Die Lehren von 1933 und der Kampf gegen Faschismus heute

Erfolgreicher Wahlauftakt der IYSSE an der Humboldt-Universität

Am vergangenen Mittwoch haben die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) an der Humboldt-Universität zu ihrer ersten Veranstaltung im Rahmen des diesjährigen Wahlkampfs zum Studierendenparlament geladen. Etwa 60 Studierende kamen zu der Versammlung, die unter dem Titel „Die Lehren von 1933 und der Kampf gegen Faschismus heute“ stand.

Die Veranstaltung an der Humboldt-Universität

Sven Wurm, der Sprecher der IYSSE an der HU und einer von sechs Kandidaten, erklärte zu Beginn, weshalb die Jugendorganisation der Vierten Internationale den Kampf gegen Faschismus und die Diskussion der historischen Lehren ins Zentrum ihres Wahlkampfs gestellt hat. Während die große Mehrheit diese Politik ablehne, würden rechtsextreme Kräfte auf der ganzen Welt und auch in Deutschland systematisch gestärkt.

Das sei in den letzten Jahren an der Humboldt-Universität besonders deutlich geworden. Als Studierende etwa die rechtsradikalen Positionen Jörg Baberowskis kritisierten, der die Grausamkeit Hitlers in Frage stellt und gegen Flüchtlinge hetzt, habe sich die Unileitung hinter den braunen Professor gestellt und die kritischen Studierenden bedroht.

Mittlerweile verklage die sozialdemokratische HU-Präsidentin Sabine Kunst die verfasste Studierendenschaft auf Geheiß der AfD, um die Herausgabe umfassender Listen aller im RefRat aktiven Studierenden zu erhalten. Baberowski selbst stachele sein faschistoides Umfeld zu Angriffen auf linke studentische Veranstaltungen an.

„Unter diesen Bedingungen ist es entscheidend, sich mit den historischen Lehren in diesem Land auseinanderzusetzen und zu diskutieren, warum der Kampf gegen Krieg und Faschismus auch heute eine sozialistische Perspektive erfordert“, betonte Wurm. Die IYSSE hätten deshalb den Redakteur der World Socialist Web Site, Johannes Stern, eingeladen, um über diese Fragen zu referieren.

Stern zeigte in seinem Vortrag auf, dass es heute wie damals einen engen Zusammenhang zwischen dem Aufstieg rechtsextremer Kräfte und der kapitalistischen Krise gebe. So sei die NSDAP erst im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1929 und der damit verbundenen Massenverelendung des Kleinbürgertums zur Massenpartei geworden. Dennoch habe Hitler nie die Mehrheit der Wähler hinter sich bringen können, sondern sei im Januar 1933 durch eine staatliche Verschwörung um den ehemaligen Reichskanzler Franz von Papen und Reichspräsident Paul von Hindenburg an die Macht gebracht worden. Am 24. März 1933 hätten dann schließlich alle bürgerlichen Parteien im Reichstag für das Ermächtigungsgesetz und damit die Etablierung der Nazi-Diktatur gestimmt.

Stern ging auf die politischen und sozialen Grundlagen des deutschen Faschismus ein. Das deutsche Finanzkapital und die Großindustrie hätten Hitler und die Nationalsozialisten die Macht ausgehändigt, um den Widerstand der Arbeiterklasse zu zerschlagen und eine soziale Revolution zu verhindern. „Einmal an der Macht“, zitierte Stern aus Leo Trotzkis Porträt des Nationalsozialismus, sei der Faschismus „alles andere als eine Regierung des Kleinbürgertums“, sondern erhebe „sich über die Nation als reinste Verkörperung des Imperialismus“. Seine „wahre geschichtliche Sendung“ bedeute „die Vorbereitung des Krieges“.

Gestützt auf Trotzkis weitere Schriften über Deutschland erklärte Stern, wie sich die Verschwörung zur Machtübergabe an die Nationalsozialisten trotz des großen Widerstands in der Arbeiterklasse hatte durchsetzen können. Hitlers Sieg sei „die Schande der Arbeiterführer“ gewesen. So habe die SPD nach ihrem historischen Verrat 1914 und ihrer offen konterrevolutionären Rolle in der Novemberrevolution 1918/1919 die kapitalistische Weimarer Republik verteidigt und eine sozialistische Revolution mehr gefürchtet als den Nationalsozialismus.

Die Aufgabe der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) wäre es gewesen, sozialdemokratische Arbeiter für einen gemeinsamen Kampf gegen Hitler zu mobilisieren. Doch das habe die „zutiefst irrige“ Politik der bereits stalinisierten KPD verhindert. Letztlich hätte ihr Zick-Zack-Kurs zwischen ultralinker Sozialfaschismustheorie und nationalistischer Anpassung an die Faschisten im sogenannten „Roten Volksentscheid“ die sozialdemokratischen Arbeiter abgestoßen und die von Trotzki vorgeschlagene Politik einer Einheitsfront gegen Hitler torpediert.

„Die Lehre von 1933“, so Stern, „dass die Gefahr des Faschismus nur durch die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus und seine politischer Verteidiger bekämpft werden kann“, sei entscheidend. Im Gegensatz zu den 1930er Jahren sei der Faschismus heute noch keine Massenbewegung, aber wie damals lasse sich die Rückkehr zum Militarismus nur mit diktatorischen Mitteln gegen die große Opposition in der Bevölkerung durchsetzen. „Das ist der Grund, warum alle bürgerlichen Parteien – von CDU/CSU und SPD bis zu Linkspartei und den Grünen – das rechte und nationalistische Programm der AfD übernehmen und hinter den Kulissen bereits eng mit der rechtsextremen Partei kooperieren.“

Am Ende seines Vortrags betonte Stern, dass die andere Seite der politischen Entwicklung die Wiederkehr des internationalen Klassenkampfs sei. Beispiele seien die Lehrerstreiks in den USA im vergangenen Jahr, die anhaltenden Massenproteste der „Gelbwesten“ in Frankreich oder jüngst der zweitägige Generalstreik von mehr als 200 Millionen Arbeitern in Indien. Auch in Deutschland gebe es wachsende Proteste und Streiks gegen niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen, die Polizeistaatsgesetze der Landesregierungen und den Aufstieg der AfD.

„Die IYSSE und das internationale Komitee der Vierten Internationale kämpfen dafür, die wachsende Opposition unter Arbeitern und Jugendlichen mit einem sozialistischen Programm zu bewaffnen“, erklärte Stern und zitierte aus dem Wahlaufruf der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) für die Europawahlen: „Wir versuchen nicht, Symptome eines kranken Systems zu lindern, sondern treten für den Sturz des Kapitalismus ein… Nur wenn sich die Arbeiterklasse in ganz Europa zusammenschließt und für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa kämpft, kann eine Katastrophe verhindert werden.“

Auf den Vortrag gab es eine starke Reaktion und es entwickelte sich eine sehr ernsthafte und lebhafte Diskussion über die angesprochenen geschichtlichen und politischen Fragen und die sozialistische Perspektive der Vierten Internationale. Außerdem ging es um die rechten Umtriebe an der HU und die Arbeit der IYSSE vor Ort. Eine Teilnehmerin fragte, was man denn machen könne, außer am 23. und 24. Januar IYSSE zu wählen.

Wurm antwortete, dass jeder den Wahlkampf und den Aufbau der IYSSE unterstützen könne und die Entscheidung treffen solle, sich dem Kampf für Sozialismus anzuschließen. Die Menschheit stehe wieder vor der Alternative „Sozialismus oder Barbarei“ und die Vierte Internationale sei die einzig authentische Vertreterin des heutigen Sozialismus. Viele Studierende registrierten sich als Kontakte, um sich an diesem Kampf zu beteiligen und den Wahlkampf der IYSSE zu unterstützen.

Die nächste Veranstaltung findet am 16. Januar statt und steht unter dem Titel „Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht – der erste faschistische Mord in Deutschland“.

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