesetzt hatte, erwartet die Hälfte der Investoren nun, dass die Zentralbank die Zinsen in diesem Jahr senkt. Am Tag zuvor hatten dies nur 10 Prozent erwartet“, schreibt das Wall Street Journal.

Am Tag der Verlustwarnungen von Apple verzeichnete der ISM-Produktionsindex für die USA den größten Rückgang der Fabriktätigkeit seit der Finanzkrise 2008.

Diese Zahlen haben zu Warnungen geführt, dass sich das US-Wachstum nicht nur im Laufe mehrerer Jahre allmählich abschwächen wird, wie von globalen Institutionen weitgehend vorhergesagt, sondern dass die USA vielmehr China und anderen Entwicklungsländern in eine scharfe und tiefe Rezession folgen könnten. Eine solche Rezession, die internationalen Ausmaßes und durch den Handelskrieg verschärft ist, könnte eine globale Finanzkrise in der Größenordnung von 2008 oder gar noch größer auslösen.

Denn keine der Kernursachen der Krise 2008 wurde angegangen: Die Löcher in den Bilanzen der Banken wurden einfach mit Geld gefüllt, das von den Zentralbanken durch quantitative Lockerung und extrem niedrige Zinsen ausgespuckt wurde. Die wirtschaftliche „Erholung“ seit 2008 wird durch ein Anwachsen der globalen Verschuldung finanziert, die nach Angaben des Internationalen Währungsfonds im vergangenen Monat mit 184 Billionen US-Dollar ein Allzeithoch erreicht hat.

Ereignisse wie der Großbetrug an Malaysias 1MDB-Staatsfond, bei dem das global agierende Finanzinstitut Goldman Sachs rund 600 Millionen Dollar an Gebühren abgezogen hat, um den Diebstahl von weiteren Milliarden Dollar zu begleiten, zeigen, dass die Art von groß angelegten Betrügereien, die zur Finanzkrise 2008 führten, nach wie vor weit verbreitet sind.

Doch es gibt einen großen Unterschied von 2008: Damals versprachen sich die großen Volkswirtschaften ihre Zusammenarbeit und verpflichten sich, einen Handelskrieg zu vermeiden. Heute haben die Vereinigten Staaten nicht nur gegen China, sondern auch gegen Dutzende anderer Länder, einschließlich ihrer europäischen NATO-Verbündeten, Handelskriegsmaßnahmen eingeleitet. Wie in den 1930er Jahren haben diese Handelskonflikte das Potenzial, eine globalen Rezession zu vertiefen.

Der zunehmende „Großmachtwettbewerb“ und die daraus resultierenden Handels- und Militärkonflikte entspringen nicht dem Kopf von US-Präsident Donald Trump. Vielmehr zeigt sich in ihnen ein grundlegender und unlösbarer Widerspruch des Kapitalismus: der Konflikt zwischen globaler Produktion und Nationalstaatensystem. Deshalb verfolgen die herrschenden Eliten auf der ganzen Welt trotz der beispiellosen weltweiten Integration von Wirtschaftsleben, Kommunikation und wissenschaftlicher Forschung eine nationalistische Handelspolitik und militärische Aufrüstung.

Nur wenige Monate nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers schrieb WSWS-Chefredakteur David North: „Eine historisch bedeutsame Krise zeichnet sich im Wesentlichen dadurch aus, dass die wichtigsten Klassenkräfte in dem betroffenen Land (bzw. den betroffenen Ländern) gezwungen sind, eine eigene, unabhängige Haltung dazu einzunehmen und eine Lösung zu finden, die ihren gesellschaftlichen Bedürfnissen und Interessen entspricht.“

Die herrschenden Eliten in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt versuchten nach dem Finanzcrash 2008, der Arbeiterklasse die Krise voll aufzulasten. Die Investitionen der Finanzoligarchie wurden vollständig gerettet, dann verdoppelt und verdreifacht, infolge der Bankenrettungsmaßnahmen, Deregulierung und Steuersenkungen. Unterdessen erlebte die Arbeiterklasse ein Jahrzehnt stagnierender und sinkender Löhne – in den USA nahm dies seinen Anfang in der Niedriglohnarbeit, die bei den US-Autoherstellern im Zuge der Umstrukturierung durch die Obama-Regierung und ihre Gewerkschaftspartner eingeführt wurde.

Mit dem Ausbruch einer neuen globalen Rezession wird die herrschende Elite auf der gleichen Grundlage fortfahren – und die rücksichtslose Sparpolitik fortsetzen, die sie seit der Finanzkrise verfolgt.

Aber das letzte Jahrzehnt war nicht umsonst. Das Jahr 2018 erlebte eine erhebliche Entwicklung des Klassenkampfes, darunter eine Streikwelle bei Lehrern in den Vereinigten Staaten, Streiks von Beschäftigten in der Logistikbranche, Piloten, Autoarbeitern und vielen anderen mehr auf praktisch allen Kontinenten sowie explosive Proteste der arbeitenden Bevölkerung vom Iran bis Lateinamerika. Das Jahr endete mit dem Ausbruch massiver Proteste gegen die Spar- und Kürzungspolitik in Frankreich, die völlig unabhängig von den Gewerkschaften verlaufen, und der Bildung von Komitees durch einfache Arbeiter in den Autofabriken der Vereinigten Staaten und auf den Plantagen in Sri Lanka.

Mit Handelskrieg und „Großmachtkonflikt“ und ihren Bemühungen, das faschistische Erbe der 1930er Jahre zu rehabilitieren, bereitet die herrschende Klasse den Weg für eine Wiederholung all der Grauen, die den Faschismus kennzeichneten.

Nur die unabhängige revolutionäre Bewegung der Arbeiterklasse bietet der Menschheit einen Ausweg aus diesem Sumpf. Angesichts erneuter Angriffe der herrschenden Elite müssen Arbeiter auf der ganzen Welt unter dem Banner des sozialistischen Internationalismus in den Kampf ziehen, mit dem Ziel, das kapitalistische System zu stürzen und eine friedliche und erfolgreiche sozialistische Zukunft zu sichern.

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