US-Haushaltssperre geht in die 4. Woche:

Trump hält faschistoide Hetzrede und fordert Grenzmauer

Am Dienstagabend zeigte sich die Verkommenheit der amerikanischen Demokratie und die Hinwendung der amerikanischen herrschenden Elite zu diktatorischer Herrschaft in aller Deutlichkeit. Präsident Donald Trump hielt eine faschistoide Hetzrede gegen Immigranten und forderte die Finanzierung seiner Mauer an der mexikanischen Grenze als Vorbedingung dafür, dass die Haushaltssperre in Teilen der staatlichen Verwaltung (Shutdown), die bereits seit 20 Tagen andauert, beendet wird.

Die 9-minütige Rede wurde zur Hauptsendezeit live von allen Rundfunk- und Kabelsendern übertragen. Darin wärmte Trump die Lügen seiner Regierung auf, dass an der Südwestgrenze der USA eine „Krise der nationalen Sicherheit“ existiere. Wie üblich stellte er Immigranten und ihre Familien, die aus Armut und Unterdrückung in Lateinamerika fliehen, als Mörder, Vergewaltiger und Drogendealer dar. Die Bedingungen in Lateinamerika selbst sind das Resultat eines Jahrhunderts der imperialistischen Interventionen und Ausbeutung durch die USA.

In einem offensichtlichen Appell an die faschistischen Elemente seiner Basis beschwor Trump das Bild wilder Horden herauf, die über die Grenze strömen, nur um das Blut unschuldiger Amerikaner zu vergießen. Er führte mehrere Beispiele von Amerikanern an, die angeblich von kriminellen Ausländern ermordet oder vergewaltigt wurden, und fragte: „Wie viel amerikanisches Blut muss noch fließen, bevor der Kongress seinen Job macht?“

Im Vorfeld der Rede wurden die Behauptungen von Vertretern der Trump-Regierung, darunter Vizepräsident Mike Pence und Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen, Tausende von Terroristen seien beim illegalen Grenzübergang aus Mexiko festgenommen worden, als reine Erfindungen entlarvt. Vor allem der Bericht über globale terroristische Bedrohungen, den das Außenministerium im September veröffentlicht hatte, wurde oft zitiert. Darin hieß es, es gebe „keine glaubwürdigen Hinweise darauf, dass internationale Terrororganisationen ... ihre Mitglieder über Mexiko in die USA eingeschleust haben“.

Trump erklärte: „Unsere Südgrenze ist eine Pipeline für riesige Mengen illegaler Drogen wie Meth, Heroin, Kokain und Fentanyl. Jede Woche sterben 300 unserer Bürger alleine an Heroin, wovon 90 Prozent über unsere Südgrenze ins Land strömt.“

Tatsächlich wird der Großteil illegaler Drogen mit Fahrzeugen ins Land gebracht, die legale Grenzübergänge passieren. Eine Grenzmauer würde nichts daran ändern.

Trump verzichtete in seiner Rede darauf, erneut damit zu drohen, unter Missachtung des Kongress‘ und der amerikanischen Verfassung den nationalen Ausnahmezustand auszurufen und die Mauer mit Geldern des Pentagon durch das Militär errichten zu lassen. Doch die Drohung mit einer präsidialen Diktatur schwebt immer noch über der wachsenden Krise. Trump hatte sie damit ausgelöst, dass er sich weigerte, den Gesetzesentwurf für die Finanzierung von neun der 15 Kabinettsministerien und Dutzender Behörden zu unterzeichnen, solange darin nicht über fünf Milliarden Dollar für seine Mauer bewilligt werden.

Die Haushaltssperre selbst stellt einen großen Schritt auf dem Weg zu autoritärer Herrschaft dar, die sich direkt gegen die Arbeiterklasse richtet. Etwa 800.000 Beschäftigte der Bundesbehörden – darunter, abgesehen von Zehntausenden Bundespolizisten und Schergen der Grenzschutzbehörden, auch Hunderttausende schlecht bezahlte Angestellte der Flughafensicherheit, Beschäftigte der Nationalparks, Bürokräfte und viele tausend Beschäftigte von Fremdfirmen – befinden sich im Zwangsurlaub oder müssen unbezahlt weiterarbeiten.

Am Freitag werden Tausende von Familien, die von einem Gehaltsscheck zum nächsten ums Überleben kämpfen, erstmals keinen Lohn erhalten. 78 Prozent der Vollzeitbeschäftigten in Amerika leben von einem Zahltag zum nächsten, 62 Prozent der Menschen haben keine Ersparnisse für Notfälle und die Verschuldung der Privathaushalte erreichte im ersten Quartal 2018 den Rekordstand von 13,2 Billionen Dollar.

Wenn die Haushaltssperre, wie Trump gedroht hat, bis Februar oder noch länger andauert, werden etwa 40 Millionen Empfänger von Lebensmittelmarken ihre Bezüge verlieren. Die Finanzierung des staatlichen Ernährungsprogramms WIC für Schwangere, Kleinkinder und Kinder, auf das sieben Millionen Geringverdiener angewiesen sind, wurde bereits eingestellt. Bis jetzt springen die Bundesstaaten bei der Finanzierung ein.

Die National Governors Association (NGA) sandte am Montag einen Brief ans Weiße Haus und den Kongress, in dem sie zur Beendigung der Haushaltssperre aufrief. Außerdem warnte sie, dass die Programme, die sie zusammen mit der Bundesregierung unterhält, gefährdet sind. Dazu gehören ein Sozialhilfeprogramm in Höhe von 16,5 Milliarden Dollar, das Geringverdiener und ihre Familien mit Geld, Bewerbungstrainings und anderen Leistungen unterstützt. Laut Berechnungen der NGA fielen durch die Haushaltssperre bereits staatliche Mittel für die Bundesstaaten im Wert von 85,8 Milliarden Dollar aus. Diese Gelder waren für Programme vorgesehen, die Verkehr, Wohnen, Justiz, öffentliches Land und Landwirtschaft betreffen.

Dass Trump die massive Aussperrung von Beschäftigten der Bundesbehörden und die wachsende soziale Krise in seiner Rede kaum erwähnte, verdeutlicht die Verachtung und Gleichgültigkeit gegenüber den amerikanischen Arbeitern, die sich hinter seiner pseudopopulistischen Demagogie verbergen.

Im Namen der Demokraten reagierten die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und der Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, auf Trumps Rede. In ihren oberflächlichen Äußerungen erkärten sie immer wieder ihre Unterstützung für „Grenzsicherheit“ und riefen beide Parteien zu einem Kompromiss auf. Gleichzeitig stellten sie keinerlei konkreten Forderungen an die Regierung, die undemokratischen Maßnahmen gegen Immigranten einzustellen. Sie forderten weder die Freilassung der inhaftierten Familien und Kinder, noch ein Ende der Razzien an Arbeitsplätzen, die Erinnerungen an die Gestapo wecken; auch nicht die Beseitigung der Zeltlager oder des wachsenden Netzwerks von Einwanderer-Gefängnissen, und ebenso wenig ein Ende der systematischen Verletzung des Asylrechts.

Pelosi erklärte: „Wir alle sind uns einig, dass unsere Grenzen geschützt werden müssen.“ Dazu gehört auch die „Einstellung des nötigen Personals“, d.h. noch mehr ICE-Agenten und Grenzschutzpolizisten. Schumer erklärte: „Täuschen Sie sich nicht: Die Demokraten wollen ebenso wie der Präsident einen stärkeren Grenzschutz.“ Sie sind sich nur nicht einig darüber, „welcher Weg der effektivste ist“.

Die einzige wahre Aussage in Trumps Rede war diese: Er erinnerte daran, dass Schumer und Pelosi in der Vergangenheit für eine Grenzmauer gestimmt hatten. Erst letztes Jahr haben sie Trump angeboten, 25 Milliarden Dollar für seine Mauer zur Verfügung zu stellen, wenn er dafür einer umfassenderen und härteren Zuwanderungsregelung zustimmt.

Am auffälligsten war, dass sie in ihren Stellungnahmen mit keinem Wort vor den zutiefst undemokratischen Auswirkungen der Maßnahmen warnten, die die Trump-Regierung bereits eingeleitet hat. Ebenso wenig warnten sie vor den fundamentalen und weitreichenden Folgen der Drohung des Weißen Hauses, sich über den Kongress hinwegzusetzen und das Militär anzuweisen, die Mauer unter Verhängung des Ausnahmezustands zu bauen.

Dies verdeutlicht die Tatsache, dass es im politischen Konflikt innerhalb der herrschenden Elite, der zum Shutdown der Regierung geführt hat, keine demokratische Seite gibt. Die Demokraten sind mit den dominierenden Teilen des Militär- und Geheimdienstapparats verbündet, die die Ermittlungen zu einer angeblichen russischen Einflussnahme und andere Untersuchungen benutzen, um Trump entweder zu einer aggressiveren Politik im Nahen Osten und gegen Russland zu zwingen oder ihn seines Amts zu entheben. Sie arbeiten mit den Methoden der Palastrevolte daran, die staatlichen Polizeibehörden zu stärken und forcieren die Kriminalisierung von politischem Widerstand und die Zensur des Internets.

Trump spricht für jene Teile der Finanzoligarchie und des Staats, die autoritäre Herrschaftsformen einführen wollen. Zu diesem Zweck schaffen sie die Basis für eine faschistische Bewegung außerhalb der normalen Kanäle der amerikanischen kapitalistischen Zwei-Parteien-Politik, während sie gleichzeitig ihre Handelskriegspolitik und ihre militärischen Vorbereitungen auf China konzentrieren.

Beide Fraktionen stehen für Sparmaßnahmen und die immer krassere Bereicherung der Wirtschaftsoligarchie, beide fürchten das Anwachsen des Widerstands in der Arbeiterklasse – die Demokraten sogar noch mehr als die Republikaner. Das Gleiche gilt für die Gewerkschaften, die mit ihrer Weigerung, irgendeinen Kampf gegen die Haushaltssperre zu führen, einmal mehr ihre Rolle als Betriebspolizei der herrschenden Klasse demonstriert.

Die Arbeiterklasse muss unabhängig von beiden Parteien und allen Fraktionen der herrschenden Klasse in die Krise eingreifen. Sie muss neue, von den Gewerkschaften unabhängige Kampforganisationen aufbauen – Komitees in den Fabriken, an Arbeitsplätzen und in Wohnvierteln –, um die Kämpfe der Beschäftigten in der staatlichen Verwaltung, der Lehrer, der Autoarbeiter und aller Sektionen der arbeitenden Bevölkerung und der Jugend in den USA und international im Rahmen einer Offensive gegen das kapitalistische System zu koordinieren.

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